Kriegsklingen (First Law - Band 1)
zusammengesunken neben ihm auf der Bank hockte und von seiner Umgebung nichts mitzubekommen schien. Glokta humpelte zu ihm herüber, sein Stock klapperte über die Fliesen.
»Wie heißen Sie?«
Der Kopf des Gefangenen fuhr hoch, die Augen konzentrierten sich auf das schiefe Gesicht des Inquisitors über ihm. »Gofred Hornlach!«, antwortete er sofort mit schriller Stimme.
»Sie sind ein hochrangiges Mitglied der Tuchhändlergilde?«
»Ja!«, rief er, dumpf zu Glokta aufblinzelnd.
»Einer der Stellvertreter von Magister Kault?«
»Ja!«
»Haben Sie sich mit anderen Tuchhändlern verschworen, Seiner Majestät dem König Steuern vorzuenthalten? Haben Sie einen Mörder gedungen, um zehn Untertanen Seiner Majestät umzubringen?«
»Ja! Ja!«
»Wieso?«
»Wir hatten Angst, dass sie erzählen würden, was sie wussten … erzählen, was sie wussten … erzählen …« Hornlachs leere Augen starrten eines der farbigen Fenster an. Sein Mund hörte allmählich auf, sich zu bewegen.
»Erzählen, was sie wussten?«, hakte der Inquisitor nach.
»Über die verräterischen Geschehnisse in der Gilde!«, sprudelte der Tuchhändler hervor. »Über unseren Verrat! Über die Geschehnisse in der Gilde … verräterischen … Geschehnisse …«
Glokta fiel ihm scharf ins Wort. »Haben Sie allein gehandelt?«
»Nein! Nein!«
Der Inquisitor pochte mit dem Stock vor ihm auf die Fliesen und beugte sich dann nach vorn. »Wer gab den Befehl?«
»Magister Kault!«, rief Hornlach sofort. »Er gab den Befehl!« Das Publikum hielt den Atem an. Erzlektor Sult lächelte noch etwas selbstzufriedener. »Es war Kault! Er gab den Befehl! Alle Befehle! Magister Kault!«
»Ich danke Ihnen, Meister Hornlach.«
»Der Magister! Er gab den Befehl! Magister Kault! Kault! Kault!«
»Das reicht!«, fuhr ihn Glokta an. Der Gefangene verstummte. Im Saal herrschte Stille.
Erzlektor Sult erhob den Arm und deutete auf die drei Gefangenen. »Da haben Sie Ihre Beweise, ehrenwerte Herren!«
»Das ist doch ein abgekartetes Spiel!«, bellte Lord Brock und sprang auf. »Das ist eine Beleidigung!« Allerdings erklangen nur wenig Stimmen zu seiner Unterstützung, und auch die nur halbherzig. Lord Heugen fiel durch vorsichtiges Schweigen auf und betrachtete eingehend das fein gegerbte Leder seiner Schuhe. Barezin machte sich klein auf seinem Platz und sah nur noch halb so groß aus wie noch eine Minute zuvor. Lord Ischer starrte geistesabwesend auf eine Wand, ließ seine schwere Goldkette durch die Finger laufen und wirkte völlig gelangweilt, als ob ihn das Schicksal der Tuchhändlergilde nicht mehr im Geringsten interessierte.
Brock wandte sich nun an den Kronrichter, der bewegungslos auf seinem hochlehnigen Stuhl an dem erhöhten Tisch saß. »Lord Marovia, ich bitte Sie! Sie sind doch ein vernünftiger Mann! Lassen Sie dieses … Possenspiel nicht zu!«
Im Saal wurde es wieder still, als man auf die Antwort des alten Mannes wartete. Der Kronrichter legte die Stirn in Falten und strich sich über den langen Bart. Dann sah er zu dem grinsenden Erzlektor herüber. Er räusperte sich. »Ich fühle mit Ihnen, Lord Brock, das können Sie mir wirklich glauben, aber wie es scheint, ist heute nicht der Tag für vernünftige Männer. Der Geschlossene Rat hat den Fall untersucht und war mit den vorgelegten Beweisen zufrieden. Mir sind die Hände gebunden.«
Brocks Lippen zuckten; er schmeckte seine Niederlage. »Das hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun!«, schrie er dennoch und drehte sich zu den Versammelten um. »Diese Männer sind ganz offensichtlich gefoltert worden!«
Erzlektor Sult verzog verächtlich den Mund. »Wie sollen wir denn Ihrer Meinung nach mit Verrätern und Verbrechern verfahren?«, rief er mit schneidender Stimme. »Wollen Sie hier etwa einen Schild heben, Lord Brock, hinter dem sich die illoyalen Kräfte verschanzen können?« Er schlug auf den Tisch, als habe sich auch dieser des Hochverrats schuldig gemacht. »Ich jedenfalls werde nicht dabei zusehen, wie unsere große Nation ihren Feinden übergeben wird! Weder den Feinden außerhalb noch den Feinden innerhalb der Union!«
»Nieder mit den Tuchhändlern!«, erscholl es von der Besuchergalerie.
»Verurteilt alle Verräter!«
»Die königliche Gerechtigkeit!«, schrie ein dicker Mann von fast ganz hinten. Zorn und Zustimmung wallten unter den Zuhörern auf, und man verlangte lautstark nach harten Maßnahmen und strengen Strafen.
Brock sah sich in der ersten Reihe nach Verbündeten um,
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