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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Form gegeben hatten. Die Kraft strömte ihr zu, sammelte sich in ihr und mischte sich mit den uralten Worten. Die Macht der Worte und des Steins wurden eins und formten eine gewaltige Magie, die in ihren Fingerspitzen zu kribbeln begann, als sie nach außen drängte. Ihre Hände wurden heiß. Die Finger begannen zu schmerzen, aber sie biss die Zähne zusammen und hielt den Zauber zurück, denn diesmal war es mehr als nur ein Lederbeutel oder ein Hund, den es zu verwandeln galt. Tief in sich spürte sie, dass die Magie noch nicht stark genug war, um zu vollbringen, was sie sich erhoffte. Noch durfte sie nicht entlassen werden. Auch als sie glaubte, den Schmerz nicht mehr aushalten zu können, gab Noelani sie nicht frei. Tapfer hielt sie dem Druck stand, der sie innerlich zu zerreißen drohte, ging bis an ihre Grenzen und darüber hinaus und entließ die Flut der Macht schließlich mit dem Aufschrei einer Gebärenden, die ein neues Leben aus ihrem Leib presst.
    Unter den furchtsamen Blicken der Krieger, die dergleichen noch nie gesehen hatten, schoss aus jedem Finger ein schillernder Lichtbogen in den Nebel hinaus, der sich in Dunkelheit und Grau rasch verlor. Für endlose Augenblicke geschah nichts, doch gerade in dem Moment, da der eine oder andere geneigt sein mochte, an einen Fehlschlag zu glauben, erhob sich in der Ferne gespenstisch lautlos eine gleißende Lichtkuppel über dem Lager der Rakschun, so hell, dass sie die Nacht zum Tag machte und die Krieger geblendet die Augen schlossen. Kein Laut war zu hören. Nur die Kuppel schwoll weiter an wie eine mitternächtlich aufgehende Sonne, erreichte ihre größtmögliche Helligkeit und verlor dann langsam wieder an Glanz.
    Als Noelani wenige Herzschläge später den Arm sinken ließ, verblasste das Licht ganz. Die Kuppel verschwand, und die Nacht kehrte zurück in die Gonweebene. Was blieb, war die Stille. Eine Stille, die Noelani einen eisigen Schauder über den Rücken jagte. Eine Stille, die von Tod und Verderben kündete – nicht von einem Sieg.
    Noelani spürte, dass etwas Unvorhergesehenes geschehen war, aber ihr fehlte die Kraft, darüber nachzudenken. Die Magie hatte ihr das Letzte abverlangt und ihr so viel Kraft entzogen, dass sie kaum noch aufrecht sitzen konnte. Ihr war schwindelig und übel, und sie nahm dankbar die Hilfe der Krieger an, die sie stützten und ihr halfen, sich im Boot hinzulegen. Fast beiläufig nahm sie wahr, dass ihre Hände stark verbrannt waren. So stark, dass sie keinen Schmerz darin spürte. Die Ohnmacht griff nach ihr, aber sie wehrte sich dagegen, denn es gab noch etwas zu tun.
    »Ich will … will, dass du den Sklaven befreist«, sagte sie stockend an Fürst Rivanon gewandt. »Er … soll leben.«
    »Das wird er.« Rivanon nickte, eilte davon und kam gleich darauf mit dem Schal und den Seilen zurück. »Er schläft noch«, sagte er zu Noelani und hielt die Sachen so, dass sie sie sehen konnte. »Seid unbesorgt. Er lebt.«
    Noelani seufzte und lächelte: »Dann ist es gut«, sagte sie. Erleichtert, dass es keine Toten gegeben hatte, schloss sie die Augen und gestattete dem Schlaf, sie an einen Ort zu tragen, an dem es weder Schmerz noch Erschöpfung gab.
     
    *  *  *
    Als Prinz Kavan erwachte, war es noch dunkel. Der Nebel lastete wie ein schmutziges Bahrtuch über der Gonweebene, und nichts deutete darauf hin, dass es bald hell werden würde.
    Umständlich richtete Kavan sich zum Sitzen auf und rieb sich stöhnend den Hinterkopf. Er hatte rasende Kopfschmerzen und eine dicke Beule, aber das war nebensächlich, solange er seine gerade wiedergewonnenen Erinnerungen nicht wieder verloren hatte.
    Was bin ich doch für ein Narr, schalt er sich selbst in Gedanken. Wenn ich im Boot gesessen hätte und mir wäre an diesem Ufer jemand begegnet, hätte ich ihn auch für einen Feind gehalten. Ein Wunder, dass sie mich nicht getötet haben.
    Kavan wusste nicht, welchem glücklichen Umstand er sein Leben zu verdanken hatte, aber er ehrte die Götter im Stillen dafür, dass sie schützend die Hand über ihn gehalten hatten. Sein nächster Gedanke galt dem Boot. Ob es noch da war? Mit unbeholfen wirkenden Bewegungen kam er auf die Beine und tat torkelnd ein paar Schritte in die Richtung, in der er das Boot vermutete. Die Vernunft warnte ihn, nicht noch einmal denselben Fehler zu machen, aber der Wunsch, das andere Ufer zu erreichen, war größer.
    Als er das Wasser erreichte, war das Boot fort. Nur eine tiefe Spur des Kiels auf dem

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