Kristall der Macht
Nachrichten.«
»Wirklich?« Triffin zog erstaunt eine Augenbraue in die Höhe. Entweder war der Sohn des Fremden selbst ein Botenreiter, oder er hatte Mittel und Wege gefunden, einen der Kuriere, die ausschließlich im Dienst des Königs unterwegs waren, zu bestechen. »Ist er ein Kurier?«
»Ein Kurier? Nein.« Der Mann lachte. »Eine Nachricht mit dem Kurier zu versenden dauert viel zu lange. Ich kenne einen viel schnelleren Weg. Wisst Ihr, meine Frau bangt sehr um das Leben unseres Sohnes. Es tut ihr gut zu wissen, dass er noch am Leben ist – vor allem nach einer so vernichtenden Schlacht wie der letzten.«
Triffin runzelte die Stirn. Entweder war dieser Mann sehr mutig oder dumm. Er zweifelte nicht daran, dass er ihn ganz bewusst angesprochen hatte, aber wenn dem so war, dann gewiss nicht, um seinen eigenen Sohn als Verräter zu entlarven. Auf jeden Fall war es dem Fremden gelungen, seine Neugier zu wecken.
»Wer bist du?«, fragte er im Plauderton und nahm eine entspannte Haltung ein.
»Ich bin Mael, der Hof-Messerschmied, General«, erwiderte der Fremde auf eine Weise, die deutlich machte, dass er sehr wohl wusste, mit wem er es zu tun hatte. »Mein Sohn wurde im Frühling zwangsrekrutiert – er ist mein einziger.« Trauer lag in den Worten, aber kein Vorwurf. Es war zu spüren, dass der Messerschmied nicht gekommen war, um seinen Sohn frei zu bitten. Er hatte etwas anderes im Sinn.
»Was willst du von mir, Messerschmied?« Triffin war kein Freund vieler Worte. Seine Zeit war kostbar. Wenn der Fremde ein Anliegen hatte, sollte er es geradeheraus sagen. »Du bist doch sicher nicht gekommen, um den Tag mit hohlem Geschwätz zu verbringen.«
»Nein, das bin ich nicht.« Der Messerschmied lehnte sich grinsend zurück und entblößte dabei eine lückenhafte Zahnreihe. »Ich komme wegen der Boten.«
»Wegen der Boten?« Triffin war verwirrt. »Was habe ich damit zu schaffen?«
»Wisst Ihr, dass die Schlacht unter unseren Kriegern mehr als zweitausenddreihundert Opfer gefordert hat?«, fragte der Messerschmied mit wichtiger Miene. »Und dass Euer Stellvertreter in der Nacht seinen schweren Verletzungen erlegen ist?«
»Xederic ist tot?« Triffin starrte Mael fassungslos an. »Wie kannst du das wissen?«
»Ich sagte doch, ich habe schnelle Boten.« Der Schmied grinste wieder. »Seit Wochen versuche ich den König davon zu überzeugen, dass meine Boten schneller und zuverlässiger sind als alle Reiter, aber man lässt mich nicht zu ihm vor. Ich bin eben nur ein armer Messerschmied und nicht wert, mit dem König zu sprechen.«
»Und da dachtest du dir, ich könnte bei dem König ein Wort für dich einlegen.« Triffin war in Gedanken noch bei seinem toten Freund. Die Nachricht kam nicht unerwartet, schmerzte aber tief.
»So ist es.« Der Messerschmied nickte. »Die Gelegenheit, Euch hier allein anzutreffen, konnte ich mir nicht entgehen lassen.«
»Und was sind das für Boten?«, erkundigte sich Triffin. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Fremde wirklich etwas Brauchbares vorzuweisen hatte. Andererseits hatte er sich schon zu oft über die langen Botenwege geärgert, als dass er sich etwas Neuem so einfach verschließen konnte.
»Vögel.«
»Vögel?«
»Sprenkeltauben.«
»Ah.« Triffin war nun doch geneigt, dem Schmied eine Absage zu erteilen. Sprenkeltauben standen ob ihres zarten Fleisches zu besonderen Anlässen auf der Speisekarte des Königs. Dass dieses schmackhafte Federvieh Botendienste verrichten konnte, überstieg seine Vorstellungskraft bei Weitem. Kein Wunder, dass man den Schmied bei Hofe abgewiesen hatte.
»Wollt Ihr sie sehen?«, fragte der Schmied. »Ich halte sie in einem Verschlag im Hinterhof meiner Schmiede.«
»Ich weiß, wie Sprenkeltauben aussehen«, knurrte Triffin. »Und ich weiß, wie sie schmecken.«
»Aber Ihr wisst nicht, wie klug sie sind.« Mael zwinkerte Triffin zu.
»Es gibt wichtigere Dinge, als sich mit den Eigenarten von Tauben zu beschäftigen.«
»Das sehe ich anders. Meine Tauben könnten Baha-Uddin unschätzbare Dienste erweisen«, behauptete der Schmied. »Eine Botschaft vom Heer zum König wäre dann nicht Tage, sondern nur ein paar Stunden unterwegs.«
»Stunden?«
»Ja, Stunden.« Mael nickte. »General Xederic starb bei Sonnenaufgang. Jetzt ist es noch nicht einmal Mittag, und ich habe die Nachricht bereits erhalten.«
»Also schön, zeig sie mir.« Triffin erhob sich und warf dem Schmied einen finsteren Blick zu. »Aber ich warne dich,
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