Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
Wachen.
    Der Großteil der Familie war dankbar, der Hitze, dem Gestank und dem Lärm der Stadt für eine Weile zu entkommen. Nur Amelia hatte böse Ahnungen.
    Obwohl es in römischen Familien üblich war, niedere Arbeiten wie Garnspinnen, Weben und Nähen den Sklaven zu überlassen, glaubte Amelia wie andere römische Damen noch an die altmodische Tugend der eigenen Handarbeit.
    So saß sie auf ihrem Landsitz im Schatten einer Sykamore, einen Korb mit Wollvlies zu Füßen, und kardete die Wollfasern. Ihre beiden Töchter und Schwiegertöchter, jede mit einem greinenden Säugling auf dem Schoß, ihre Söhne Gaius und Lucius und noch ein paar Sklavenkinder saßen um sie herum und lauschten der Geschichte über einen Mann namens Jesus und die Heiligen Drei Könige, die dem Jesuskind Gaben brachten.
    Im Gegensatz zu den Judenchristen, die strengen Gottesgehorsam und die Einhaltung der mosaischen Gesetze forderten, erfreuten sich die Heidenchristen an Geschichten über den Erlöser. Nachdem kaum etwas über die frühen Jahre Christus des Herrn bekannt war und es nur noch wenige gab, die ihn zu Lebzeiten gekannt hatten, wurden die Lücken ungeniert mit Geschichten geschlossen, von denen seine Anhänger meinten, dass sie zu ihm passten. Andere Erlösergötter wie Dionysios, Mithras und Krishna waren schließlich von drei Weisen aus dem Morgenland und Schäfern besucht worden, warum also nicht auch Jesus? Solche Geschichten machten es den Neuankömmlingen in der Christengemeinde leichter, Jesus anzunehmen. Als Amelia geendet hatte, kletterte der kleine Lucius auf ihren Schoß, schlang die Arme um ihren Hals und fragte: »Liebt Jesus mich auch, Mutter?«
    Unvermittelt fuhr Cornelia die Kinder an, spielen zu gehen, sie seien in der Hitze nur lästig. Ihre Schwester und Schwägerinnen, der Geschichten und der Hitze ohnehin überdrüssig, nutzten die Gelegenheit und zogen sich ins kühle Haus zurück. Als sie mit ihrer Mutter allein war, sagte Cornelia: »Ich hatte letzte Nacht einen Traum. In der Stadt stimmt etwas nicht.«
    Ihre Mutter zeigte sich sofort alarmiert. Träume waren wichtig und durften nicht ignoriert werden.
    »Es war nichts Besonderes«, fuhr Cornelia fort und ließ den Blick über die Gartenmauer schweifen, als ob sie meilenweit über die Hügel sehen könne, wo Rom in der Julihitze schmorte. »Ich wünschte nur, Papa wäre hier.«
    »Er hat seine Pflichten.«
    »Pflichten!«, spottete Cornelia. »Er ist in Rom bei seiner Mätresse. Das hast du doch gewusst, Mutter, dass er eine Mätresse hat?« Amelia hatte solches geahnt. Cornelius besaß einen gesunden sexuellen Appetit, und da er ihr Bett seit Jahren nicht mehr aufgesucht hatte, nahm sie an, dass er woanders Befriedigung fand.
    Sie nahm die Wolle wieder zur Hand. »Wie kannst du das dulden?«
    Amelia sah die Tochter ungläubig an. Cornelia tat gerade so, als sei sie die Betroffene, als betrüge ihr Vater sie. »Was dein Vater tut, geht dich nichts an.«
    »Du weißt, wer es ist? Es ist Lucilla. Er hat sie mit nach Ägypten genommen. Hast du das gewusst?«
    Amelia schloss die Augen. Die Gerüchte in Rom hatten dafür gesorgt, dass sie davon erfuhr. Es passte zu Cornelius, dass er die schöne, reiche und elegante Lucilla gewählt hatte, denn mit weniger würde Cornelius sich nicht begnügen. Trotzdem wollte Amelia nicht darüber reden, es schickte sich nicht, und außerdem ging es ihre Tochter nichts an.
    Aber Cornelia ließ nicht locker. Sie warf ihrer Mutter vor, dass sie zu dick sei, sie kritisierte ihren neuen Glauben und empörte sich über die Halskette. »Sie ist ein Geschenk deines Vaters.«
    »Hör auf, Mutter. Ich bin kein Kind mehr. Ich weiß, warum er sie dir geschenkt hat. Ganz Rom weiß, warum. Und es gehört sich nicht, dass du sie so offen trägst.«
    Amelia fuhr mit der Hand über die Wolle, spürte das Lanolin an ihren Fingern. Sie hatte gehofft, dass die Geschehnisse von vor sechs Jahren nie zur Sprache kommen würden. »Cornelia, Liebes«, begann sie.
    »Versuch ja nicht, dich zu verteidigen«, giftete Cornelia und strich sich unwirsch die feuchten Locken zurück. »Du hast Papa weggejagt. Er ist schließlich nur ein Mann. Mit deiner Untreue hast du ihn in die Arme einer anderen Frau getrieben.«
    »Cornelia!«

    »Ist doch wahr! Papa würde sonst nie Ehebruch begehen.«
    Amelia starrte die Tochter erschrocken an.
    »Er trifft sich immer noch mit ihr«, stichelte Cornelia weiter.
    »Und das ist alles deine Schuld.«
    »Was dein Vater

Weitere Kostenlose Bücher