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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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die Knie fiel und das Publikum vor Freude tobte. Da war auch Priscilla! Und Flavius und der alte Saulus.
    »Heilige Mutter Juno«, stammelte Amelia. »Cornelius, ich kenne diese Leute.«
    Er reagierte nicht, hielt, ein blasiertes Lächeln auf den Lippen, den Blick unverwandt auf das Schauspiel gerichtet, das er mit organisiert hatte. Die Hinrichtung der so genannten Brandstifter. Und dann sah Amelia etwas, das ihr den Magen umdrehte. Sie schlug die Hände vor den Mund, unterdrückte einen Schrei. Da unten, auf dem blutgetränkten Sand, wurde Rahel mit der Spitze eines Speers vorangetrieben. Die Haare fielen ihr um die Schultern, und selbst von ihrem Platz aus konnte Amelia Verletzungen und Prellungen erkennen. Ihre Freundin war gefoltert worden! Wie versteinert saß Amelia da und verfolgte fassungslos, wie die Gruppe zu auf dem Sand ausgelegten Kreuzen stolperte; wie die Wachen die Greise, Frauen und Kinder auf die Knie zwangen, wie sie auf die gekreuzten Balken klettern und sich hinlegen mussten, während zweihundertfünfzigtausend Schaulustige lachten und johlten und
    »Tod den Juden!« brüllten.
    Amelia fand ihre Stimme wieder. »Cornelius, du musst das beenden! «
    »Psst! Der Kaiser!«
    Amelia schaute zu Nero hinüber, der zufällig gerade in ihre Richtung blickte. Als er ihr freundlich zuwinkte und sie keine Bosheit in seinem Lächeln, keine Verachtung in seinem Blick entdecken konnte, wurde ihr klar, dass der Kaiser nichts von ihrer Verbindung zu diesen zum Tode verurteilten Menschen ahnte. Sie wandte sich Cornelius wieder zu, sah sein Profil so scharf wie auf einer Münze. »Mach dem ein Ende«, forderte sie. »Du darfst das nicht zulassen. Diese Menschen sind unschuldig. Sie sind meine Freunde.«
    Als er sich endlich zu ihr umdrehte, ging ihr sein kalter Blick bis ins Mark. »Warum sollte ich deinen Wunsch erfüllen? Hatte ich dich nicht auch um etwas gebeten, das du geflissentlich ignoriert hast?«
    Dabei blickte er bedeutungsvoll auf ihren blauen Anhänger. Amelia wurde ganz elend zu Mute. »Tust du das, um mich zu strafen? Tötest du unschuldige Menschen, weil…« Übelkeit überkam sie. »Weil du dich über mich ärgerst? Cornelius, was für ein Monster bist du?«
    »Eines, meine Liebe«, erwiderte er mit einem Lächeln, »das weiß, wie man den Mob erfreut.« Er schwenkte den Arm über das Publikum, der Beifall war ohrenbetäubend.
    Raheis Hinrichtung und die der anderen wurde zur Farce degradiert. Wer nicht zum Tod am Kreuz verurteilt war, musste sich Tierhäute überziehen und wurde von Hunden oder Löwen zerfetzt.
    Die Kreuzigungen sollten als Letztes, bei Sonnenuntergang, stattfinden, damit die brennenden Leiber umso spektakulärer wirkten. Betäubt sah Amelia zu, wie die Kreuze von anderen verurteilten Christen an Seilen hochgezogen wurden. Sie hörte die bedauernswerten Kreaturen weinen und beten, während ein Kreuz nach dem anderen angezündet wurde. Das Publikum johlte und tobte, als die Opfer sich unter den Flammen krümmten und wanden.
    »Ihr sollt sterben!«, schrie die Menge. »Ihr sollt sterben, ihr Brandstifter!« Amelia sah die Rachlust in ihren Gesichtern, denn viele von ihnen hatten ihre Angehörigen oder ihr Haus beim Großen Brand verloren. Nach diesem Spektakel würden sie, ihren Kummer und ihr Elend halbwegs vergessen, befriedigt heimgehen, und die Gerüchte, dass Nero die Stadt persönlich in Schutt und Asche gelegt hatte, würden allmählich verstummen.
    »Ich muss das beenden!« Amelia wollte aufspringen, aber Cornelius hielt ihren Arm mit eisernem Griff. »Bist du verrückt?«, zischte er. »Denk an deine Familie!« Amelia fing an zu schluchzen.
    Der Rauch und der Gestank von brennendem Fleisch versengten ihr das Herz. Ihre Seele fing Feuer und brannte lichterloh wie ihre Freunde da unten in der Arena. Rahel war bereits zur Unkenntlichkeit verbrannt, und obwohl ihr verkohlter Körper immer noch zuckte, betete Amelia inbrünstig, dass die Freundin nicht mehr am Leben sein möge. Niemand äußerte Zweifel über die Hinrichtungen. Keiner machte sich Gedanken darüber, dass Nero einen Sündenbock gesucht hatte, um den Verdacht von sich abzulenken. Keiner fragte sich, warum er eine Gruppe abtrünniger Juden, die sich Christen nannten und allseits unbeliebt waren, ausgewählt hatte. Manch einer erinnerte sich noch daran, dass fünfzehn Jahre zuvor Kaiser Claudius jüdische Emporkömmlinge aus Rom verbannt hatte, weil ihre Streitgespräche über Christus beinahe zu Aufständen in den

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