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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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einen Jungen in Christophers Alter in eine psychiatrische Klinik einweisen zu lassen. Er müsse sich schon freiwillig dazu bereit erklären, sonst sei ein richterlicher Beschluss vonnöten, und das hieße, dass wir doch zur Polizei müssten.
    Mein Sohn ist schlau, das muss ich ihm zugestehen. Und er weiß die schönen Dinge im Leben zu schätzen. Ich konnte mir genauso wenig wie er selbst vorstellen, dass er ein Leben auf der Straße führen würde. Deshalb schlossen wir am nächsten Morgen einen Handel ab. Er sollte bis zu seinem achtundzwanzigsten Geburtstag im Boston State Mental bleiben, und sobald er diese Bedingung erfüllt hatte, würde ich sein Erbe freigeben. Drei Millionen Dollar sind kein Pappenstiel. Christopher ging in die Klinik, und wir haben ihn nie wiedergesehen.«
    »Sie haben ihn niemals besucht?«, fragte Sinkus.
    »Mein Sohn war für uns gestorben.«
    »Und sich nie vergewissert, ob er Fortschritte macht, auch nicht telefonisch?«
    »Mein Sohn ist für uns gestorben, Detective.«
    »Demnach haben Sie auch nie erfahren, dass sich Ihr Sohn im Boston State Mental in Schwierigkeiten gebracht hat und nach Bridgewater überstellt wurde?«
    »Als bekannt wurde, dass das Boston State Mental geschlossen wird, habe ich dort angerufen. Einer der Ärzte informierte mich, dass Christopher schon nach Bridgewater verlegt worden war. Mir konnte das nur recht sein.«
    Sinkus stutzte. »Und an Christophers achtundzwanzigstem Geburtstag?«
    »An diesem Tag traf ein Schreiben in der Kanzlei meines Anwalts ein. Auf dem Zettel stand nur: ›Eine Abmachung ist eine Abmachung.‹ Ich überschrieb ihm den Treuhandfonds.«
    »Einen Moment«, schaltete sich D. D. ein. »Christopher wurde im April 1982 achtundzwanzig. Und Sie sagen, dass er ab diesem Tag über drei Millionen Dollar verfügte?«
    »Genau genommen hat er dreieinhalb Millionen geerbt. Das Vermögen wurde über die Jahre hinweg gut verwaltet und vermehrt.«
    »Und er hat Zugriff darauf?«
    »Ja. Er hat im Laufe der Jahre regelmäßig Geld abgehoben.«
    »Wie bitte?«
    Eola senior wandte sich an seinen Anwalt. »John, würden Sie bitte …«
    Barron legte einen Lederkoffer auf den Tisch und ließ die Schlösser aufschnappen. »Dies hier sind vertrauliche Informationen. Wir gehen davon aus, dass Sie sie entsprechend behandeln.«
    Er verteilte Kopien von etlichen Papieren. Bilanzen, Finanzberichte. Bobby überflog die Seiten. Detaillierte Aufstellungen von Christophers Fonds und die Daten der einzelnen Abhebungen.
    Bobby richtete den Blick auf Barron. »Wie hat er Verbindung aufgenommen? Was hat Christopher gemacht, wenn er Geld wollte? Sind die Transaktionen per Telefon abgewickelt worden?«
    »Lächerlich«, schnaubte Barron. »Dies ist ein Treuhandfonds, kein Geldautomat. Bei Abhebungen brauchen wir eine schriftliche Auszahlungsanforderung mit notariell beglaubigter Unterschrift. Diese Unterlagen liegen den offiziellen Bilanzen bei. Kopien dieser Schriftstücke finden Sie in der Anlage der Dokumente. Wenn Sie die Papiere genauer durchsehen, werden Sie merken, dass Christopher jährlich hunderttausend Dollar von den Ertragszinsen abgehoben hat. Gewöhnlich in zwei, drei Tranchen.«
    »Er schrieb Ihnen, und Sie stellten ihm einen Scheck aus?« Bobby blätterte schnell die Papiere durch.
    »Er schrieb, wir machten die Vermögenswerte zu Geld, glichen das Portfolio aus und stellten einen Scheck aus, ja.«
    »Diese Schecks wurden also nie persönlich abgeholt? Haben Sie eine Postadresse?« Das wäre zu gut, um wahr zu sein. Doch Bobbys Hoffnung schwand, als er die letzte Seite in dem Stapel sah. »Sie haben die Schecks auf eine Schweizer Bank ausgestellt?«
    Barron nickte. »Wie Mrs. Eola bereits erwähnte, verbrachte Christopher einige Zeit in Übersee. Offensichtlich hat er während seines Aufenthalts in Europa ein Konto in der Schweiz eröffnet.«
    Bobby war erstaunt. Ein normaler Neunzehnjähriger richtete sich kein Schweizer Bankkonto ein. Nicht einmal die verwöhnten Söhne der besseren Bostoner Gesellschaft kamen auf eine solche Idee. Eine vorausschauende Maßnahme. Ahnte Christopher damals schon, dass er eines Tages heimlich Geld bunkern musste – vielleicht für ein Leben auf der Flucht? Bobby fragte sich unwillkürlich, was Christopher auf seiner Tour durch Europa sonst noch alles getrieben und organisiert hatte.
    Das Gespräch neigte sich dem Ende zu. Eola senior legte den Arm um die Schultern seiner Frau, während sie mit dem Taschentuch ihre

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