Kuehles Grab
Boston State Mental ein artiger Junge, oder er ist schlauer geworden und lässt sich nicht mehr erwischen. Allerdings juckt es mir bei dem nicht so richtig in den Fingern. Eola gefällt mir irgendwie besser.«
D. D. bedachte ihn mit einem strengen Blick.
Sinkus hob abwehrend die Hände. »Ich weiß – ein guter Ermittler dreht jeden Stein um. Ich drehe und drehe und drehe.«
Offenbar war Sinkus ein wenig aufgedreht, vielleicht hatte er zu viel Kaffee getrunken. Er setzte sich, und Detective Tony Rock, der sich um die Anrufe und die Hinweise aus der Bevölkerung kümmerte, ergriff das Wort.
»Wir erhalten durchschnittlich fünfunddreißig Anrufe in der Stunde«, erklärte er mit matter Stimme. »Man kann sie meistens in drei Kategorien einteilen: ein bisschen verrückt, sehr verrückt und unsäglich traurig. Die mehr oder weniger verrückten Anrufer liefern in etwa das, womit wir rechnen konnten: Aliens waren am Werk; Männer in weißen Kitteln wurden gesehen; man muss sich Alufolie über den Kopf ziehen, wenn man wirklich sicher auf dieser Welt sein möchte. Und dann gibt es die Eltern, Großeltern, Geschwister, die Familienmitglieder vermissen. Gestern meldete sich eine Fünfundsiebzigjährige. Ihre jüngere Schwester ist seit 1942 verschollen. Sie hatte von den mumifizierten Leichen gehört und hoffte, diesmal Glück zu haben. Als ich ihr sagte, dass die sterblichen Überreste der Mädchen nicht so alt seien, fing sie an zu weinen. Seit fünfundsechzig Jahren wartet sie auf die Rückkehr ihrer kleinen Schwester. Sie sagt, sie kann nicht aufhören zu suchen – sie hat es ihren Eltern versprochen.« Rock blinzelte, ehe er fortfuhr: »Ich habe eine Liste von siebzehn vermissten Mädchen, alle verschwanden in den Jahren zwischen 1970 und 1990. Einige der Opfer stammen aus Massachusetts, eine ist von Kalifornien. Ich habe so viele Informationen wie möglich von Familienangehörigen eingeholt, um eine Identifizierung zu erleichtern. Ich fragte nach Schmuck, Kleidung, Zahnbefunden, Knochenbrüchen, Lieblingsspielzeug. Ich lasse die Informationen Christie Callahan zukommen. Das wär's von mir.«
Er setzte sich. Die Luft schien aus seinem Körper zu weichen, als er in sich zusammensank. Alle starrten ihn an und warteten darauf, dass jemand etwas sagen würde.
Dann endlich ergriff D. D. das Wort. »Also, wir haben einen überdurchschnittlich intelligenten Hauptverdächtigen, der über genügend Geld verfügt, einen weiteren Verdächtigen, der früher als Pfleger in der Klinik angestellt war, und siebzehn vermisste Mädchen. Außerdem könnte eine Verbindung zu einem Entführungsfall bestehen, der sich 1980 ereignet hat. Hat sonst noch jemand etwas beizutragen? Jerry?«
Sergeant McGahagin, dessen Team sich mit den Vermisstenfällen der letzten dreißig Jahre befasste, konnte mit sechsundzwanzig ungeklärten Fällen aus Massachusetts aufwarten. Seine Männer hatten mittlerweile die Suche auf ganz New England ausgedehnt.
Er überflog Tony Rocks Liste und fand fünf Namen, die er auch ermittelt hatte.
»Ich brauche unbedingt den Bericht aus der Gerichtsmedizin«, erklärte er. »Wenn mir Christie Callahan das Aussehen der Opfer beschreiben würde, könnte ich einen Abgleich mit den ungeklärten Fällen vornehmen. Dann wäre es möglich, Vergleichs-DNA zu beschaffen und wenigstens die Identität eines Mädchens zweifelsfrei festzustellen, dann wüssten wir auch, auf welchen Zeitrahmen wir uns konzentrieren müssen.« Er blickte D. D. erwartungsvoll an.
Sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Was, zum Teufel, soll ich Ihrer Meinung nach tun, Jerry? Ich kann mir die sechs Berichte, die Sie fordern, nicht aus dem Ärmel ziehen.«
»Kommen Sie – mittlerweile sind vier Tage vergangen, D. D., und wir wissen noch immer nicht das Geringste über die Opfer.«
»Es handelte sich um eine nasse Mumifizierung«, gab D. D. zurück. »Kein Mensch in New England hatte je mit so was zu tun.«
»Bei allem Respekt vor Christie – ruf jemanden her, der sich damit auskennt.«
»Das hat Christie bereits getan.«
»Was?« McGahagin war erstaunt. Ermittler forderten ständig Geldmittel, Experten, forensische Untersuchungen. Das hieß aber nicht, dass die Unterstützung bewilligt wurde. »Christie bekommt Verstärkung?«
»Morgen, soviel ich weiß. Ein Fachmann aus Irland, der sich auf solche Fälle spezialisiert hat. Die Staatsanwaltschaft kommt für die Kosten auf. Anscheinend bombardiert die ganze Stadt das Büro des
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