Kupfervenus
Ich will dein Gewinsele nicht hören: › Helena Justina, ich habe dich nicht eingeladen, weil ich wußte, daß du auch von allein kommen würdest. Helena, ich lasse mir deine Vorwürfe gefallen, weil ich sie verdient habet … «
»Tut mir leid. Erzähl mir nicht, ich sei ein Schuft, das weiß ich selbst …« Helena nickte heftig. »Ich will dich nicht beleidigen, indem ich dir sage, wie sehr ich dich liebe, aber ich liebe dich, und du weißt es …«
»Ach, hör doch auf, den starken Tröster zu markieren!«
Dankbar für den Hinweis, umschlang ich sie aufs neue. »Vergiß, daß ich mit einem Steinbutt geschmust habe. Komm her, du …«
Als sie den Kopf an meine fischige Brust lehnte, war es aus mit ihrer Beherrschung.
Maia steckte den Kopf durch den neuen Türvorhang, erblickte uns und lief rot an. »Sollen wir noch ein Gedeck auflegen?«
»Ja«, sagte ich, ohne Helena zu fragen.
»Nein, Marcus«, widersprach Helena. »Wir wollen Freunde sein, aber … du kannst mich nicht zum Bleiben überreden!«
Uns blieb keine Zeit, das zu Ende zu diskutieren. Bevor sie mich völlig am Boden zerstört hatte, pochte schon wieder jemand an meine Tür. Petro würde nachsehen. Ich konnte mir vorstellen, wie er davor zitterte, daß noch eine Grazie lächelnd auf der Schwelle stand … Bedauernd schnitt ich Helena eine Grimasse und schickte mich an, ihm zu Hilfe zu eilen. Ich war noch nicht bis zur Tür gekommen, als Petro hereinplatzte.
»Draußen ist das Chaos ausgebrochen, Marcus! Kommst du mal?« Mein sonst so gefaßter Freund schien in höchster Erregung. »Da steht ein ganzes Aufgebot dieser verfluchten Prätorianer! Mars allein weiß, was die hier wollen – aber angeblich hast du Titus eingeladen, seine Serviette mitzubringen und deinen Fisch zu kosten …«
Da war eine gesellschaftliche Katastrophe im Anzug.
Ich schaute Helena an. »Na? Willst du in Schönheit erstarrt da Wurzeln schlagen, oder gibst du dir einen Ruck und stehst mir bei?«
XLIV
Sie rettete mich. Sie konnte nicht anders. Gewissenhaft, wie sie war, konnte sie nicht tatenlos zusehen, wie ein Haufen ungeschliffener Plebejer Titus Caesar in Verlegenheit brachten. Sie beugte sich zwar nur zähneknirschend, aber zumindest für einen Abend hatte ich eine leibhaftige Senatorentochter als Gastgeberin in meinem Haus. Ich erwartete nicht, daß sie kochen konnte, aber sie wußte, wie man das Personal beaufsichtigt.
Für die Mitglieder meiner Familie war ein kaiserlicher Gast kein Grund, ihre lebenslangen Gewohnheiten zu ändern. Titus, der ein reichlich verdutztes Gesicht machte, hatte sich gleichwohl schon reingedrängt, bevor Helena und ich ihn mit dem wohlgesetzten Willkommensgruß empfangen konnten, der ihm gebührte. Meine Verwandten hatten ihn sich im Handumdrehen geschnappt und mit einer Schale Oliven in der Hand auf einem Schemel plaziert, damit er zusehen konnte, wie sein Steinbutt gar wurde. Ehe ich mich versah, hatten sich anscheinend alle reihum miteinander bekannt gemacht, ohne abzuwarten, bis ich sie einander vorstellte; Helena prüfte den Fisch mit einer Messerspitze, Petronius klemmte mir einen Becher voll Wein in die Armbeuge, und das Chaos schwoll an, während ich, wie eine ersaufende Wühlmaus im Gewittersturm, mittendrin stand.
Nach fünf Minuten und einem Becher minderwertigen Campania-Weins, hatte Titus die Hausregeln begriffen und stimmte in den Pöbelchor ein, der mir unausgesetzt Ratschläge zubrüllte. Wir haben keine Snobs in der Familie; alle akzeptierten ihn als einen von uns. Die meisten interessierten sich ohnehin weit mehr für die vornehme junge Dame, deren köstlich parfümierter Kopf sich dicht neben dem meinen über den behelfsmäßigen Kochkessel beugte.
Die Prätorianer mußten draußen warten. Glücklicherweise bringen die Didius-Frauen, wenn sie das Brot für einen Festschmaus beisteuern, immer gleich so viel mit, daß man etliche Körbe voll hinausschicken kann, falls ein hochrangiger Gast zufällig seine Leibwache dabei hat.
»Was ist das für eine Sauce?« flüsterte Helena und tunkte auch schon den Finger hinein.
»Kümmel.«
»Schmeckt man aber kaum.« Ich sah im Rezept nach – eines, das ich ihr einmal stibitzt hatte. Sie lugte mir über die Schulter und erkannte ihre Handschrift. »Schuft! … Da steht zwanzig Gran, aber ich werde ein bißchen mehr nehmen – hast du ihn gemahlen?«
»Hast du das schon mal versucht? Diese Kümmelkörner tanzen dir vom Mörser, als ob sie dich auslachen wollten.«
Sie
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