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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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machten? Und selbst unter den Wissenschaftlern hatte er kaum jemanden gefunden, der seine Idee nicht auf Anhieb entweder belächelt oder ernst zurückgewiesen hätte. Wie denn nun – jetzt sah es ja fast so aus, als sei er hierher geflüchtet, vor seiner eigenen Idee. Das stimmte auch nicht. Warum, zum Teufel, mußten gerade bei den wichtigsten Entscheidungen, die der Mensch im Leben trifft, die Motive immer so im dunkeln bleiben?
    Und warum grub er überhaupt nach den verborgenen Wurzeln seines Entschlusses? Es war doch ein guter Entschluß – mit ziemlicher Sicherheit war hier jetzt die vorderste Front der physikalischen Forschung, er kannte die Anlage, die Arbeit, sogar die meisten Leute, er war mit zweiunddreißig der Jüngste hier, immer noch, wie er schon damals der Jüngste gewesen war, vor mehr als drei Jahren, zu jener Zeit allerdings auch noch Anfänger. Aber älter geworden waren die anderen auch seither, selbst Esther, der man das natürlich überhaupt nicht ansah, sie war über fünfzig, in dem Alter also, wo sich jahrzehntelang das äußere Bild nicht mehr ändert… Na, und da wären wir ja wieder bei der Esther! stellte er grimmig fest, und nun wußte er auch, warum es in ihm grübelte: Er war wohl immer noch nicht fertig mit seiner einseitigen, dummschwärmerischen, beinahe blöden Anbetung, die ihn damals hatte seine Fähigkeiten zum kollektiven Arbeiten verlieren und folglich weggehen lassen, als Pilot zur Minosexpedition. Da hatte er wahrhaftig Zeit gehabt, damit fertig zu werden, und er war auch überzeugt, daß die Namensgebung für den Mond der letzte und abschließende Akt seiner Verehrung war, bereits in die Vergangenheit gerichtet – und nun? Hatte er sich nicht im Verdacht, daß von dem ausgerupften Unkraut in seiner Seele durch irgendeine Ritze wieder ein neuer, kleiner Trieb wucherte? Nein, jetzt war er plötzlich ganz sicher: Diesen Verdacht hatte er zu Unrecht.
    Da, der Schirm war entrollt, weitere Fehler waren nicht aufgetreten, auf also an Bord des Zollstocks! Eine Viertelstunde später und hundertfünfzig Kilometer weiter verließ Ruben das Schiff wiederum, um den zweiten Kollektor zu entkonservieren. Der kurze Flug und die damit verbundenen Hantierungen hatten sein Grübeln unterbrochen, und er hatte sich vorgenommen, bei den weiteren drei Kollektoren nicht noch mal darein zu verfallen. Aber wie soll man das Gehirn daran hindern, immer wieder in die am stärksten erregenden Gedankengänge zu rutschen? Am besten, indem man etwas Nützliches repetiert, Bekanntes wiederholt, auffrischt, um es immer parat zu haben, also wenn er hier nun arbeiten würde, zum Beispiel die Geschichte dieser Versuche.
    Die Bläschen und die EGI – um diese beiden Pole kreisten die Versuche seit je. Die Bläschen, wissenschaftlich Blastulae wegen einer gewissen Analogie mit der gleichnamigen Stufe der Keimentwicklung, die Bläschen waren vor etwa zehn Jahren entdeckt und sofort als etwas ganz und gar Neuartiges erkannt worden. Es waren Gebilde von atomarer Größe, die vermutlich, nein sehr wahrscheinlich aus den gleichen Subteilchen bestanden wie die Atome, nur völlig anders aufgebaut waren. Strenggenommen war das Bläschen nur eine Modellvorstellung für ein solches Subteilchen-Kollektiv. Es verhielt sich damit vergleichsweise wie mit dem Aufblasen eines Luftballons: Wenn es entstanden war, wurde ihm ständig Energie zugeführt, dabei dehnte es sich aus bis zur Molekülgröße. Das ständige Energiewachstum war einerseits unerläßliche Lebensbedingung, andererseits führte es irgendwann zur Explosion des Bläschens. Die Lebensdauer lag im günstigen Fall etwa bei einer Minute, was für subatomare Bereiche fast eine Unendlichkeit bedeutete.
    Die Bläschen, Ergebnis der Hochenergiephysik, erfuhren unzählige Deutungen und gaben zu den sonderbarsten Hypothesen Anlaß. Zwei davon blieben bedeutend und beeinflußten den weiteren Verlauf der Experimente. Eine theoretischphysikalische Deutung: Da die Subteilchen nicht frei darstellbar waren, wegen der Riesenmasse, die sie dann annehmen müßten, führte die weitere Erhöhung der experimentellen Energie im Bogen zurück in die Makrowelt, aber zu unbekannten Strukturen auf einem sehr hohen Energieniveau, wie es etwa in Sternen herrschte; die Bläschen stellten nur eine Übergangsstufe zu einer ganz anders aufgebauten Welt dar. Die andere Deutung war energetisch-experimenteller Art: Im Augenblick der Explosion der Bläschen entstanden in ihrem freien Zentrum

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