Kurtisanen leben gefährlich
sagen zu haben schien.
»... und wir werden auf See auf Euch warten, Signorina Lukrezia. Es wäre feige, Euch einfach hier zurückzulassen, nachdem Ihr es gewesen seid, die Roberts außer Gefecht gesetzt hat. Und außerdem gab ich Signore Santorini mein Wort, Euch nicht aus den Augen zu lassen, bis er diese Aufgabe selbst übernehmen kann. Ihr werdet jederzeit einen von uns in der Lachenden Meerjungfrau, einer kleinen Hafenspelunke nahe den Docks, finden.«
Erstaunt blickte ich Verducci aus großen Augen an. Ich hatte niemals damit gerechnet, dass der Kapitän in meiner Nähe bleiben würde, war immer der Meinung gewesen, dass die Promessa davon segeln würde, um weiter die Weltmeere zu bereisen. Ich schluckte schwer, denn ich wusste in meiner Überraschung nicht, wie ich meiner Dankbarkeit Ausdruck verleihen sollte.
Verducci blickte mich amüsiert an, ein Ausdruck, der mich an unsere früheren Streitigkeiten erinnerte und mir letztlich die Sprache zurückgab.
»Dann scheint es mir, als würden wir diesen Weg noch eine Weile gemeinsam gehen, Signore Verducci. Dabei war Eure Freude darüber, mich endlich hinter Euch zu lassen, bereits so groß ...«
Der Narbenmann lachte und in seinen Augen tanzten glitzernde Lichter.
»Oh, schiebt es auf meine angeborene Neugier, Signorina – ich möchte zu gerne erfahren, wie Ihr Euch weiterhin durch diese Geschichte schlagt.«
Ich kicherte leise bei seinen Worten und widmete ihm eine elegante, einladende Geste mit einem angedeuteten Knicks.
»So scheut Euch nicht, an meiner Geschichte teilzuhaben, Signore Verducci.«
Wir lachten gemeinsam, bevor sich unsere Wege trennten und die Promessa auf dem Meer vor Anker ging. Wieder in der Kajüte angelangt, betrachtete ich unter den neugierigen Blicken Sadiras meine Kleidung. Einem Treffen mit Beatrice Santi waren Hosen sicher nicht angemessen und meine Stiefel würden ohnehin als unschicklich gelten. Dennoch bezweifelte ich, dass meine Kleider für diesen Anlass besser geeignet waren.
Ich kam von einer langen Seereise. Meine sonst so blasse Haut hatte eine wesentlich dunklere Farbe angenommen und meine Locken hatten seit langer Zeit keine parfümierten Duftwässerchen oder andere pflegende Substanzen gesehen. Sie fielen nur von dem blauen Seidenband gehalten über meine Schultern. Alles in allem wirkte ich eher wie eine Piratin und nicht wie eine kultivierte Kurtisane, aber wenn Signora Santi sich daran stören sollte, konnte ich es nicht ändern.
Ungerührt suchte ich mein Rapier aus der Truhe heraus und wand die Scheide um meine Hüfte, dann steckte ich den Dolch in meinen Stiefel. Bisher hatte er mir gute Dienste geleistet und ich hoffte, dass dies auch der Fall sein würde, falls es in Signora Santis Heim zu einer unangenehmen Begegnung kam. Schließlich holte ich noch die Nachricht von Andrea Luca hervor und wiegte sie unentschlossen in meinen Händen. Doch ich würde sie auch jetzt nicht mehr öffnen, also schob ich sie stattdessen in meine Bluse, wo sie gut verwahrt war.
Sadira amüsierte sich köstlich über meine Inspektion und gab ab und an einen belustigten Kommentar zu meinen Versuchen ab, einigermaßen passabel auszusehen. So verging der Mittag recht schnell und wurde von der Dämmerung abgelöst, während die Promessa auf den sanften Wellen auf und ab schaukelte.
Endlich setzte sich das Schiff in Bewegung und wir segelten, angetrieben von dem schon kühlen Wind, der den Hauch des Herbstes in sich trug, in Richtung des Hafens von Chiasaro, an dessen Kai ich einige vertäute Schiffe erblickte. Lampen flammten mit der zunehmenden Dunkelheit in der Stadt auf und gaben den Häusern ihr warmes Licht, das durch die Fenster nach draußen schimmerte und seinen Schein auf die Straßen warf.
Wir brauchten nicht lange, um anzulegen, nachdem die Promessa den Hafen erreicht hatte und ich verabschiedete mich von Sadira, hoffte, dass es kein Abschied für immer sein würde. Ich war Verducci für seine Unterstützung dankbar, fühlte ich mich dadurch doch nicht mehr gänzlich allein. Nicht, dass es gegen eine Beatrice Santi irgendeine Bedeutung besessen hätte, aber es war dennoch ein beruhigendes Gefühl.
Unruhig sah ich zu, wie die Planke herausgeschoben wurde und Verducci mir seine Hand entgegenhielt, um mir hinunter zu helfen. Dankbar ergriff ich sie, denn ich konnte in diesem Moment, in dem meine Knie weich geworden waren, jede Unterstützung gebrauchen. Ich lief unsicher hinab, bis meine Füße endlich den Boden Terranos
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