Land der Sehnsucht (German Edition)
sie miteinander durchgemacht hatten, sonderbar. „Du darfst mit mir über alles sprechen, was dir auf dem Herzen liegt, Véronique.“
Sie lächelte schwach. „Mir ist bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit, meinen Vater in diesem Colorado-Territorium zu finden …“ Sie brach ab, als suche sie nach dem richtigen Wort.
„Sehr klein ist?“, ergänzte Jack leise.
Sie warf ihm einen unerwarteten Blick zu. „Ich wollte eigentlich sagen: ‚Nicht so vielversprechend ist, wie ich früher dachte‘, aber … ich fürchte, die Beschreibung, dass meine Hoffnungen kleiner werden, passt auch.“
Der ernste Ton in ihrer Stimme hielt Jack davon ab, über ihre Zurechtweisung zu lächeln. „Wenn man zwanzig Jahre nichts von einem Menschen gehört hat, ist das eine lange Zeit.“
„Oui, das stimmt.“ Sie atmete langsam ein und dann schnell wieder aus. „Es gibt etwas, das ich dir nicht erzählt habe … und ich weiß auch nicht, warum ich es dir jetzt erzähle, außer dass du dann meine Suche vielleicht besser verstehst. Ich wurde auf diese Reise geschickt. Ich kam nicht aus eigenem Willen hierher, sondern auf den Wunsch von jemand anderem hin. Es war der Wunsch meiner Mutter, der Herr schenke ihr ewigen Frieden.“
Ein kalter Windstoß wehte ihnen entgegen und sie zog die Bergarbeiterjacke enger um ihr Kinn. Jack wollte ihr sein Beileid wegen des Todes ihrer Mutter aussprechen, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass der Zeitpunkt nicht richtig war. Er hörte, wie sie einatmete, und blieb still.
„Du sollst nicht glauben, ich wäre mutig, Jack. Oder dass ich ganz allein beschlossen hätte, so weit zu fahren. Ich hätte dieses Schiff nie betreten, wenn mir eine andere Wahl geblieben wäre. Aber in den letzten Monaten haben sich meine Gründe, diese Reise fortzusetzen, verändert. Jetzt ist es irgendwie meine eigene Reise geworden. Das ist sicher durch den letzten Wunsch meiner Mutter beeinflusst. Aber nun ist es auch mein Wunsch, den Mann kennenzulernen, der irgendwie das Herz meiner Mutter erobert hat und es bis zu ihrem Tod besaß.“ Ihr Tonfall grenzte an Skepsis. „Auch wenn er seine Versprechen, die er ihr gab, nicht gehalten hat. Die Versprechen, die er uns beiden gab.“
Jack konzentrierte seinen Blick auf die Straße, als er den Schmerz in ihrer Stimme hörte. „Meine große Angst ist es, Véronique, dass du dir zu große Hoffnungen machst und dabei verletzt wirst. Es ist leider gut möglich, dass das passieren kann.“
„Ich verstehe, was du mir sagst, und ich bin dir dankbar für dein Mitgefühl. Aber du musst wissen, dass ich nicht wie ein verwöhntes Kind erwarte, dass sich alle meine Hoffnungen erfüllen. Ich weiß, dass ich schlechte Karten habe, wie deine Landsleute sagen, und ich komme damit schon zurecht.“
Er fragte sich, wo um alles in der Welt sie diese Formulierung aufgeschnappt hatte, und er wusste, wie sehr der Rat, den er ihr geben wollte, auch ihm selbst galt. „Vergiss einfach nicht, dass das, was wir uns immer so sehr gewünscht haben, die Macht hat, uns am meisten zu enttäuschen.“
Sie saß einen Moment lang still da, als lasse sie das auf sich wirken. „Was für eine Enttäuschung hast du erlitten, die dich diese Weisheit gelehrt hat?“ Bewunderung und Neugier schwangen in ihrer leisen Frage mit.
Jack wusste, dass er das, was er ihr erzählte, nicht wieder zurücknehmen könnte. Er vertraute ihr und könnte ihr also von Mary und Aaron erzählen. Aber etwas sagte ihm, dass es ihr nicht helfen würde, die Antworten zu finden, die sie suchte. „Ich denke, das kommt mit dem Alter und davon, dass ich von Zeit zu Zeit mit meinen eigenen Wünschen kämpfe. Erwartungen zu haben kann gut sein, wenn sie nicht alles beherrschen. Dann nämlich können sie dir das Glück rauben.“
Sie gab ihm nicht sofort eine Antwort. „Ich will mit dem zufrieden sein, was bei meiner Reise herauskommt, egal, wie sie ausgeht.“
Er entdeckte ein schwaches Selbstvertrauen in ihrem Tonfall.
„Ich habe meinen Vater nie wirklich gekannt, und ich habe nur sehr vage Erinnerungen an ihn. Wenn ich ihn also nicht finde – sie zuckte mit den Achseln –, habe ich nichts verloren, nicht wahr?“
Aber tief in seinem Herzen wusste Jack, dass das nicht stimmte. Und ihre angespannte Miene verriet ihm, dass sie das auch wusste.
Die Nacht hatte sich über das Land gelegt, als er vor dem Hotel in Willow Springs den Wagen zum Stehen brachte. Véronique war neben ihm eingeschlafen. Sie hatte den Kopf an seine
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