Land der Sehnsucht (German Edition)
französischen Dame, die ich vor mir sehe, auch früher wohl kaum eine Chance gehabt hätte.“
Véronique lachte leise und fühlte sich sofort mit dieser Frau verbunden.
„Véronique, es ist mir wirklich eine Freude.“ Miss Maudie nahm die Glocke auf dem Nachttisch und klingelte zweimal. „Ich habe schon mehrere Franzosen kennengelernt. Aber es ist eine seltene Freude, ein Mädchen mit Ihrer Herkunft kennenzulernen.“
Die Frau, die sie ins Haus gelassen hatte, als sie gekommen waren, erschien im Türrahmen. „Sind Sie und Ihre Gäste bereit für den Tee, Madam?“
„Ja, das sind wir, Claire. Danke. Wir trinken ihn hier drinnen, meine Liebe.“
„Der Tee und die Hafermuffins von Lillys Mutter kommen sofort!“
„Und jetzt, ihr beiden …“ Miss Maudie deutete auf das Bett. „Setzt euch hierher und erzählt einer alten Frau, was in der Welt außerhalb dieser vier Wände passiert. Der alte Dr. Hadley hat mein Bein so fest geschient und verbunden, dass ich es kaum bewegen kann.“ Ihr unauffälliges Augenzwinkern verriet, dass sie das nur halb im Ernst meinte. „Ich fühle mich wie eine Henne, die in den Ofen soll, und ich langweile mich fast zu Tode.“
„Mademoiselle Girard hat die interessanten Geschichten.“ Lilly nickte ihr zu. „Sie sollte mit dem Erzählen anfangen. Schließlich ist sie erst vor kurzem aus Paris hier angekommen. Und sie hat ein paar Bergarbeiterstädte in den Bergen besucht.“ Sie öffnete die Augen ein wenig weiter, um Véronique zu ermutigen, mehr zu erzählen.
„Ich würde die meisten meiner Geschichten kaum als interessant bezeichnen. Aber einige waren ziemlich aufregend …“ Véronique schaute vielsagend aus dem Fenster. „Und in ihnen spielte ein gewisser Herr eine Rolle, der soeben hier vorgefahren ist.“
Miss Maudie versuchte, sich nach oben zu schieben. Mehr aus einem Reflex heraus rückte Véronique ihr sofort die Kissen hinter ihrem Rücken zurecht.
„Oh, danke, meine Liebe. Jetzt … erzählen Sie mir alles.“ Miss Maudie strahlte sie voll gespannter Vorfreude an. „Und lassen Sie nichts aus. Angefangen damit, wie Sie Ihre Heimat verließen, bis zu dem Tag, an dem Sie das erste Mal nach Willow Springs kamen, und dann will ich etwas über diese Fahrten in die Berge hören.“ Ein wehmütiger Blick trat in ihre Augen. „Es ist so lange her, seit ich unsere Berge das letzte Mal aus der Nähe gesehen habe. Ich vermisse sie so sehr. Und – sie hob einen Zeigefinger und setzte einen Blick auf, der jeder strengen Lehrerin Konkurrenz gemacht hätte – vergessen Sie nicht: Ich will einen ausführlichen Bericht über Ihre Zeit mit unserem Freund da draußen hören. Und machen Sie sich keine Sorgen. Lilly und ich können schweigen wie ein Grab!“
* * *
Als Jack die Waren fertig abgeladen hatte, setzte er sich auf die Stufen hinter dem Haus und genoss ein Glas Wasser und ein Stück warmen Blaubeerkuchen, den ihm Claire Stewartson brachte. Wegen des Wagens, der vor dem Haus stand, und des gelegentlichen Lachens, das aus dem Haus drang, schloss er, dass Miss Maudie Besuch hatte.
„Der Kuchen ist aber schnell verschwunden.“ Mrs Stewartson öffnete die Mückengittertür. „Darf ich Ihnen noch eine Portion bringen?“
Jack stand zögernd auf, da er nicht gierig erscheinen wollte.
„Okay, geben Sie mir den Teller, Mr Brennan.“ Sie streckte ihm die Hand hin. „Hier auf Casaroja lassen wir keine schüchternen Esser zu. Das ist eine Regel von Miss Maudie.“
„Danke, Madam.“ Jack hielt seine Gabel fest.
Die junge Frau kam einen Augenblick später mit einem noch größeren Stück Kuchen zurück.
„Nochmals vielen Dank, Madam.“ Er balancierte einen Bissen auf der Gabel. „Wie geht es Miss Maudie seit dem Unfall?“
Jetzt war es an Claire zu zögern. „Dr. Hadley sagt, ihr Bein müsste eigentlich gut heilen, solange sie nicht versucht, zu früh zu viel zu machen. Aber sie hat immer noch diese Schwindelanfälle. Der Doktor weiß auch nicht, woher sie kommen.“
„Ich könnte mir vorstellen, dass es gar nicht so leicht ist, eine Frau wie Miss Maudie dazu zu bewegen, liegen zu bleiben.“
„Das können Sie laut sagen!“ Claire warf einen Blick in Richtung Stall. „Thomas war vor kurzem hier und hat mir gesagt, dass eine Stute in den nächsten zwei Tagen ihr erstes Fohlen bekommt. Als Miss Maudie das hörte, konnte sie es kaum erwarten. Sie sagte, sie wolle dabei sein. Sie war seit Jahren immer dabei, wenn Stuten ihr erstes Fohlen bekamen.
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