Land der Sehnsucht (German Edition)
Felsen versperrten ihr den Weg. Deshalb lief sie den Hang hinauf, obwohl auch das wegen der Steine und tief hängenden Äste schwierig war.
Aus der Geschwindigkeit des Stinktiers hinter sich schloss sie, dass es solche Probleme nicht hatte.
„Jack!“ Sie schrie, so laut sie konnte, da sie vermutete, dass das Tier ohnehin bereits gereizt war. Sie blickte panisch hinter sich.
Das Stinktier war noch mindestens zwei oder drei Meter hinter ihr, holte aber schnell auf.
Véronique drehte sich wieder um und erblickte den Zweig erst, als er ihr schon ins Gesicht schlug. Ihre rechte Wange fühlte sich an, als hätte jemand ein Streichholz daran entzündet.
„Véronique!“ Jacks Stimme klang leise und weit weg.
„Jack!“ Sie schob die Zweige aus dem Weg und lief weiter. Direkt vor sich entdeckte sie etwas, das wie ein glatterer Weg rechts neben ihr aussah. Sie entschied sich für diese Richtung.
Aber sie musste schnell feststellen, dass das die falsche Entscheidung gewesen war.
Kapitel 28
Der Höhleneingang gähnte dunkel und furchteinflößend vor ihr, das Stinktier stand drohend hinter ihr. Véronique fand keine der beiden Möglichkeiten verlockend.
Sie war vom Laufen völlig außer Atem, blieb deshalb stehen und stützte die Arme auf ihre Oberschenkel. Sie holte mühsam Luft und schluckte und versuchte, das Brennen aus ihrer Lunge zu vertreiben. Aufgrund der hohen Lehmwände auf beiden Seiten nahm sie an, dass der Eingang zur Höhle eher von Menschenhand als von der Natur geschaffen worden war.
Das Stinktier kam den Hang herauf, ging ein paar Schritte und blieb stehen.
Véronique schaute es an. Vielleicht war das gemeine kleine Tier genauso müde wie sie und hatte endlich beschlossen …
Doch das Fell auf seinem Rücken richtete sich auf. Das Stinktier drehte sich um und hob den Schwanz.
Véronique legte die Hand über ihre Nase und ihren Mund und lief los.
Sie bückte sich, verschwand in der Höhle und blieb wenige Meter von der Öffnung entfernt stehen. Alles hinter ihr war dunkel.
Eine übelriechende Flüssigkeit und ein beißender Geruch trafen sie. Ihre Kehle zog sich zusammen. Sie drückte die Augen zu und hoffte, damit den Schmerz zu lindern und sich an das schwächere Licht zu gewöhnen.
Sie benutzte die Höhlenwand als Führer und ging mit vorsichtigen Schritten tiefer in die Höhle hinein, obwohl ihr bewusst war, dass das Licht hinter ihr schwächer wurde. Sie schluckte, aber der Speichel blieb ihr im Halse stecken. Hustend versuchte sie, Luft zu bekommen, während der Nebel des verspritzten Stinktiersekrets immer dichter wurde.
Sie ging noch weiter. Dunkelheit legte sich um sie.
Tränen traten ihr in die Augen und sie konnte sie nicht länger als eine oder zwei Sekunden offen halten. Ihre Hand wanderte über etwas Nasses an der Höhlenwand und sie wand sich innerlich. Im nächsten Moment freute sie sich, weil sie meinte, es wäre Wasser. Sie blinzelte, konnte aber nichts sehen. Sie brachte ihre Hand an ihr Gesicht heran, um ihre Augen mit der Flüssigkeit zu benetzen – aber was, wenn es kein Wasser war?
Véronique hob die Handfläche an ihre Nase, konnte aber nichts als den Gestank des Stinktiers riechen. Da ihr sowieso schon Tränen in den Augen standen, wurde ihr erst bewusst, dass sie weinte, als ihr Schluchzen von den Wänden widerhallte.
Sie ging ein paar Schritte weiter in die Höhle hinein und bückte sich dann, um sich die Augen mit ihrem Rock auszureiben. Aber das machte das Brennen nur noch schlimmer.
Sie verlor die Orientierung. „Jack!“ Das Echo ihrer Stimme kam zu ihr zurück und Jacks Name hallte in abnehmenden Wellen von den Wänden der Höhle wider. Wo war er?! Und warum war er ihr nicht zu Hilfe gekommen?
Selbst so weit hinten in der Höhle war der Gestank immer noch unerträglich. Doch dann merkte Véronique langsam, dass der Gestank nicht in der Luft lag, sondern an ihr hing. Ihre Kleidung stank, ihre Haare. Einfach alles an ihr stank. Das löste eine neue Tränenflut aus. Die Tränen hätten ihren Augen eigentlich helfen sollen, aber das geschah leider nicht.
* * *
„Véronique!“ Mit der schussbereiten Pistole in der Hand entdeckte Jack schnell das verstreute Toilettenpapier und folgte der Spur der verteilten Blätter und abgebrochenen Zweige den Berg hinauf.
Dann roch er es.
Er zog das Taschentuch aus seiner Hosentasche und band es sich über Nase und Mund.
„Véronique!“
Falls sie irgendwie diesem Stinktier begegnet war, hatte Véronique
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