Land der Sehnsucht (German Edition)
Hinsicht alles andere als hilfreich gewesen. Deshalb durfte so etwas nicht wieder vorkommen.
Nicht hier draußen, nicht wenn sie nur zu zweit waren.
Jack atmete tief ein, hielt die Luft an, ließ sie dann langsam wieder entweichen und bemühte sich sehr, an etwas anderes zu denken.
Ein Bergarbeiter trat näher auf den Wagen zu und schaute Véronique in die Augen. Seine Absicht, sie anzusprechen, war nicht zu übersehen. Jack trat wieder auf den Gehweg hinaus und machte sich bemerkbar. Der Mann erblickte ihn und verlangsamte seine Schritte. Sein Blick wanderte vom Gewehr in Jacks Hand zu Véronique und dann wieder zu Jack zurück. Er überlegte es sich offensichtlich anders, änderte seine Richtung und schlenderte an den Umstehenden vorbei zurück.
Jack spürte, dass Véronique ihn anschaute. Doch als er den Blick hob, sah sie schnell zur Seite.
Er hatte versucht, sie in ein Gespräch zu verwickeln, als sie am Bach angehalten hatten. Er hatte sogar Witze über das, was passiert war, gemacht. Aber je mehr er versucht hatte, sie aus ihrem Schneckenhaus herauszulocken, umso zurückgezogener war sie geworden. Ihre Antworten waren höflich und kurz gewesen und ohne ihr gewohntes Temperament.
Er dachte an den Morgen zurück, an dem sie sich vor dem Badezimmer des Hotels getroffen hatten. Sein erster Blick hatte ihm verraten, dass sie durch und durch weiblich war. Das konnte man unmöglich übersehen. Seitdem hatte er ihr Selbstvertrauen kennen gelernt, ihre Fähigkeit, Situationen in die Hand zu nehmen und ihre Wünsche zu äußern. Damit hatte sie nicht das geringste Problem.
Aber bis heute Morgen war ihm nicht bewusst gewesen, wie viel von Véronique Girards Selbstvertrauen darin gegründet war, dass sie dieses sorgfältig gepflegte Äußere und damenhafte Verhalten beibehielt.
Es war eine zerbrechliche Fassade, die niedergerissen und neu aufgebaut werden musste, wenn sie in diesem Territorium überleben wollte. Er hatte das Gefühl, dass sie sich dagegen kräftig wehren würde.
„Sie können es gern nachzählen, Mr Brennan.“ Der Händler legte den letzten Dollar auf den Stapel und klopfte mit dem Zeigefinger darauf, beziehungsweise mit dem, was von seinem Zeigefinger übrig war. „Um sicherzugehen, dass alles da ist.“
Noch bevor er den Namen des Mannes erfahren hatte, hatte Jack die Spur eines Akzents in der Stimme des Mannes entdeckt. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er Bernard Rousseau trauen konnte. Deshalb nahm er die Scheine, faltete sie zusammen und steckte sie in seine Hosentasche. „Ich bedanke mich für das faire Geschäft, Monsieur Rousseau.“ Er zog die Warenliste aus seiner Tasche. „Das sind alle verfügbaren Waren. Sie können nachsehen, ob etwas dabei ist, das ich Ihnen nächstes Mal zusätzlich mitbringen soll. Streichen Sie es an, dann sorge ich dafür, dass Sie es bekommen.“
Während Rousseau die Liste durchging, warf Jack einen verstohlenen Blick auf Véronique.
Ihr Blick war auf ihn gerichtet und ihre Miene war erwartungsvoll. Da The Peerless eines der Bergarbeiterlager war, das laut Scoggins in der Anfangszeit viele Franzosen angezogen hatte, setzte Véronique große Hoffnung darauf, hier etwas über ihren Vater zu erfahren.
Jack räusperte sich, da er wusste, dass sie ihn beobachtete. „Dürfte ich Ihnen noch eine Frage stellen, Sir?“ Er wartete, bis Rousseau ihn anschaute. „Wie viele Jahre haben Sie im Bergbau gearbeitet, bevor Sie sich entschieden, Händler zu werden?“
Rousseau lächelte und brachte überraschend gerade, wenn auch gelbe Zähne zum Vorschein. „Ich habe in meinen ersten zwanzig Jahren, die ich hier war, im Bergbau gearbeitet, bis ich das Gehör auf einem Ohr verlor. Und ein paar andere Dinge.“ Er bewegte seine rechte Hand. Ihm fehlte nicht nur die Spitze seines rechten Zeigefingers, er hatte auch seinen Ringfinger und seinen kleinen Finger verloren. „Das verdammte Pulver. Komisch ist nur, dass ich in den fehlenden Fingern immer noch hin und wieder Schmerzen spüre.“ Er zuckte mit den Achseln. „Den Laden zu führen ist leichter für einen alten Mann. Und auch sicherer. Ich mache das seit 63.“
Jack rechnete im Kopf schnell zurück. Dieser Mann war zwei Jahre vor Pierre Gustave Girard nach Amerika gekommen. „Sind Sie je nach Hause zurückgekehrt, Sir?“
Ein wehmütiger Blick trat in die Augen des alten Mannes. „Nur jede Nacht in meinen Träumen. Ich gäbe viel dafür, wenn ich noch einmal das Licht auf der Seine sehen könnte. Oder
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