Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
und Turnschuhen, packt die Motorsäge aus, lässt sie an, haut mit dem Schwert wie ein HB-Männchen 45 Minuten um sich und – fertig. Nicht zu fassen.
Was dieser Künstler da angerichtet hat, wird uns nun mindestens drei Wochen lang beschäftigen, bis alles klein gesägt, transportiert und gestapelt ist.
Immerhin, die ersten fünf Stunden sind geschafft.
Folge: Muskelkater.
Überhaupt tun seit Wochen alle Muskeln weh. Vor allem in den Fingern. Vom Ausreißen hunderter Knöterich- und Brombeerwurzeln und nun vom „Holzmachen“. Schmerzfrei sind sie nur leicht gekrümmt. Morgens gibt es weder die Chance, die Finger gerade zu biegen noch in die Handfläche zu krümmen. Kaltes Wasser und schmerzhafte Fingergymnastik helfen da nur bedingt.
So lange wir diese riesigen gefällten Bäume auf Ein-Meter-Stücke schneiden und steil hinauf schleppen, heißt unsere Bodylotion wohl „Voltaren“.
Bevor Enzo seine Motorsäge einpackte, sah er noch ratlos auf unsere drei angepflockten Plastik-Schafe – die einen halten sie für Kitsch, die anderen für Kunst, Enzo für Blödsinn.
„Die bringen doch nix!“
Ich: „Fressen aber auch nix.“
Ich dachte, meine Antwort sei lustig. Irrtum.
Er: „Noch nicht einmal das. Stattdessen müsst Ihr mich fürs Mähen der Wiesen bezahlen.“
XV
Gruseln am Friedhof . Luigi, der Sizilianer mit den Ziegen, hat angerufen.
„Heute regnet es, da könnte ich eine Ziege ermorden.“
Die Logik mit dem Regen habe ich schon gelernt. Regnet es nicht, müssen Wiesen gemäht oder Olivenbäume beschnitten werden. Scheint die Sonne, fährt auch der Freak, in Touristen freien Jahreszeiten, ans Meer zum Picknicken.
Schlucken lässt mich das Wort „ermorden“.
Will man das so auf den Punkt gebracht hören?
Ich sage nur: „Oh fein!“
„Tja“, antwortete er, „Ihr müsstet aber das ganze Tier nehmen.“
Ich: „Ja, warum nicht?“
„Gut“, meinte er, „der Kopf ist ja auch am leckersten.“
Ende meiner Coolness. „Oh nein, bitte ohne Kopf.“
„Ach, ich dachte, Ihr hättet Ahnung“, seufzte er resigniert und ich spürte, wie ich auf der Skala für Neuankömmlinge ins Bodenlose stürzte.
„Okay. Esst Ihr wenigstens Innereien?“
„Jaaaaaaaaa! Gerne!“ In Gedanken entsorgte ich schon Lunge, Milz und Magen in den Müll. Nieren und Leber mögen wir vermutlich.
„Gut“, sagte er, „dann ermorde ich sie jetzt. Damit Ihr nicht den langen Weg zu uns habt, könnten wir uns dann zur Übergabe am Friedhof treffen. Ist ja ungefähr die halbe Strecke. Ciao.“
„Ciao“, hauchte ich in sein schon abgeschaltetes Handy.
Pünktlich standen wir Kannibalen zur Übergabe des Mordopfers am Friedhof. Monique, seine französische Frau, stieg strahlend aus ihrem verbeulten Auto und überreichte uns eine bluttriefende Tüte. Dazu einen Zettel ihres Mannes: „Lebendgewicht 12,2 Kilo, Fleischgewicht 6,1 Kilo. Den Kopf wolltet Ihr ja nicht.“ Das schien er uns immer noch nicht verziehen zu haben. Der Text ging weiter: „Die Leber hat mir leider der Hund aus der Hand geschnappt, kaum dass ich sie rausgetrennt hatte. Scusate.“
Ich schaue mich um, ob ja niemand, bewaffnet mit einem Töpfchen Stiefmütterchen und einem Mini-Handspaten, unter dem Arm noch ein lustig buntes Gießkännchen, zum Friedhof kommt.
Die Szene wäre vielleicht ein wenig makaber. Der Blick des Trauernden fällt auf drei Gestalten, die im Schatten der Kapelle eine vor Blut triefende Tüte überreichen. Richtig gruselig wird es, wenn er Wortfetzen aufschnappt wie „…den Kopf wolltet Ihr ja nicht…“ und dann „… die Leber hat mir leider der Hund aus der Hand geschnappt, kaum dass ich sie rausgetrennt hatte…“.
Zuhause wuschen wir die Leichenteile, verpackten sie in Gefrierbeutel und brieten die Nieren.
Zwei Zwiebeln und vier Knoblauchzehen fein würfeln, in Olivenöl dünsten und mit einem Schuss Weißwein ablöschen. Die Nieren, in feine Scheiben geschnitten, zugeben und auf kleiner Flamme wenige Minuten garen. Mit Salz und Pfeffer würzen.
In einem Extra-Pfännchen, in wenig Olivenöl, grob gehackte Salbeiblätter leicht kross braten und über die Nierenstreifen streuen.
Waren die ersten Ziegennieren, die wir probierten. Lecker!
Vielleicht sollte ich bei anderen Waldmenschen werben, „kauft doch auf dem Friedhof Eures
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