Laura, Leo, Luca und ich
Wiedergabe der Rezepte möchte ich aus Haftungsgründen verzichten, aber mein Schreiberfreund, ein Feinschmecker, der auch für den ›Feinschmecker‹ Restaurants testet, versicherte mir später glaubhaft, dass er den Salzkrustenbarsch mehrmals zuhause nachgekocht habe; er gelinge immer und nehme stets die perfekte Dosis Salz an.
Wer also wissen will, wie Laura aussieht, kann gern einmal in seiner ›Cosmopolitan‹-Sammlung nachschlagen, die ja in jeden guten Haushalt gehört. Es handelt sich um Ausgabe Juni 2000, und der charmante Titel der Story lautete: »Salz auf seiner Haut.« Und eins ist ja wohl klar: Lieber seine Freundin in ›Cosmo‹ als mit Heftklammern in der Bauchregion im ›Playboy‹.
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Fahr doch schon mal vor, Schatz
D as ist die Tragik des Ehelebens: Frühaufsteher heiraten Langschläfer, Vegetarierinnen Steakhausketten-Erben und Strandgänger Bergurlauber. Laura lebt in einem Land, das praktisch nur aus Sonne und Strand besteht. Doch was ist, wenn wir mal eine Woche Zeit für uns haben? Dann will sie in die Berge. Ist das denn zu glauben? Sie will mitten rein in dieses riesige, garstige Hindernis, über das ich mich gerade erst durch Staus, plötzliche Wintereinbrüche, Schlammlawinen und einspurige Tunnel zu ihr in den Süden gequält habe!
Die Insel Grado verfügt über sieben Kilometer puderfeinen, praktisch karibischen Sandstrand. Aber nein, wir fahren im Sommer auf 2000 Meter Höhe. Ich bin kein Bergmensch. Mir sind die Alpen bloß im Weg. Schon Goethe schrieb, so wurde mir zumindest von belesener Seite zugetragen, von den Felsblöcken, die ein Teufel mit riesigem Besen zusammengeschoben haben musste, um den Weg nach Italien zu verbauen. Tut mir leid, Alpen, aber ich freue mich nur über euren Anblick, wenn ich euch im Rückspiegel sehe.
|113| Nun gut, dachte ich, Eheschließung heißt, Kompromisse einzugehen. Und ein Kompromiss heißt dann wohl Bergsee. Als wir also im Juli am Tegernsee waren, sprang ich vom Steg aus direkt rein, wie man das als Mann eben macht. Eine halbe Sekunde später fühlte ich mich dem Tode nahe. Die Hand eines eisigen Riesen drückte meinen Brustkorb zusammen, brüllend tauchte ich auf, schnappte nach Luft und kroch krebsrot aus dem Wasser. Der See hatte gerade einmal 17 Grad; die Adria hatte zu diesem Zeitpunkt 27. Aber Laura fand alles ganz toll (so wie Italiener überhaupt rätselhafterweise auf alles Bayerische stehen) und pries die klare Luft. Luft? Luft? Was interessiert mich im Urlaub Luft? Die atme ich doch jeden Tag. Ich will kochend heißen Sand spüren und Wellen hören, die sich träge am flachen Uferstreifen brechen. Ich will eine Strandbar in der Nähe, die schlechte Sommerhits abspielt und kühle Biere serviert. Ich will tätowierte Tunichtgute, die Surfunterricht geben, und Mädels im Bikini, die ihnen zuschauen. Ich will zwielichtige Silberschmuckverkäufer und tropfendes Eis und klemmende Liegestühle und das Rätsel des ›S Z-Magazins ‹. Das ist Sommer!
Um mal einen Mythos aus der Welt zu schaffen: Strandurlauber sind keine Faulenzer. Ich bin sehr aktiv, wenn ich mal am Meer sein darf. Ich nehme mir zum Beispiel eine Menge Bücher mit. Meist lese ich sie dann zwar nicht, aber immerhin habe ich sie am Morgen bis zum Liegestuhl geschleppt und am Abend wieder zurück. Gegen eine Partie Pitsch-Patsch (andere nennen es Beach-Tennis, aber der Begriff ist mir zu prätentiös) |114| im kniehohen Wasser habe ich auch nichts einzuwenden. Und manchmal muss man ja zur Strandbar, um sich einen Kaffee (bis 12 Uhr), eine Cola (bis 16 Uhr) oder ein Bier zu holen. Ach, das Leben ist schön. Hätte man doch bloß jemanden geheiratet, der es einen genießen ließe.
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Mein Freund, der Braun
E s gibt da einen Job in Grado, den hätte ich auch gern. Der Job heißt
bagnino
. Der Bagnino ist ein italienischer Archetyp, weil er vieles von dem vereint, was Mitteleuropäern typisch italienisch vorkommt: die Lässigkeit. Die Souveränität. Das Sich-nicht-aus-der-Ruhe-bringen-lassen. Den Charme. Die flirtive Grundeinstellung. Das blau-weiß geringelte Shirt und die Zigarette im Mundwinkel. Ein Bagnino ist Mädchen für alles an einem bestimmten Strandabschnitt. In Grado kostet der Strand Eintritt, ist dafür gepflegt und sicher, und spießig finden das nur diejenigen, die noch nie ein Kleinkind im Gewirr eines heißen Augusttages aus den Augen verloren haben. Die Sache mit der Kostenpflichtigkeit ist natürlich sehr, sehr relativ:
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