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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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Fontäne Saft schoss aus dem Röh r chen. Und wieder näherten sich ihre Lippen dem Quell. Ich hechtete mich über Tamara, die aufschrie und mit dem Stuhl umkippte, und bekam Yanqius zartes Handg e lenk zu fassen. Eine weitere Fontäne orangefarbener Limon a de ergoss sich über Yanqius und meinen Ärmel.
    »Schluss jetzt, ein für alle Mal!«, brüllte Artjom Pil i nenko. »Sofort loslassen! Oder …! « Im Augenwinkel sah ich die kleine runde Mündung im Stahlmantel herane i ern.
    Ich konnte nur hoffen, dass Kommandant Butcher ihn rechtzeitig zurückpfiff. Denn ich hatte alle Hände voll mit Yanqiu zu tun. Sie beugte ihr Köpfchen hinab zu u n seren ineinander und um den Tetraeder verkrallten, saf t verklebten Händen und spitzte eine rosige Zunge aus den Lippen. Ich hieb ihr bremsend meinen Unterarm unters Kinn.
    Die halbe Mannschaft war aufgesprungen. Die Mü n dung von Pilinenkos Pistole bohrte sich in meine Schläfe.
    »Versteht ihr nicht! Der Saft ist vergiftet«, schrie ich. »Er enthält TTX, das Gift des Kugelfischs.«
    Yanqiu aalte sich an meiner Hand. Sie kämpfte lau t los, bis zum Letzten entschlossen. Ich krallte meine Hand in ihr Haar. Da endlich hielt sie inne wie ein Hase beim Nackenbiss des Beutegreifers. Glücklicherweise hatte Artjom Pilinenko eine russische Bärennatur. Er drohte, aber er drückte nicht ab. Ich leistete ihm Abbitte für j e den despektierlichen Gedanken, den ich gehegt hatte.
    »Das haben wir gleich«, sage Wim Wathelet. Aus se i ner Packung spritzte er sich etwas Flüssigkeit auf die Fingerkuppe, schnüffelte und stippte die Zunge ins Nass. Prüfend verteilte er den Orangengeschmack auf seinen Lippen, strudelte ihn mit der Zunge in den Gaumen, schmatzte, leckte. »Hm!« Er verzog das Gesicht. »Kuge l fisch-Fans lieben das, dieses leichte Kribbeln auf der Zunge, das Taubheitsgefühl auf den Lippen. Zumindest mein Saft enthält TTX. Also Finger weg von dem Zeug!«
    »My god!«, jaulte Rhianna und hob die Hände mit g e spreizten Fingern. Fast alle hatten die Limonadentüten weit von sich geschoben oder sich auf ihren Stühlen z u rückgelehnt, die Hände vom Tisch genommen. Nur ein paar, darunter Morten, Van Sung, Abdul, Leslie und Zi p pora, hatten offenbar nichts übrig für Limonade und ihre Tütchen nicht angerührt.
    Schweigen legte sich ins Gesumm und Gebrumm der Cupola.
    Da saßen sie: Morten schüttelte die Backen, Gonzo hatte die Hände an den Kopf gehoben, Fred begann zu keuchen. Franco rutschte auf dem Stuhl herum und suc h te mit dem Blick Rettung in Tamaras Titten. Tamara war das Hostessenlächeln verrutscht, David drehte eine Plat i nenscherbe der zerschossenen Intercom in den Fingern und murmelte Sinnloses, Gail sog bestürzt mit der Unte r lippe gleich das ganze marginale Kinn unter die Schne i dezähne, Giovanni tippte mit der Fingerspitze an seine gespaltene Nasenspitze, Van Sungs Brille hatte sich b e schlagen, Tupac spürte der Giftigkeit von Pfeilgiftfr ö schen nach, Bob kibbelte auf seinem knirschenden Stuhl, Pjotr lächelte wie einer, der den Kugeln der Mafia noch einmal entkommen war, Eclipse war aschgrau geworden, Krzysztof bekreuzigte sich und dankte der Schwarzen Madonna von Tschenstochau, Sergei versank in astraler Schwermut.
    Nur Abdul schien ungerührt. Er hatte sich im kreisel n den Muster der Besessenheit nicht geirrt, auch wenn es bis eben noch so ausgesehen hatte, als wären es viele feindliche Planeten gewesen, die um Torsten gekreist hatten.
    Immer noch stand ich unter der sternbeflockten Ku p pel, die Faust in Yanqius pechglattem Haar, die andere um ihr Handgelenk mit der zerquetschten Gifttüte geschlo s sen. Yanqiu hielt still wie ein Hase in den Fängen des Tigers. Es waren die Chinesen, die in den Mondfl e cken einen Hasen sahen, den Gesellschafter von Chang ’ e, die zur ewigen Einsamkeit verdammt war, weil sie vom Kraut der Unsterblichkeit gekostet hatte. Und es war der Tiger der Guaranies, der Jaguar, der unter dem Rock der Mondfrau Yasi vor den Jägern Schutz suchte und der sie schließlich fraß und immer wieder fressen musste.
    »Hilfe!«
    Tamara sprang zum Rehydrator, riss Reinigungstüc h lein aus dem Behälter und begann mit giftängstlicher Umständlichkeit meine und Yanqius Hand zu säubern. Dann wischte sie Tisch und Boden sauber. Gail holte die Kiste mit den restlichen uns vergällten Spenden des am e rikanischen Herstellers, ging von Tisch zu Tisch und fe g te die angebrochenen Tüten in die Kiste und trug sie hi n ter die

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