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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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unnützer Wasserverbraucher.«
    »Und du, wie viel Spucke verbrauchst du beim Reden, Morten?«
    »Gentlemen!«, schnarrte Butcher.
    Morten lehnte sich zurück und dehnte Brust und Bauch.
    »Dann würde ich sagen: Mach dir ein paar schöne T a ge hier, fass nichts an, vor allem nicht unsere Frauen, und übermorgen geht ’ s zurück mit STS-213, und tschüss!«
    »Ich denke«, ließ sich Zippora vernehmen, »das hast du nicht zu entscheiden, Morten.«
    »Stimmen wir ab. Wer möchte, dass …«
    Ein paar Hände zuckten schon, ehe der Däne mit den Barthalbmonden in den Backenhalbmonden den Satz überhaupt zu Ende gesprochen hatte, darunter die der Ingenieure Krzysztof , Giovanni und Rhianna.
    »Morten!«, fuhr Butcher dazwischen. »Wir stimmen nicht ab.«
    »Ja, ja«, unterbrach ihn der Däne mit bösem Geläc h ter. »Befehlsstruktur und Kadavergehorsam. Aber wir Fo r scher werden nicht die Fehler der Sesselfurzer da u n ten ausbaden, und wenn diese Trottel uns einen Hermaphr o diten raufschicken.«
    »Cyborg!«, korrigierte ich. »Und vielleicht haben sich nicht die da unten geirrt, sondern ihr irrt euch, und ich bin doch zu was gut.«
    »Ja, sicher! Als Kaninchen des Doktors.« Der Däne grinste humorlos.
    »Der Sachverhalt wird aufgeklärt werden«, versprach Butcher. »Und jetzt darf ich Franco und Georg bitten, sich uns vorzustellen.«
    Was danach kam, war Tagesroutine. Oberst Pilinenko verlas die Planung des folgenden Tages, Außeneinsätze, Laborbelegung, Bohrerzeiten, Roverfahrten, Roboternu t zung. Außerdem ging es um einen neuen Versuch, Lun o chod 14 wieder flottzumachen, der im Aitken-Becken hängen geblieben war, beladen mit Gestein aus der Mondkruste.
    »Und wenn das nicht klappt«, sagte Bob, »dann mü s sen wir eben doch endlich eine bemannte Expedition lo s schicken.«
    Yanqiu verdrehte die Augen und flüsterte: »Sech s unddreißig Stunden! So viel Sauerstoff können wir nicht mitnehmen.«
    Auch Butcher wehrte ab. Ich sah die Ingenieure stumm seufzen.
    Danach erklärte Bob den Ablauf der Außeneinsätze. Morgen war der Inder Chaturvedi mit seinem Mondsp a ziergang dran.
    Giovanni Boccetto, der Mailänder, meldete sich und beklagte, dass er eine E-Mail bekommen habe, den A n hang aber nicht öffnen könne. Virenschutz hin oder her, es könne nicht angehen, dass die Sicherheitsmaßnahmen den wissenschaftlichen Austausch behinderten. Der Pole Krzysztof Skarga schloss sich der Beschwerde an. David Hirsch, der nicht nur die Stimme von Radio High Moon war, sondern vor allem der Systemadmin, ließ die gesa m te IT-Terminologie auf die beiden niederprasseln. Seine Rede gipfelte in der Aufforderung, sich Filme im Anhang vom Kontrollzentrum zertifizieren zu lassen.
    Ich hätte am liebsten den Kopf auf den Tisch gelegt und geschlafen. Aber in meinem Sehzentrum explodierte, sobald ich die Augen schloss, unheimlich stumm R i chards Leben.

21
     
    »Du, erstarrter Leichnam der Erde, flieg/ Und trag me i nen Leichnam auf deinem ewigen Weg mit.« Ni e mals, Afanassi Fet, 1879
     
    Warum hatte er mich wirklich im Zeppelin-Museum von Friedrichshafen eingefangen und nach Lindau en t führt? Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nicht einmal erns t haft geglaubt, dass Torsten Veith ermordet worden war. Ich hatte nur mein übliches Spiel gespielt, um R i chard ein bisschen zu ärgern, nachdem er mich Jockei und dem traurigen Ehepaar Maucher ausgesetzt und bei Schüssi mit Keplers Traum vom Mond gepunktet hatte. Er hätte wissen müssen, dachte ich, dass Spargel, P o wer Plates, Milliardengedöns und Heldengeschichten von Nepp und Schnäppchen meine niederen Instinkte wec k ten.
    Doch offenbar hatte weit mehr Sprengstoff in der S a che gesteckt, als Lischen Nerz sich das hatte träumen lassen. Sprengstoff, im wahrsten Sinn des Wortes.
    »Weißt du eigentlich, worum Torsten und Gunter in der sechsten Klasse gewettet haben?«, fragte ich ihn, als wir auf der Insel von Lindau die Maximilianstraße hinau f gingen.
    »Torsten Veith hat gewettet, dass er eines Tages die Mondgöttin heiraten würde, soviel ich weiß.«
    »Und Gunter?«
    »Dass er den Mond besitzt.«
    Wir schlenderten Slalom durch Straßencaf é s , Kleide r ständer, Werbetafeln und Touristen. Menschen mit elek t ro nischen Kameras lichteten die mittelalterlichen Giebel und das bemalte Rathaus ab.
    »Aber seine Mondgöttin, die hatte Torsten im Grunde ja gefunden«, bemerkte Richard nachdenklich.
    »Was?«
    »Die Mondstation ist nach Artemis benannt, der gri e

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