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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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chischen Mondgöttin.«
    »Ach so, ja. Und worum haben sie gewettet?«
    Richard zuckte mit den Schultern. »Worum wetten Buben in dem Alter?«
    »Das sollten wir Gunter fragen!«
    Richard blickte auf die Uhr. »Ich dachte sowieso, dass wir …«
    Ein Knall fuhr durch die Gassen. Glasscherben klir r ten. Jemand schrie. Cipión stellte beunruhigt die Ohren. Drei Menschen, die zügig losmarschierten, reichten, um auch Richard und mich und ein oder zwei Dutzend Schaulustige mitzuziehen. Auch das war ein Gesetz der Schwarmintelligenz.
    Ein Junge kam uns mit zwei Rucksäcken und Taschen entgegengerannt. Im Eckhaus Max Weindl war in der Seitengasse das Schaufenster zertrümmert. Handtaschen, Portemo n naies und Rucksäcke hatte es bis zur Hausecke vorg e schleudert.
    »Ein Arzt!«, rief jemand.
    Die Menge schubste Richard und mich nach vorn. In den Scherben hing ein Mann, mit dem Kopf drinnen und dem Körper draußen, erschlafft wie eine abgelegte Mari o nette. Er war schmächtig, trug ein kleinkariertes Sakko und schiefgelatschte Schuhe, welche die Verachtung i h res Trägers für Mode verrieten. Blut rann die grüne Hau s wand hinunter und verteilte sich in den Ritzen des Kop f steinpflasters.
    Richard wandte sich hastig ab und boxte sich aus den Gaffern hinaus. Zwei Männer hoben den Leblosen aus dem Schaufenster und legten ihn aufs Kopfsteinpflaster. Ein mutmaßlicher Arzt beugte sich über ihn.
    »Urplötzlich hot ’ s ’ n Schlag do!«, hörte ich es unter den Leuten brodeln. »Und na isch er scho drin ghängt. I hens it richtig gsähe. I moin, da isch einer wegsaut. Da nonder.«
    Ich zog Cipión mit und drängelte mich durch den Pulk raus in das Sträßchen mit dem Namen Salzgasse. An e i nem Gulli war das Pflaster für Baumaßnahmen aufgeri s sen, Sand und Pflastersteine häufelten. Ein Nightclub Monte Christo warb herausfordernd gegenüber einer Casabla n ca Bar. Daneben wölbte sich der Eingang einer Goldschmi e de mit einem offenen Flur. Das Treppenhaus war eng wie ein Schlot, zudem nur ein halbes Rund, in das sich hal b rund die Treppen schmiegten.
    »Such, Cipión , such!«
    Der Dackel schnüffelte sich vom Treppenhaus zur Glastür weiter, hinter der ein Hinterhof café mit leeren Stühlen und Tischen dämmerte. Unversehens standen Cipión und ich wieder draußen im begrünten Schacht von Hinterhäusern. Ein übermannshohes Blechtor mit Spießen versperrte den Ausgang in die mittelalterlich schmale Gasse. Ich hätte es zur Not überklettern können, aber nicht mit Cipión auf dem Arm. Und ob die Schmier- und Wischspuren am Blechtor von heute waren, war auch zweifelhaft. Cipión fand sie nicht interessant.
    Wohin wäre ich geflüchtet, wenn ich ein Schaufenster mit einem Pflasterstein eingeworfen und jemanden in die Scherben gestoßen hätte? Vielleicht hier herein, weil erst mal runter von der Gasse. Aber dann hätte ich mich b e sonnen und hätte mich … ja, natürlich, unbedingt … u n ter die Gaffer gemischt. Allein schon, um zu sehen, was ich angerichtet hatte. Ich trat wieder in die Gasse, hob mein Handy über den Kopf und knipste über die Menge hin, die sich zwischen Nightclub Monte Christo und Max Weindl um die Bemühungen des Arztes drängte. Ein Martinshorn näherte sich von fern. Ich verzichtete darauf, mich durch den Pulk auf die Maximilianstraße zurückz u boxen und eilte die Salzgasse hinunter. Da konnte ich auch gleich schnell nach links schauen und von der and e ren Seite einen Blick in die mittelalterlich schmale Sac k gasse mit dem Blechtor werfen. Cipións olfaktorische Langeweile war offenkundig, obgleich aus dem Resta u rant des Hotels Ratsstuben ein betörender Duft nach Br a tensoße herüberstrich. Ich gelangte hintenherum über den Rathausplatz, auf dem mir Dutzende Kameraaugen en t gegenstarrten, die aber das Rathaus und das Glockenspiel meinten, zurück auf die Maximilianstraße. Ein Kranke n wagen scheuchte Touristen beiseite und rollte zwischen Café s und Straßenmöblierung hinauf. Ein Streifenwagen folgte.
    Richard stand an einem Kübelgebüsch und hielt sich an einer Zigarette fest. Cipión wedelte sich den Hintern ab, als er ihn erschnüffelte. Der gar nicht hartgesottene Staatsanwalt bückte sich und streichelte den Hund, dan k bar für Schlappohren und Leben, wenn in Sichtweite ein Leben zu Ende ging.
    »Die Leute sagen«, rapportierte ich, »es habe einen Schlag getan, dann sei Ardan auch schon dringehängt, und jemand sei weggelaufen, die Salzgasse hinunter.«
    »Ist

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