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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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selbe Frau handelte, war auch eher unwahrscheinlich. Keine Frau dieser textilen Preisklasse zog an zwei Tagen hintereinander dieselbe Hose und Jacke an.
    Die Handybilder hüpften plötzlich. Wir rollten wieder und hoppelten über die Schienen. So hatte das keinen Zweck. Ich musste mir die Bilder heute Abend in Ruhe auf meinem Laptop anschauen. Der befand sich in Bro n të s Kofferraum in Friedrichshafen.
    »Wo fahren wir eigentlich hin?«
    »Zu Jockei nach Ratzenried. Oder soll ich dich erst in Friedrichshafen abliefern?«
    »Nein, schon okay. Wieso bist du eigentlich mit di e sem Mond-Club-Jockel per Du?«
    »Auf Konferenzen trifft man immer dieselben Leute.«
    »Was sind das für Konferenzen?«
    »Wir arbeiten an einem zivil- und strafrechtlichen Weltraumgesetz.«
    »Und wer ist wir? Mann, Richard, lass dir doch nicht alles einzeln aus der Nase ziehen!«
    »Die Kölner Uni, die UNO, internationale Verfa s sungsrechtler, amerikanische Richter und einige Staat s anwälte. Ich kümmere mich ein bisschen ums Urhebe r recht.«
    »Deshalb warst du so wild darauf, Ardan bis vor den EuGH zu zerren.«
    »Jockei hat ein großes Interesse daran, dass es bald verlässliche Regelungen gibt.«
    Ich richtete mich auf. »Hör ich richtig? Du arbeitest für die Mondausbeuter?«
    »Nein, Lisa. Und der Mond-Club gewinnt auch nichts dabei. Er organisiert nur die Gelder aus der Wirtschaft für konkrete Projekte. Jockei fürchtet zu Recht, dass langfristig die Geldgeber ausbleiben, wenn das Risiko nicht minimiert wird. Kein Unternehmer kann auf Dauer in Forschung investieren, ohne die Ergebnisse selbst nu t zen zu können. Ein Unternehmer muss Gewinn machen. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet.«
    Richard griff sich ins Jackett und zog die Zigarette n schachtel einer gelben Marke heraus. Sein Finger tastete nach einem Stängel, vergeblich. Das gelbe Päckchen ze r knackte in seiner Faust.
    »Und wo liegt Ratzenried?«, erkundigte ich mich zahm wie eine Ehefrau.
    »Ein paar Kilometer hinter Wangen.«
    »Dann könnten wir doch noch schnell bei Torsten Veiths Witwe vorbeifahren. Ich will sie noch was fr a gen.«
    »Ich auch«, antwortete Richard zu meiner Überr a schung.
    Die Landstraße führte hinauf in die grünen Gefilde des Schwäbischen Allgäus. Zwanzig Kilometer bis Wangen, stand auf einem Schild. Auf den Weiden käuten Kühe wieder, dunkle Wäldchen krönten hier und dort die Ku p pen, Höfe duckten sich in Senken. Ein Hofverkauf, eine Sägerei, der Turm einer weggebrochenen Burg rutschten an uns vorbei.
    Ich versuchte, Susanne auf ihrem Handy anzurufen. Aber sie ging nicht ran. Auch nicht an ihren Festnetza n schluss.
    Richard schlug Zigarettenkaufen in der Stadt vor. »Wangen lohnt immer einen Besuch. Es hat kluge Bü r germeister gehabt. Deshalb sehen die Gebäude innerhalb der Stadtmauern immer noch so aus wie auf der mittela l terlichen Stadtkarte gemalt, die im Ratssaal hängt, von der barocken Rathausfassade mal abgesehen. Ein Bü r germeister hat alte Ständeschilder aufgekauft, die hängen jetzt überall und viele Fassaden sind bemalt, und es gibt witzige moderne Brunnen überall. Mit reinstem Trin k wasser.«
    »Also ein touristisches Kleinod!«, spöttelte ich bana u sig.
    Richard stellte den Wagen auf einem großen Parkplatz am Milchpilz ab, einem rothütigen Kiosk zwischen Sch u len und Sporthallen.
    »Wunderhübsch!«, höhnte ich.
    »Abwarten!«
    Kopfsteinpflaster nahm uns auf. Der Saumarkt unte r halb des Chors von Sankt Martin wurde von einer Sau mit Ferkeln aus Bronze und dem heiligen Antonius b e wacht, dem Großen Antonius, dem Sau- oder Fackentoni, der die Bauern vor Seuchen schützte. Der Rücken der Muttersau war von Kindern blankgeritten.
    Um die Martinskirche herum war Töpfermarkt.
    »Ah richtig!«, fiel mir ein. »Susanne wollte ja zum Töpfermarkt. Vielleicht treffen wir sie hier.«
    Darauf schien Richard momentan keinen Wert zu l e gen. Zielsicher fand er den Zigarettenladen im Ratsloch, e i nem Turmdurchgang zwischen Rathaus und Messne r haus. Aber er hatte geschlossen. Was hatte er erwartet, es war Samstagnachmittag. Am Bordstein unter der Arkade klebte ein bronzener Frauenschuh im Pflaster, dazu die Inschrift: »In Wangen bleibt man hangen.«
    »Die Wangemer send scho saumäßig eigebildet uff ihr Stadt«, sagte eine Frau zur anderen, immerhin mit dem örtlichen Zungenschlag, der aus dem Wangener einen Wangemer machte.
    Richard schmunzelte.
    Die Frau lachte. »Sie sind kein Wangemer, hoffen t

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