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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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steckten und sich vollzogen, stieß ich mit Mo r ten Jörgensson zusammen. Vielleicht lag es am bedächt i gen Reiherschritt der Mondbewohner, dass er besonders g e drungen und bucklig wirkte.
    »Tschuldigung, diese Enge!«
    »Was hast du mit Yanqiu gemacht?«, fragte er. »Sie ist blick- und seelenlos an mir vorbeigerannt.«
    »Muss man sich Sorgen um sie machen?«
    Morten trat an mich heran und senkte die Stimme. »Worüber redet ihr Ladys eigentlich, wenn ihr schon den ganzen Tag tratscht und kichert? Hat Gail dir nicht e r zählt, dass unser feiner Torsten … nun ja, dass er hinter ihr her war?«
    »Tatsächlich?« Ich dachte an Yanqius Berührungsa b wehr.
    »Es stand Wort gegen Wort. Yanqiu hat die Klage auch nicht geführt, aber Gail dafür umso lauter.«
    »Was für eine Klage? Du meinst …«
    »Man konnte es ihm nicht nachweisen.«
    »Wann soll das gewesen sein?«
    »Ach Gott! Hier oben haben die Tage nur Stunden, aber keine Nächte, weder Vollmond noch Neumond und kein Wetter, an das man sich erinnern könnte, vor der Sturmflut, nach dem ersten Schnee. Es muss zwei oder drei Monate her sein. Die RFID-Uhren sprachen alle r dings dagegen.«
    »Diese Uhren kann man den Hasen geben.«
    »Ja, aber beweisen muss man so was trotzdem. Und Gail hat sich so aufgemantelt, dass am Ende der Ei n druck entstand, sie hätte eine persönliche Rechnung mit Torsten.«
    »Was für eine?«
    Mortens Mondbart verzerrte sich rund um ein schiefes Lächeln. »Vielleicht, hat er sie nicht … also nicht attra k tiv gefunden. Falls du verstehst, was ich meine. Du als …« , er zog abschätzig die Brauen hoch, »… als …«
    »Cyborg.«
    »… kannst das vielleicht nicht nachempfinden. Ich meine, wir haben nur fünf Frauen hier oben, und Torsten verschmäht eine davon, Gail.« Morten lachte.
    »Ja, sogar auf dem Mond geschieht den Frauen U n recht! Da degradiert man zum Beispiel die Chinesinnen zu Putzhilfen. Yanqiu räumt die Spülmaschine ein und träumt davon, den Mondrover zu fahren.«
    »Ach ja? Tatsächlich?« Morten knetete sich die Hal b mondbacke.
    »Und sie traut sich nicht, es ihrer Bodenstation zu sa gen. Sie schämt sich, weil sie nicht die Mondgöttin Chang ’ e ist, als die ihre Landsleute sie sehen. Und nun soll sie auch noch Opfer einer Vergewaltigung sein? Das ist zu viel! Das wird sie nie zugeben!«
    Der Däne blinzelte, hatte aber ruck, zuck seine Übe r zeugungen wieder zurechtgeschüttelt. »Tja, ich muss dann … Ich bin im Rückstand.« Damit eilte er zu seinen Geschäftigkeiten fort.
    Warum hatte er mir das erzählt?
    »Sag mal, Morten …« Ich folgte ihm und geriet ins Gesumm und Gebrumm menschenloser Experimente, die das Modul fast vollständig zugewachsen hatten wie Tropfsteine eine Höhle. Hinter einem Versuchsschrank fand ich dann den Dänen an einem Tisch in einer Schu b ladenwand inmitten von Steinen wieder. Die meisten wa ren scharfkantig und grau, manche aber auch gehei m nisvoll bunt gepunktet und wie aus Sand zusammeng e backen.
    »Was denn noch?« Morten trug eine Uhrmacherbrille mit aufgesetzter Lupe und blinzelte wie aus fernen We l ten zu mir hoch. »Willst du mal was sehen?« Er langte in eine Schublade und reichte mir einen schwärzlichen Stein. »Siehst du das? Die kleine Kettenlinie?«
    Ich sah nur Knubbel und Schrunde. Stein eben. »Nein.«
    »So kannst du auch nichts sehen!« Er blickte mich schneckenhaft stieläugig an. »Hier habe ich eine Vergr ö ßerung.« Er ließ einen Bildschirm aufleuchten. »Und was siehst du? Da, die kleine Kette! Was glaubst du, was das ist? Schon mal was von Blaualgen gehört?«
    »Cyanobakterien«, fiel mir ein.
    »Na, ein bisschen was weißt du ja doch!«, grunzte die Schnecke etwas unwillig. »Und weißt du, was das für ein Stein ist?«
    »Ein Meteorit aus dem All?«
    Morten lachte. »Ja, das ist die unverwüstliche Seh n sucht nach dem Leben aus dem großen unbekannten Weltraum! Aber es ist viel einfacher und viel aufrege n der, Lady Cyborg. Das ist Originalmondstein. Und da der Mond aus der Erde geboren wurde, stammt diese Blaua l genkette von der Erde. Damit wäre der Beweis erbracht, dass es bereits vor viereinhalb Milliarden Jahren Leben auf unserem Planeten gab.«
    Der schwarze Stein fing an, mir in den Fingern zu brennen. Schnell weg damit. Ich warf ihn auf den Tisch.
    Morten lachte. »Keine Angst! Die Bakterien leben nicht mehr. Ihre Gene sind vollständig zerfallen. Was wir hier sehen, könnten die Magnetitkristalle aus den Au s scheidungen

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