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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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mit der Unterschrift auf der Gästekarte verglichen, die die angebliche Adele Vetlesen beim Einchecken im Gorilla Hotel ausfüllen musste.«
    »Er hat festgestellt, was selbst ich sehen kann«, sagte Kaja. »Die Unterschriften stammen nicht von derselben Person.«
    »Alright, alright«,
sagte Hagen. »Aber worauf wollt ihr hinaus?«
    »Dass jemand sich die Mühe gemacht hat, alles so zu inszenieren, als wäre Adele Vetlesen nach Afrika geflogen«, sagte Harry. »Ich vermute, dass Adele sich in Norwegen befand, als sie gezwungen wurde, diese Karte zu schreiben, die dann von einer anderen Person nach Afrika mitgenommen und dort auf einem Postamt aufgegeben wurde. Alles nur, damit es so aussieht, als wäre Adele tatsächlich dort gewesen und hätte nach Hause geschrieben, dass sie ihren Traummann getroffen habe und nicht vor März zurückkommen würde.«
    »Irgendeine Idee, wer der Strohmann sein könnte?«
    »Ja.«
    »Ja?«
    »Bei der Einwanderungsbehörde am Flugplatz von Kigali haben sie eine Karte gefunden, die auf eine Juliana Verni ausgestellt war. Laut unserer völlig verrückten Freundin Katrine aus Bergen taucht dieser Name an diesem Tag aber weder auf der Passagierliste irgendeiner Fluggesellschaft nach Ruanda auf noch in irgendeinem Hotel mit moderner, elektronischer Buchungsausrüstung. Aber drei Tage später steht diese Juliana Verni auf der Passagierliste von Rwandair in Kigali.«
    »Möchte ich wissen, wie ihr an diese Information gekommen seid?«
    »Nein, Chef. Aber du möchtest gerne wissen, wer und wo Juliana Verni ist.«
    »Und?«
    Harry schaute auf die Uhr. »Den Angaben auf der Immigrationskarte zufolge wohnt sie in Leipzig, in Deutschland. Schon mal in Leipzig gewesen, Chef?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Aber ich weiß, dass dort Goethe und Bach und einer dieser Walzerkönige lebten. Wie hieß der noch gleich?«
    »Was hat das mit …«
    »Ja, und dann ist Leipzig noch für die Hauptarchive der STASI bekannt, dem Staatssicherheitsdienst. Die Stadt liegt nämlich in der ehemaligen DDR. Wusstest du, dass die Sprache der Ostdeutschen sich in den vierzig Jahren, die die DDR existierte, so weit verändert hat, dass ein empfindsames Ohr den Unterschied zu Westdeutsch hören kann?«
    »Harry …«
    »Sorry, Chef. Der Clou ist, dass in der gleichen Zeitspanne eine Frau mit ostdeutschem Akzent in der Stadt Görna im Kongo gewesen ist, nur drei Autostunden von Kigali entfernt. Wo sie das gekauft hat, was ich für die Mordwaffe halte, mit der Borgny Stem-Myrhe und Charlotte Lolles getötet wurden.«
    »Die Leipziger haben uns einen Ausdruck der Passkopie geschickt, die die Polizei einbehält, wenn ein neuer Pass ausgestellt wird«, sagte Kaja und reichte Hagen ein Blatt Papier.
    »Der stimmt mit van Boorsts Beschreibung der Käuferin überein«, sagte Harry. »Juliana Verni hat dicke, rostrote Locken.«
    »Ziegelrot«, sagte Kaja. »Wie bitte?«, sagte Hagen.
    Kaja tippte auf das Blatt. »Sie hat noch so einen alten Pass, in dem die Haarfarbe angegeben ist. Da steht Ziegelrot. Deutsche Gründlichkeit, weißt du.«
    »Ich habe die Kollegen in Leipzig gebeten, ihren Pass zu konfiszieren und zu überprüfen, ob der Stempel aus Kigali mit dem Datum übereinstimmt.«
    Gunnar Hagen starrte mit leerem Blick auf das Blatt und versuchte zu verdauen, was Kaja und Harry erzählt hatten. Schließlich sah er sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Willst du damit andeuten … willst du damit andeuten, dass du möglicherweise die Person gefunden hast, die …« Hagen schluckte und versuchte, seinen Satz irgendwie anders zu formulieren, indirekter, aus Angst, dieses Wunder, diese Fata Morgana könne verschwinden, wenn er sich zu eindeutig ausdrückte. Er gab den Versuch auf, »… unser Serienmörder ist?«
    »Ich sage nicht mehr, als ich sage«, sagte Harry. »Vorläufig. Der Kollege in Leipzig checkt im Augenblick die Personalien und das Strafregister, bald wissen wir also mehr über Fräulein Verni.«
    »Das sind ja phantastische Neuigkeiten«, sagte Hagen und strahlte erst Harry, dann Kaja an, die aufmunternd nickten.
    »Nicht …«, sagte Harry und trank einen Schluck Kaffee, »… für Adele Vetlesens Familie.«
    Hagens Lächeln erlosch. »Das ist wahr. Glaubt ihr, dass noch Hoffnung besteht …« Harry schüttelte den Kopf. »Sie ist tot, Chef.«
    »Aber …«
    In dem Augenblick klingelte das Telefon.
    Harry nahm den Hörer. »Ja. Günther!« Und wiederholte dann mit einem angestrengten Lächeln: »Ja, Harry

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