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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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und schon galoppieren sie in ihren Ziegenlederhosen wieder von der Bühne.
    Endlich kam eine Pause und die Süßigkeitentabletts machten die Runde. Wir ergriffen die Gelegenheit und sprangen über den Graben, um dem vom Volk gewählten Trottel, der unsere Bande eingesperrt hatte, die Stirn zu bieten. Er war ein anmaßender Drecksack. Manchmal verliere ich den Glauben an die Demokratie. Meistens sogar.
    Es blieb nicht viel Zeit zum Argumentieren; wir hörten Tamburine rasseln, während sich eine Flotte übergewichtiger Tänzerinnen bereit machte, auf die Bühne zu trippeln und in ihren durchsichtigen Kostümchen angenehm erregende Frivolitäten zum besten zu geben. Nachdem wir drei Minuten lang ununterbrochen auf ihn eingequatscht hatten, waren wir mit dem Magistrat keinen Schritt weitergekommen, und er winkte die Theaterwachen heran, um uns hinauszubefördern.
    Davos und ich verschwanden aus eigenen Stücken. Wir gingen direkt zum Gefängnis, wo wir den Aufseher mit der Hälfte unserer Einnahmen aus Skythopolis bestachen. Da wir Schwierigkeiten voraussahen, hatten wir bereits Anweisung gegeben, die Wagen und Kamele mit Hilfe meiner Freunde, der Kulissenschieber, zu beladen. Nach dem erfolgreichen Gefängnisausbruch verbrachten wir ein paar Minuten auf dem Forum und diskutierten laut über unsere Weiterfahrt in östlicher Richtung nach Capitolias. Dann trafen wir uns mit dem Rest der Truppe auf der Ausfallstraße und galoppierten nach Norden in Richtung Hippos.
    Wir machten nirgends Halt und verfluchten die Gadarer als taktlose und unfeine Schweine. Den Beweis dafür hatten sie schließlich angetreten.
    So viel zum Athen des Ostens!

XL
    Hippos: eine hippelige Stadt. Wenn auch nicht ganz so hippelig und nervös wie einige ihrer Besucher.
    Sie lag am östlichen Ufer des Sees von Tiberias auf einem Hügel – schöne Aussicht, aber als Standort nicht sehr klug gewählt. Man hatte die Stadt weit vom See entfernt gebaut, und es gab auch keinen Fluß in der Nähe, so daß es empfindlich an Trinkwasser mangelte. Auf der anderen Seite des Sees lag Tiberias, eine Stadt, die sehr viel bequemer direkt am Seeufer lag. Die Leute aus Hippos haßten die aus Tiberias mit leidenschaftlicher Inbrunst – eine wesentlich realere Sache als die aufgebauschte Fehde zwischen Pella und Skythopolis, von der wir kaum etwas hatten entdecken können.
    Hippos war mit seiner Wasserknappheit und dem Haß beschäftigt, was den Leuten eigentlich hätte wenig Zeit lassen sollen, Händlern und Kaufleuten ihr Geld abzunehmen oder dieses Geld für grandiose Bauvorhaben auszugeben. Mit der Zähigkeit dieser Region gelang ihnen jedoch beides. Von dem Tor, durch das wir die Stadt betraten (zu Fuß, wir hatten das Lager außerhalb aufgeschlagen, für den Fall, daß wir wieder fliehen mußten), führte eine gut ausgebaute Hauptstraße aus schwarzem Basalt an eleganten Kolonnaden vorbei über die ganze Länge der Hügelkuppe mit einer wundervollen Aussicht auf den See von Tiberias.
    Die Bevölkerung erschien uns gereizt und angespannt, weil wir selbst so nervös waren. Die Straßen waren voll dunkelhäutiger Gesichter, die auf eine Art unter ihren Kapuzen hervorstarrten, daß man sie lieber nicht nach dem Weg zum Marktplatz fragte. Die Frauen hatten den resignierten Ausdruck jener, die viele Stunden des Tages damit verbringen, Wasserkrüge zu füllen; dünne, gehetzte kleine Wesen mit sehnigen Armen, die diese gefüllten Krüge dann auch wieder nach Hause tragen mußten. Die Rolle der Männer bestand darin, rumzustehen und finster zu schauen; alle trugen Messer, sichtbar oder verborgen, und schienen bereit, sie jedem zwischen die Rippen zu rammen, der auch nur entfernt wie ein Bewohner Tiberias klang. Hippos war ein düsteres, introvertiertes Kaff voller Mißtrauen. Meiner Meinung nach der perfekte Ort, um Dichter und Philosophen hervorzubringen, da er ihnen das richtige Maß an zynischem Argwohn mitgab; natürlich gab es keine.
    In einer Stadt wie Hippos ist selbst der abgehärtetste Ermittler nervös, wenn er Fragen stellt. Trotzdem wäre es sinnlos gewesen, hierherzukommen, wenn ich meinen Auftrag nicht ausführte. Ich mußte die verschwundene Organistin finden, wappnete mich also und sprach verschiedene lederhäutige Gestalten an. Manche spuckten; nicht direkt nach mir, es sei denn, sie konnten wirklich schlecht zielen. Die meisten starrten mit ausdruckslosen Gesichtern in die Ferne, was in ihrer Sprache offenbar hieß: »Nein, es tut mir schrecklich

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