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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Galilei-Bild über seinem Spiegel.
    Er hob die Faust, im schwachen Kerzenlicht warf sie einen Schatten an die Wand. Die Erde in der Unendlichkeit des Raumes. Ein Punkt darauf war die Stadt Mumbai. Darauf wiederum ein Punkt war die Vishram Society. Und dieser Punkt gehörte ihm.
    Sein Arm begann zu zittern, aber er öffnete die Faust nicht.
    Plötzlich gingen die Lichter wieder an. Das Wasser strömte ins Becken. Er spülte die Ameisen die Toilette hinunter und wusch seine Hände, während er das magische Mantra flüsterte.
Mofa, Mofa.
    Mr Parekh hatte es wieder geschafft.

SIEBTES BUCH
DER LETZTE MANN IM TURM

2. SEPTEMBER
    Mehr als alles andere in dieser Stadt liebte Shanmugham die Fahrt über die Bandra-Brücke. Nachts, wenn das Wasser im Mahim Creek schwarz glänzte, man die beleuchteten Fenster des Lilavati Hospitals vor sich hatte und die eckigen Lichter der Slums unter einem die Dunkelheit durchlöcherten, war es, als glitte man durch eine Filmkulisse.
    Am späten Nachmittag sah er entfernt die verschwommenen blauen Pfeiler des halb fertigen Worli Sealinks im Wasser stehen wie eine Verbindung von dieser Welt in die andere. Schweiß lief unter seinem Helm herunter und brannte ihm in den Augen.
    Er träumte von Orangensaft auf Eis, der mit viel Zucker und rotem Masala bestreut war. Er hoffte, in der Nähe der Anwaltskanzlei auf einen Stand mit frisch gepressten Säften zu stoßen.
    Er stellte sein Rad am Bahnhof ab, nahm den Helm ab, schüttelte kräftig sein Haar und versprühte dabei Schweißtropfen wie ein Hund, der gerade ein Bad genommen hat.
    Zwischen den maroden Gebäuden rund um den Bahnhof suchte er die Anwaltskanzlei. Das Aufblitzen eines Rasiermessers in einem Friseurladen fiel ihm ins Auge. Berühmter Frisiersalon. Das war der Orientierungspunkt in der Nähe der Kanzlei.
    Er wartete auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Neben ihm stand ein Mann in einer Holzbude, rundherum Tomaten, Gurken und gekochte Kartoffeln in wassergefüllten Eimern. Er schnitt das Gemüse klein, während sich neben ihm auf dem Tisch Weißbrotscheiben stapelten, daneben stand eine Schüssel Butter. Eine Reihe Pappschilder hing an einem Faden von der Decke der kleinen Bude.
    NICHTS AUF PUMP
NICHT ÜBER DIE PREISE UNSERER KONKURRENZ DISKUTIEREN
NICHT NACH KOSTENLOSEN PLASTIKTÜTEN FRAGEN
NICHT NACH ZUSÄTZLICHER TOMATENSAUCE FRAGEN
NACH VERZEHR DER MAHLZEIT NICHT HERUMLUNGERN
    Neidisch betrachtete Shanmugham diese Verbote. Der Sandwichmann mochte ein armer Mann sein, aber er konnte seine eigenen Gesetze machen.
    Aber ich, ich muss tun, was der Boss sagt,
dachte er.
Er wirft das Stöckchen und ich muss es holen.
    Er fragte sich, ob er sich schnell ein getoastetes Sandwich holen sollte.
    Ein alter Mann mit einem Regenschirm, der das linke Bein leicht nachzog, ging am berühmten Salon vorbei und betrat das Nachbarhaus. Shanmugham vergaß das Sandwich.
    Durch eine milchige Lünette fiel graues Licht in das Treppenhaus des Loyola Trust Building; draußen schlug eine Taube mit den Flügeln gegen das Glas. Auf dem Weg in das Büro seines Anwalts blieb Masterji stehen, um den Schmerz aus seinem linken Bein zu schütteln. Er betrachtete die flatternde Silhouette des Vogels. Er fragte sich, wo der Monsun geblieben war.
    Er zog ein Taschentuch hervor, tupfte sich den Schnurrbart ab, der klitschnass war, und steckte das feuchte Tuch wieder in die Tasche.
    Der anämische Ganesh saß in seiner dämmrigen Nische auf dem Treppenabsatz. Der Geruch der kleinen brennenden Votivlampe mischte sich mit dem von Fleischcurry. Die vier in Kaki gekleideten Wachmänner spielten unter der Ganesh-Figur wieder Karten. Ihre
chappals,
Schuhe und Socken schlummerten auf einem Haufen vor der Wand.
    Innerhalb der Milchstraße dieser Stadt war hin und wieder einautonomes Sonnensystem zu erkennen wie diese Männer, die sich beinahe schweigend auf dem dämmrigen Treppenabsatz ihrem Kartenspiel widmeten, es nur für das Mittagessen unterbrachen oder um den Docht der Öllampe zu ersetzen. Reich würden sie nie werden, aber sie hatten diesen immerwährenden Karten-und-Kameradschaftsnachmittag. Masterji umging die Hände und Füße der Wachmänner, die wie ein weiteres auf dem Boden liegendes Kartenspiel aussahen, und fragte sich, ob sie ebenfalls ein Streitvermeidungsbuch hatten.
    PAREKH UND SÖHNE
ANWÄLTE
«BISSIGER ADVOKAT MIT HERZ UND GEWISSEN»
    Im Anwaltsbüro ging es diesmal um einiges höflicher zu. Der Bote mit dem roten Bleistift hinter dem Ohr lächelte

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