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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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ins
Palace
«, erklärte man ihr stolz. »Und die Damen übertrumpfen sich an Eleganz.«
    »Früher waren wir für unsere Nachmittagstees berühmt«, sagte eine ältere Bedienstete. »Sie verliefen in so gepflegter Atmosphäre, aber die Zeiten sind nun vorbei. Die Herren mit dem großen Geld bleiben über die Mittagszeit hinaus bei Tisch. Das Gold ist an allem schuld. Entweder kommen sie gerade von den Goldfeldern, oder sie haben durch die großen Firmen damit zu tun.« Sie wurden von der Hausdame unterbrochen, die sich als Miss Devane vorstellte, eine selbstsichere, stilvoll gekleidete grauhaarige Frau, die so gar nicht Thoras Vorstellung von einer Hausdame entsprach.
    Miss Devane war von dem seltsamen Arrangement hinsichtlich dieser Suite wenig angetan.
    »Dürfte ich fragen, wer Zimmer 26 bewohnt? Sie, Madam, oder Mr. Tanner?«
    »Ich.«
    »Warum sind dann seine persönlichen Sachen noch hier?«
    Thora wusste, dass sie sich von dieser Frau auf keinen Fall einschüchtern lassen durfte, und beschloss, ganz ruhig zu bleiben. Obwohl die autoritäre Art von Miss Devane, die letztlich doch nur eine Hotelangestellte war, sie abstieß, antwortete sie mit beinahe übertriebener Höflichkeit.
    »Oh, Miss Devane, ich bin ja so froh, Sie zu sehen. Ich befinde mich in einer schrecklichen Lage. Und dann muss ich mich auch noch um mein Kind kümmern.«
    »Ja, ich hörte bereits, dass Sie ein Kind bei sich haben«, antwortete die Hotelangestellte knapp, und Thora begriff, dass hinter ihrer ablehnenden Haltung mehr stecken musste.
    »Oh«, sagte sie verblüfft, »du lieber Himmel, Sie haben doch wohl nicht gedacht, dass wir dieses Zimmer gemeinsam bewohnen?«
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll.«
    »Aber nicht doch! Ich bin gestern Abend nach einer langen Zugfahrt hier angekommen und hatte mich auf ein schönes Zimmer im
Palace
gefreut, erfuhr aber, dass keines mehr frei war. Ich war völlig erschöpft. In dieser Situation kam mir freundlicherweise Mr. Tanner zu Hilfe und gestattete mir die Benutzung seiner Räume. Er selbst hat eine andere Unterkunft bezogen.«
    »Sie sind mit dem Zug gekommen? Von wo?«
    »Aus Northam.«
    »Ich verstehe. Von den Goldfeldern?«
    Thora war schockiert und zornig. Offensichtlich warf diese Person sie mit jenen Frauen in einen Topf, die sie im Zug hatte ertragen müssen. Wie konnte sie es wagen? Dennoch bewahrte Thora die Ruhe, da sie fest entschlossen war, in diesem Hotel zu bleiben.
    »Von den Goldfeldern? Welch eine furchtbare Vorstellung! Meinem Ehemann und mir gehört die Lancoorie-Schaffarm in der Nähe von York. Es ist bedauerlich, dass Leuten vom Land in Perth offensichtlich keinerlei Respekt mehr entgegengebracht wird. Stattdessen zwänge ich mich in eine Eingangshalle, in der es zugeht wie auf einer Viehauktion. Vermutlich ist es meine Schuld. Mein Ehemann ist furchtbar beschäftigt – ich bin vorausgefahren und wollte im
Palace
absteigen. Wir möchten noch ein weiteres Haus in Perth erwerben, doch das nur nebenbei. Nun habe ich alles verdorben. Ich höre ihn schon … ›Das habe ich dir doch gleich gesagt.‹ Aber ich habe es zumindest versucht. Frauen sollten die Dinge selbst in die Hand nehmen, nicht wahr?«
    Miss Devanes Miene entspannte sich. »Sie stammen aus York? Mein Vater war dort einmal Bürgermeister.«
    »Mir kam der Name gleich bekannt vor«, log Thora.
    »Das war lange vor Ihrer Zeit, Mrs. Price.«
    »Vielleicht kann sich Dr. Carty, mein Vater, noch an ihn erinnern.«
    »Du lieber Himmel, Dr. Carty! Wie könnte ich ihn vergessen? Er hat meinen lieben Vater behandelt, und Ihre Mutter war immer sehr freundlich zu mir. Sie hatte damals ein kleines Baby …«
    »Das muss ich gewesen sein, ich bin die Älteste«, antwortete Thora eifrig. »Wie klein doch die Welt ist.«
    »Ich war Halbwaise. Als auch mein Vater starb, bin ich nach Perth gegangen, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Männer, die wie er ihr ganzes Leben dem öffentlichen Wohl widmen, hinterlassen ihren Familien meist nur wenig.« Sie winkte ab. »Aber im Westen war die Welt früher wirklich klein. Damals kannte jeder jeden, doch seit dem Goldrausch werden die Fremden hier zu einer Landplage. Woche für Woche treffen sie zu Tausenden hier ein und ziehen auf die Goldfelder. Und dann kommen sie mit den Taschen voller Geld zurück – man traut sich kaum zu sagen, in welchem Zustand.«
    Von diesem Tag an war das
Palace Hotel
für Thora der Himmel auf Erden. Miss Devane sorgte dafür, dass sie die

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