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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie unversehrt war.
    „Mir ist nichts passiert", flüsterte sie schwach. Jesse öffnete den Olmantel und bot ihr, die vor Erschöpfung schwankte, Schutz und Wärme. Aber das hatte gewiss nichts zu bedeuten.
    „Ach, Mary, Mary", raunte er heiser. „Was soll ich nur mit Ihnen tun?"
    Klein und hilflos wie ein Kind saß Mary im Nachthemd vor dem Feuer, eine Wolldecke um die Schultern gelegt, die nackten Füße in einer Schüssel mit dampfend heißem Wasser. Das rote Haar hing ihr in nassen Strähnen über die Schultern. Sie schlotterte am ganzen Körper.
    Jesse betrachtete sie ratlos. Kaum zu glauben, dass dieses zerbrechliche Geschöpf sein ganzes Leben umkrempelte.
    Als sie aus dem Haus gestürmt war, hatte er gehofft, zu seinem gewohnten Leben zurückkehren zu können. Stattdessen hatten ihn Bilder von Mary verfolgt, die einsam durch den Wald irrte. Der einsetzende Sturm hatte ihn in die Nacht hinausgetrieben, um sie zu suchen.
    Wenn er sie verlor, würden seine Gewissensbisse ihn umbringen. Nun aber, da sie unversehrt an seinem Feuer saß, wusste er, dass er nicht mit ihr leben konnte.
    Sie trank einen Schluck heißen Tee und stellte den Becher zitternd ab. Dann nahm sie die Bürste zur Hand und versuchte, sie durch das wirre Haar zu ziehen, konnte aber vor Erschöpfung den Arm kaum heben.
    Ihr Versuch, sich zu frisieren, war eine typisch weibliche Geste, die ihn seltsam berührte. Es war ihr wichtig, ordentlich auszusehen, obwohl niemand da war, der sich an ihrem zerzausten Haar gestört hätte.
    Er wusste nicht, wieso er ihr die Bürste aus der Hand nahm. Vielleicht waren es ihre müde blickenden, großen Augen, vielleicht auch ihre bleichen Wangen oder ihre rührende weibliche Eitelkeit.
    Sie wich zurück und sah ihn fragend an.
    „Halten Sie still", sagte er leise.
    Er dürfte es nicht tun, das war ihm klar. Das Haar einer Frau zu frisieren war ähnlich intim und zärtlich wie eine Umarmung. Er empfand eine verbotene Vertrautheit, als er die schwere, nasse Haarfülle hob, ihren Duft nach Regen und Weiblichkeit einatmete, das Haar mit den Fingern teilte und zu bürsten begann.
    Sie lehnte sich seufzend zurück und hob das Gesicht ins Licht, die Augen fielen ihr zu, und der Zug der Erschöpfung um ihren Mund löste sich.
    Verstohlen folgte Jesse mit dem Blick dem Schwung ihres schlanken Halses bis in den Schatten ihres Ausschnittes. Eine winzige Bewegung würde genügen, um ihre zarte Haut zu streicheln und ihre Brüste zu liebkosen ...
    Mühsam bezwang er sein Verlangen. Er sollte sich beeilen, sollte möglichst schnell die Finger von ihr lassen. Stattdessen kostete er die süße Folter aus. Und wartete. Wartete darauf, dass sie endlich sprechen würde. Seit er sie im Wald aufgelesen hatte, war sie ungewöhnlich einsilbig, hatte kaum ein Wort gesprochen.
    Er bürstete ihr Haar, bis es trocken war und in den Rottönen des Herbstes schimmerte. Bis er halb wahnsinnig vor Verlangen nach ihr war. Endlich legte er die Bürste beiseite, trat einen Schritt zurück, versunken in Marys Anblick wie ein Künstler, der sein Werk bewunderte. Schließlich kauerte er sich vor sie hin, und sein Gesicht war mit dem ihren in gleicher Höhe. Unschlüssig, was er mit seinen Händen tun sollte, legte er sie schließlich auf die ihren, die sie im Schoß gefaltet hatte.
    Er zögerte wie ein Klippenspringer in der Dunkelheit, unschlüssig, ob er den Sprung wagen durfte. Schweigen war alles, was er sich von Mary gewünscht hatte, Stille und Frieden. Doch nun beunruhigte ihn ihr beharrliches Schweigen. Sie sah ihn mit großen Augen gequält an, ihre Lippen blieben verschlossen, aber ihr Blick sagte alles.
    „Mary." Seine Stimme klang heiser. „Ich hätte Sie nicht gehen lassen dürfen."
    „Und warum nicht?" fragte sie trotzig. „Sie wollten mich doch von Anfang an nicht hier haben."
    Er zwang sich, ihrem Blick zu begegnen, und wünschte, blind zu sein für ihre Schönheit. „Ich lebe gern allein. Das habe ich Ihnen von Anfang an deutlich gemacht. Es ist kein Platz in meinem Leben für einen anderen Menschen."
    „Und warum haben Sie mich zurückgeholt?"
    „Ich wollte nicht, dass Ihnen etwas zustößt."
    Sie senkte den Blick auf seine Hände, die über den ihren lagen. „Es war nicht richtig, mich Ihnen aufzudrängen. Ich gehe, sobald ich mich erholt habe."
    Ein Frösteln durchlief ihn. Er wollte, dass sie blieb. Wieso jetzt plötzlich? fragte er sich verwirrt. Er versuchte sich davon zu befreien, doch es war zu spät. Der Gedanke

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