Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
mein Schiff festgesetzt«, sagte Holden voller Empörung.
Im Hotelrestaurant herrschte ein reges Treiben. An dem billigen, von rosafarbenen Lampen angestrahlten Buffet mischten sich die Prostituierten der letzten Schicht unter die Touristen und Geschäftsleute der nächsten Schicht. Der Pilot und der große Kerl – Alex und Amos – hatten ein Auge auf das letzte Bagel geworfen. Naomi saß mit verschränkten Armen neben Holden, ihr mieser Kaffee wurde kalt.
»Wir haben ein paar Leute umgebracht«, erinnerte Miller ihn sanft.
»Ich dachte, Sie könnten uns mit Ihrem geheimen Polizistenhändedruck aus jedem Ärger heraushalten«, schimpfte Holden. »Warum ist mein Schiff festgesetzt?«
»Erinnern Sie sich noch, dass Sematimba sagte, wir sollten die Station nicht verlassen, ohne ihm Bescheid zu geben?«, fragte Miller.
»Ich erinnere mich, dass Sie mit ihm eine Abmachung getroffen haben«, erwiderte Holden. »Aber nicht, dass ich zugestimmt habe.«
»Passen Sie auf, er wird uns hier festhalten, bis er sicher ist, dass er nicht gefeuert wird, wenn er uns gehen lässt. Sobald er weiß, dass ihm nichts passieren kann, wird die Sperre aufgehoben. Lassen Sie uns lieber darüber reden, dass ich eine Koje auf Ihrem Schiff mieten will.«
Jim Holden und seine XO wechselten einen raschen Blick. Es war ein stummer, blitzschneller Gedankenaustausch, der mehr sagte, als man mit Worten ausdrücken konnte. Miller kannte die beiden nicht gut genug, um alles zu entschlüsseln, konnte aber erkennen, dass sie skeptisch waren.
Dazu hatten sie auch jeden Grund. Miller hatte vor dem Anruf sein Konto überprüft. Ihm blieb gerade noch genug für eine weitere Nacht im Hotel oder für ein gutes Essen, aber nicht für beides. Jetzt gab er einen Teil davon für ein billiges Frühstück aus, das Holden und seine Crew nicht einmal brauchten und wahrscheinlich auch nicht genießen würden. Er musste sich beliebt machen.
»Ich möchte jetzt ganz sichergehen, dass ich Sie richtig verstehe«, antwortete Holden, während der Große – Amos – zurückkehrte und sich mit dem eroberten Bagel neben ihn setzte. »Wollen Sie mir sagen, dass Ihr Freund uns hier festhält, wenn ich Sie nicht auf mein Schiff lasse? Das wäre Erpressung.«
»Nötigung«, sagte Amos.
»Was?«, antwortete Holden.
»Es ist keine Erpressung«, erklärte Naomi. »Bei einer Erpressung droht man, vertrauliche Informationen preiszugeben. Dies hier ist nur eine Drohung, also Nötigung.«
»So meine ich das aber nicht«, widersprach Miller. »Sie können sich frei auf der Station bewegen, solange die Ermittlungen noch laufen, so weit ist das kein Problem. Den Zuständigkeitsbereich verlassen, das ist eine ganz andere Sache. Ich kann Sie hier nicht festhalten, und ich kann Sie hier nicht befreien. Ich suche nur eine Mitfahrgelegenheit, wenn Sie aufbrechen.«
»Warum?«, fragte Holden.
»Weil Sie zu Julies Asteroiden fliegen«, erklärte Miller.
»Ich möchte wetten, dass es dort keinen Raumhafen gibt«, antwortete Holden. »Wollen Sie danach sonst noch irgendwohin?«
»Mir gehen so langsam die Ideen aus, und in der letzten Zeit hatte ich sowieso keinen Einfall, der irgendetwas gebracht hätte.«
»Schon klar«, schaltete sich Amos ein. »Uns hat man auch auf achtzehn verschiedene Arten und Weisen angeschmiert, seit wir hier drinstecken.«
Holden faltete die Hände auf dem Tisch, ein Mittelfinger tippte einen komplizierten Rhythmus auf den anderen Handrücken. Es war kein gutes Zeichen.
»Sie scheinen … Sie kommen mir vor wie ein verbitterter alter Mann. Allerdings habe ich die letzten fünf Jahre auf einem Wassertransporter gearbeitet, und das bedeutet, dass Sie eigentlich auf das Schiff passen würden.«
»Aber«, sagte Miller, weil ihm klar war, dass noch etwas kommen würde.
»Aber auf uns wurde in der letzten Zeit öfter geschossen, und die Maschinenpistolen, die wir gestern gesehen haben, waren noch die ungefährlichsten Dinge, die uns begegnet sind«, erklärte Holden. »Ich lasse niemanden auf mein Schiff, dem ich nicht mein Leben anvertrauen würde, und Sie kenne ich im Grunde nicht.«
Millers Zuversicht sank ins Bodenlose. »Ich kann das Geld besorgen. Wenn es nur um das Geld geht, das kriege ich hin.«
»Es geht nicht darum, einen höheren Preis auszuhandeln«, erwiderte Holden.
»Das Geld besorgen?« Naomi kniff die Augen zusammen. »Das klingt, als hätten Sie es noch gar nicht.«
»Ich bin gerade etwas knapp bei Kasse«, gab Miller zu.
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