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Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Titel: Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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vor, dass der Junge jemanden getötet hatte, wahrscheinlich auf Thoth, und jetzt Gewissensbisse bekam. Doch statt die Geschichte zu erzählen, nahm der Bursche Millers Terminal, gab ein paar Codes ein und reichte Miller das Gerät. Ein großes Menü mit vielen Kanälen war erschienen – Video, Audio, Druck und Zusammensetzung der Luft, Strahlung. Miller brauchte eine halbe Sekunde, um zu verstehen, was er sah. Sie hatten die Verschlüsselung der Daten von Eros geknackt.
    Er sah dem Protomolekül bei der Arbeit zu. Er sah Juliette Maos Körper in vielfacher Vergrößerung. Einen Moment lang stellte er sich vor, sie stünde neben ihm.
    »Wenn Sie sich jemals gefragt haben, ob es richtig war, den Kerl zu erschießen«, sagte der Bursche, »dann sehen Sie sich das an.«
    Miller entschied sich für einen Feed. Er betrachtete einen langen Korridor, der breit genug für zwanzig Menschen war. Der Boden war feucht und wellte sich wie das Wasser in einem Kanal. Etwas Kleines rollte unbeholfen durch den Matsch. Als Miller näher heranzoomte, erkannte er, dass es ein menschlicher Torso war – ein Brustkorb, die Wirbelsäule, dahinter schleppte es offenbar Gedärm mit. Auf einem Armstummel schob es sich weiter. Einen Kopf gab es nicht. Die Anzeige verriet ihm, dass dieser Feed auch den Ton übertrug. Miller schaltete ihn ein. Das hohe, sinnlose Winseln erinnerte ihn an geistig kranke Kinder, die mit sich selbst sangen.
    »So sieht es überall aus«, erklärte der Junge. »Auf der ganzen Station kriechen … solche Dinger herum.«
    »Was tun sie?«
    »Sie bauen etwas auf.« Der Bursche schauderte. »Ich dachte, das müssten gerade Sie erkennen.«
    »Wirklich?« Miller konzentrierte sich auf den Bildschirm. »Was habe ich Ihnen eigentlich getan?«
    Der Bursche lachte.
    »Alle halten Sie für einen Helden, weil Sie den Kerl getötet haben«, sagte der Bursche. »Alle denken, wir sollten die Gefangenen, die wir von der Station mitgenommen haben, sofort durch die nächste Schleuse schicken.«
    Wahrscheinlich sollten wir das tun, dachte Miller, wenn wir sie nicht wieder menschlich machen können. Er wechselte den Kanal. Es war die Casinoebene, auf der er mit Holden gewesen war, oder jedenfalls ein sehr ähnlicher Bereich. Dort war ein Gitterwerk gewachsen, das an Knochen erinnerte. Schwarze Würmer von einem Meter Länge krochen dazwischen hinauf und hinab. Dazu war ein leises Rauschen wie von leichter Brandung am Strand zu hören. Er schaltete um. Im Raumhafen waren die Schotts geschlossen und von langen, schneckenförmigen Strukturen überwuchert, die sich zu verlagern schienen, während er sie beobachtete.
    »Alle halten Sie für einen Helden«, wiederholte der Bursche, und dieses Mal war Miller ein wenig betroffen. Er schüttelte den Kopf.
    »Nein«, antwortete er. »Ich bin nur ein Kerl, der mal ein Cop war.«
    Warum war es weniger beängstigend, in ein Feuergefecht zu ziehen und eine feindliche Station voller Menschen und automatischer Systeme anzugreifen, die einen töten wollten, als mit den Leuten zu reden, mit denen man seit Wochen zusammen war?
    Trotzdem.
    Es war die dritte Schicht, und die Bar auf der Beobachtungsplattform war auf eine intime nächtliche Atmosphäre eingestellt. Die Luft roch nach irgendetwas Rauchigem, das kein Rauch war. Ein Klavier und ein Kontrabass duellierten sich träge, während ein Mann etwas auf Arabisch vortrug. Gedämpftes Licht glühte unter den Tischen, warf weiche Schatten über Gesichter und Körper und betonte die Beine, Bäuche und Brüste der Gäste. Die Werften vor dem Fenster waren so geschäftig wie immer. Wenn er genau hinsah, konnte er sogar die Rosinante erkennen, die sich noch von den Verletzungen erholte. Sie war nicht tot und würde sogar gestärkt aus der Tortur hervorgehen.
    Amos und Naomi saßen in einer Ecke an einem Tisch, Alex und Holden waren nirgends zu sehen. Das machte es einfacher. Nicht direkt leicht, aber etwas besser. Er ging zu ihnen. Naomi bemerkte ihn zuerst, und Miller entging nicht das Unbehagen in ihrer Miene, das sie rasch überspielte, sobald er vor ihr stand. Amos drehte sich um, weil auch er ihre Reaktion gesehen hatte. Seine Mundwinkel zuckten nicht, die Augen blickten weder böse noch erfreut. Miller kratzte sich am Arm, der gar nicht juckte.
    »Hallo«, sagte er. »Darf ich euch einen ausgeben?«
    Das Schweigen dauerte länger, als es hätte sein sollen, dann rang Naomi sich ein Lächeln ab.
    »Sicher. Aber nur einen. Wir haben … wir müssen noch

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