Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
zum Kapitän.«
»Ja, genau.« Amos log sogar noch ungeschickter als Naomi und gab sich keine große Mühe, es zu verbergen. »Diese … Sache. Das ist wichtig.«
Miller setzte sich, hob eine Hand, um den Kellner auf sich aufmerksam zu machen, und als der Mann nickte, stützte er die Ellbogen auf den Tisch. Es war die sitzende Version einer Kampfstellung, vorgebeugt und die Arme vor den empfindlichen Stellen, um Hals und Bauch zu schützen. So verhielt sich ein Mann, der damit rechnete, verletzt zu werden.
Der Kellner brachte das Bier, Miller bezahlte mit dem Geld von der AAP und trank.
»Was macht das Schiff?«, fragte er schließlich.
»Sie wird wieder«, sagte Naomi. »Sie hat ja ordentlich gelitten.«
»Aber sie wird fliegen«, bekräftigte Amos. »Sie ist ein zähes Luder.«
»Das ist gut. Wann …« Miller unterbrach sich, musste noch einmal ansetzen. »Wann wollt ihr fliegen?«
»Wann immer es der Kapitän sagt.« Amos zuckte mit den Achseln. »Wir sind wieder luftdicht, also könnten wir morgen aufbrechen, falls er irgendwohin will.«
»Und wenn Fred uns lässt.« Naomi schnitt eine Grimasse, als hätte sie sich verplappert.
»Gibt es da ein Problem?«, fragte Miller. »Setzt die AAP Holden unter Druck?«
»Es war nur so ein Gedanke, nichts weiter«, erwiderte Naomi. »Vielen Dank für den Drink, Miller, aber ich glaube, wir müssen jetzt.«
Miller atmete tief durch.
»Ja«, antwortete er. »Schon gut.«
»Geh schon vor«, sagte Amos zu Naomi. »Ich komme gleich nach.«
Naomi warf dem großen Mann einen verwirrten Blick zu, doch Amos lächelte nur. Es konnte alles Mögliche bedeuten.
»Na gut«, willigte Naomi ein, »aber trödele nicht zu lange. Du weißt schon, die Sache.«
»Für den Kapitän«, log Amos. »Keine Sorge.«
Naomi stand auf und ging. Man merkte ihr an, wie viel Überwindung es sie kostete, sich nicht über die Schulter umzusehen. Miller wandte sich an Amos. Im indirekten Licht hatte der Mechaniker etwas Dämonisches.
»Naomi ist ein guter Mensch«, erklärte Amos. »Ich mag sie, verstehen Sie? Wie meine kleine Schwester, nur klüger, und wenn sie mich ließe, würde ich es mit ihr machen, verstehen Sie?«
»Ja«, sagte Miller. »Ich mag sie auch.«
»Sie ist nicht wie wir.« Die Wärme und der Humor waren völlig aus Amos’ Stimme gewichen.
»Deshalb mag ich sie ja«, erklärte Miller. In diesem Moment war es die richtige Antwort. Amos nickte.
»Es sieht folgendermaßen aus. Was den Kapitän angeht, sitzen Sie in der Scheiße.«
Der Schaum im Bierglas glühte im schwachen Licht. Miller drehte das Glas um ein Viertel herum und betrachtete den Effekt genauer.
»Weil ich jemanden getötet habe, der es verdient hatte?«, fragte Miller. Die Bitterkeit, die in seiner Stimme lag, war nicht überraschend, klang jedoch schärfer, als er es beabsichtigt hatte. Amos hörte es nicht, oder es war ihm egal.
»Weil Sie es sich zur Gewohnheit gemacht haben«, erklärte der Mechaniker. »Der Käpt’n mag das nicht. Leute umbringen, ohne vorher darüber zu reden, das macht ihn nervös. Sie haben auf Eros eine Menge für uns getan, aber … Sie wissen schon.«
»Ja«, sagte Miller.
»Die Thoth-Station war nicht Eros. Der nächste Ort, zu dem wir fliegen, wird auch nicht Eros sein. Holden will Sie nicht in der Nähe haben.«
»Und ihr anderen?«
»Wir wollen Sie auch nicht in der Nähe haben.« Amos’ Stimme klang weder hart noch sanft. Er redete über die lichte Weite eines Maschinenteils oder über sonst etwas. Die Worte trafen Miller in den Bauch, wie er es erwartet hatte. Er hätte sie so oder so nicht abblocken können.
»Es ist so«, fuhr Amos fort. »Sie und ich, wir sind einander ähnlich. Wir sind rumgekommen. Ich weiß, was ich bin, und mein moralischer Kompass – ich sag’s Ihnen ganz ehrlich, der ist im Eimer. Als ich klein war, sind ein paar Dinge passiert. Ich hätte auch einer dieser Ärsche auf Thoth werden können, das ist mir völlig klar. Der Kapitän hätte nie so werden können, das steckt einfach nicht in ihm drin. Er ist so rechtschaffen, wie es ein Mensch überhaupt nur sein kann. Und wenn er sagt, dass Sie draußen sind, dann ist das eben so, denn wie ich das sehe, hat er damit wohl auch recht. Oder er dürfte viel eher recht haben als ich, selbst wenn ich mal anderer Meinung bin.«
»Gut«, sagte Miller.
»Ja«, bekräftigte Amos und trank das Bier aus. Dann nahm er sich Naomis Glas vor. Und dann ging er hinaus und ließ Miller mit dem verletzten
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