Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
Symptome setzten vor drei Monaten ein, angesichts der Krankengeschichte …«
Die Stimme wurde ausgeblendet, das Pochen blieb. Wie ein alter Mann mit Löchern im Hirn, so groß wie in einem Schweizer Käse. Eros starb, veränderte sich, verlor den Verstand. Und da Protogen auch den Tonkanal aktiviert hatte, konnte Miller beim Untergang der Station zuhören.
»Ich hab’s ihm nicht gesagt, ich hab’s ihm nicht gesagt, ich hab’s ihm nicht gesagt. Der Sonnenaufgang. Ich habe noch nie den Sonnenaufgang gesehen.«
Miller schloss die Augen und entspannte sich, ließ sich von Eros ein Schlaflied singen. Als das Bewusstsein verblasste, stellte er sich vor, neben ihm im Bett läge ein Körper, warm und lebendig und langsam atmend, während das statische Rauschen anschwoll und abebbte.
Der Manager war ein dünner Mann und hatte sich die Haare hoch über der Stirn zu einer Welle frisiert, die sich nie brechen würde. Das Büro war klein und gab Geräusche von sich, wenn Tychos Infrastruktur – Wasser, Luft und Energie – irgendetwas zu erledigen hatte. Ein Firmensitz zwischen Leitungsrohren, improvisiert und billig. Tiefer konnte man kaum sinken.
»Tut mir leid«, sagte der Manager. Millers Bauch krampfte sich zusammen. Unter allen Demütigungen, die das Universum für ihn bereithielt, hatte er gerade diese nicht vorhergesehen. Er wurde wütend.
»Glauben Sie, ich schaffe das nicht?«, fragte er leise.
»Nein, das ist es nicht«, erwiderte der dürre Mann. »Es … hören Sie, unter uns gesagt, wir suchen einen Dummkopf, wissen Sie? Der schwachsinnige Bruder irgendeines Trottels könnte das Lagerhaus bewachen. Sie haben so viel Erfahrung. Was wollen wir mit jemandem, der Aufstände unter Kontrolle bringen kann? Oder mit Ermittlungsprozeduren? Ich meine, was soll das? Sie würden nicht mal eine Waffe tragen.«
»Das ist mir egal«, sagte Miller. »Ich brauche Arbeit.«
Der Dürre seufzte und setzte wie ein Gürtler die Hände ein, um übertrieben mit den Achseln zu zucken.
»Sie brauchen etwas anderes«, erwiderte er.
Miller hätte beinahe gelacht, musste aber befürchten, dass es verzweifelt geklungen hätte. Er starrte die billige Plastikwand hinter dem Manager an, bis es dem Kerl ungemütlich wurde. Er saß in der Falle. Er hatte zu viel Erfahrung, um noch einmal von vorn zu beginnen. Er wusste zu viel, also konnte er nicht zurückspringen und ein Neuling sein.
»Also gut«, sagte er schließlich, worauf der Manager hinter dem Schreibtisch erleichtert aufatmete. Wenigstens war er so anständig, verlegen dreinzuschauen.
»Wenn ich fragen darf«, sagte der Dürre, »warum haben Sie eigentlich Ihren alten Job aufgegeben?«
»Ceres hat den Besitzer gewechselt«, erklärte Miller und setzte den Hut auf. »Ich habe nicht mehr zum neuen Team gehört. Das war alles.«
»Ceres?« Der Manager schien verwirrt, was wiederum Miller verwirrte. Er blickte auf sein Handterminal. Dort war seine berufliche Laufbahn festgehalten, genau wie er sie geschildert hatte. Das konnte dem Manager doch nicht entgangen sein.
»Dort habe ich gearbeitet.«
»Ja, da waren Sie bei der Polizei. Ich meinte den letzten Job. Ich bin ja rumgekommen und kann verstehen, warum Sie die Arbeit für die AAP nicht in den Lebenslauf aufnehmen, aber es ist doch bekannt, dass Sie an der Sache beteiligt waren … Sie wissen schon, auf der Station und so weiter.«
»Sie denken, ich hätte für die AAP gearbeitet«, staunte Miller.
Der Dürre blinzelte.
»Haben Sie doch«, sagte er.
Was ja im Grunde auch zutraf.
In Fred Johnsons Büro hatte sich nichts verändert, und doch war alles anders. Die Möblierung, der Geruch der Luft in diesem Zwischending, das halb Sitzungszimmer des Aufsichtsrats und halb Kommando- und Kontrollzentrum war. Das Generationenschiff draußen war vielleicht um ein halbes Prozent weiter vervollständigt, aber das war es nicht. Die Einsätze im Spiel hatten sich erhöht, und was vorher ein Krieg gewesen war, verwandelte sich nun in etwas anderes. Etwas Größeres. Es ließ Freds Augen strahlen und straffte die Schultern.
»Wir könnten einen Mann mit Ihren Fähigkeiten brauchen«, stimmte Fred zu. »Es sind immer die Kleinigkeiten, die wichtig sind. Wie man jemanden filzt und so weiter. Unsere Wachleute kommen hier auf Tycho ganz gut zurecht, aber wenn es darum geht, die Station zu verlassen und woanders einzudringen, fehlt uns die Erfahrung.«
»Wollen Sie so was denn öfter machen?« Es sollte ein Scherz sein, doch Fred ging
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