Liebe auf den zweiten Kuss
gehören nicht zur Firma. Wenn ich nicht darauf vertrauen kann, dass Sie ihnen gegenüber nichts ausplaudern, kann ich Ihnen nicht vertrauen.«
Nell kaute langsamer. »Da haben Sie Recht. Es tut mir Leid.«
»Ich habe immer Recht.« Er wartete, bis sie noch mehr Salat aufgegabelt hatte. »Gegen das Gesetz zu verstoßen ist fast genauso schlimm. Wir haben zur Polizei ein gutes Verhältnis, weil die wissen, dass wir keine krummen Dinger drehen. Diese gute Beziehung möchte ich nicht gefährdet sehen, nur weil Sie glauben, über dem Gesetz zu stehen.«
Nell schluckte ihren Salat. »Ich glaube nicht, dass ich über dem Gesetz stehe. Das mit dem verwüsteten Büro tut mir Leid. Es soll nicht wieder vorkommen.«
»Außerdem haben Sie einen Hund gestohlen. Und Sie glauben immer noch, dass das in Ordnung war.«
»Sie haben mich nicht gezwungen, ihn zurückzugeben.«
»Halten Sie den Mund und essen Sie.« Doch bevor Nell sich selbstzufrieden zurücklehnen konnte, fügte er hinzu: »Und damit kommen wir zum Thema Sex mit Kollegen.«
Nell sank ein wenig tiefer in ihren Stuhl und aß noch mehr Salat.
»Mir ist es gleichgültig, ob Sie mit Riley schlafen. Das ist ganz allein Ihre Sache.« Gabe klang wütend.
»Ich schlafe nicht mit ihm«, warf Nell eilig ein und fühlte sich schuldbewusster denn je. »Nicht mehr. Es war ein kurzes Abenteuer. Eine einzige Nacht. Wirklich.« Sie lächelte ihn an und versuchte unschuldig auszusehen, dann nahm sie den Bierkrug und trank. Dieses Mittagessen zählte nicht zu den Höhepunkten ihres Lebens. Aber das Bier schmeckte gut, leicht herb und gut gekühlt. Sie nahm wieder einen Schluck und fühlte, wie der Alkohol ihren Körper ein wenig lockerte.
Gabe winkte der Kellnerin.
»Und es war meine Schuld, nicht seine«, fuhr sie fort und leckte sich den Schaum von den Lippen. »Ich fühlte mich jämmerlich, und er hatte Mitleid mit mir.«
Die Bedienung kam und Gabe bestellte noch ein Bier. »Wie bitte?«, fragte Nell und blickte dann auf sein Bierglas in ihrer Hand. Es war bereits halb leer. »Oh, das tut mir Leid.« Sie versuchte, ihm das Glas wieder zuzuschieben. »Behalten Sie es«, sagte Gabe. »Es hat viele Kalorien. Und die Sache mit Riley hatte nichts damit zu tun, dass Sie bemitleidenswert waren. Riley hat nicht das geringste Interesse an Jammerlappen.«
»›Jammerlappen‹ habe ich nicht gesagt.«
»Essen Sie«, sagte Gabe, und Nell wandte sich wieder ihrem Salat zu.
Nachdem die Bedienung das zweite Bier gebracht hatte und wieder gegangen war, sagte er: »Diese drei Regeln basieren auf Erfahrung, Nell.«
Überrascht blickte sie auf. Er hatte sie noch nie zuvor mit ihrem Vornamen angeredet.
»Das waren die Regeln meines Vaters, und er hat sie aus gutem Grund aufgestellt«, fuhr Gabe fort. »Sie...«
»Was war der Grund für die ›kein Sex-Regel‹?«, fragte Nell in der Hoffnung, ihn abzulenken.
»Er hat seine Sekretärin geheiratet. Die Regeln...«
»Ihre Mutter war seine Sekretärin?« Nell hielt mit dem Kauen inne. »Einen Moment mal, war nicht auch Chloe Ihre Sekretärin?«
»Die Regeln...«, begann Gabe erneut. Nell fuchtelte mit der Gabel vor ihm herum. »Jetzt habe ich es begriffen. Diese Regel werde ich niemals brechen, das schwöre ich.« Als er sie skeptisch anblickte, fuhr sie fort: »Nein, jetzt mal ehrlich. Ich verstehe es wirklich. Mir gefällt die Arbeit, und ich möchte sie behalten. Wenn wieder so etwas wie mit dem Hund vorkommt, werde ich Ihnen den Fall vorlegen und Ihnen so lange auf den Wecker gehen, bis Sie etwas unternehmen.«
»Als ob das viel besser wäre«, bemerkte Gabe, doch da er sein Bier in die Hand nahm, war die Gardinenpredigt vermutlich vorbei. »Essen Sie«, sagte er, und Nell gabelte ein Stückchen Hühnchen auf und aß, sehr zu ihrer eigenen Überraschung.
Es war Jahre her, seit ihr jemand irgendwelche Anweisungen erteilt oder sie wegen etwas angebrüllt hatte. Vielleicht war es sogar noch nie vorgekommen. Tim und sie hatten ein Leben geführt, in dem sie alles organisiert und er sich allem gefügt hatte. Dann hatte er eines Tages jemand anderen kennen gelernt, jemanden, der sein Leben nicht für ihn in die Hand nahm und ihm die Illusion vermittelte, er bestimme es selbst. Nach allem, was ihr mittlerweile zu Ohren gekommen war, hatte Whitney allerdings sehr wohl die Zügel in der Hand. Was nichts anderes bedeutete, als dass Tim eine Frau brauchte, die ihn herumkommandierte. Er wollte es nur nicht zugeben, dass er eine Frau brauchte,
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