Liebe auf den zweiten Kuss
alten Wohnung. Marlene saß in der Nähe der Tür und machte den Eindruck, als habe man sie tagelang sich selbst überlassen.
»Wir haben eine neue Wohnung«, verkündete Nell dem Hund. »Mit einem eingezäunten Garten. Und Zimmern, durch die man rennen kann. Dir wird es dort gefallen.«
»Ich kann immer noch nicht begreifen, warum du unbedingt umziehen willst«, meinte Suze am nächsten Tag inmitten von Nells Umzugskartons.
»Weil ich mir die Wohnung ausgesucht habe, und nicht du und auch nicht Jack.« Nell blickte sich um, als sei ihr neues Heim ein Palast. »Weil ich endlich mein Leben selbst in die Hand nehme.«
»Verstehe«, erwiderte Suze und fühlte sich nicht genügend gewürdigt.
»Hör mal, ich liebe immer noch die Schlafcouch, die du für mich gefunden hast. Und Marlene ist vollkommen verrückt nach der Tagesdecke. Ich bekomme sie überhaupt nicht mehr davon herunter.«
Suze blickte Marlene an, die sich genüsslich auf dem indigoblauen Chenille im Wert von vierhundert Dollar eingerollt hatte. »Gut zu wissen.«
»Können wir jetzt endlich dein Porzellan auspacken?«, bettelte Margie.
Jase trat rückwärts durch die Eingangstür, in den Händen ein Ende von Nells Esstisch. Nach langem Hin und Her wurde auch das andere Ende sichtbar, das von dem Mädchen getragen wurde, das gemeinsam mit ihm im Miet-LKW gekommen war. Den ganzen Nachmittag lang hatte er sie angebrüllt, nur ja vorsichtig mit den Kisten zu sein, damit sie sich nicht verletzte und alles Schwere – bin sofort bei dir – gefälligst ihm zu überlassen. Sie aber hatte ihn angelacht und sich mühelos die Kisten aufgeladen. Und Suze hatte gedacht: Bin ich jemals so jung gewesen?
Und dann erinnerte sie sich: Sie war genauso jung gewesen, als sie geheiratet hatte. Mein Gott , dachte sie, als sie die beiden beobachtete, wie sie sich darüber stritten, wo sie den Tisch hinstellen sollten. Sie sind übermütig wie junge Hunde. Und ich war genauso.
»Alles in Ordnung, Tante Suze?«, erkundigte sich Jase.
Suze nickte. »Es könnte nicht besser sein.«
»Jetzt kommen nur noch die Kleiderkisten«, bemerkte die Blondine.
»Wohl wahr, Lu«, sagte Jase. »Von denen hat meine Mutter allerdings reichlich.« Er schubste sie zärtlich aus der Tür und lachte sie an, sie schnitt ihm eine Grimasse und schubste zurück.
Margie erkundete währenddessen die Wohnung. »Wirst du immer noch auf dem Bettsofa schlafen, wo du jetzt ein richtiges Schlafzimmer hast?«
»Nein«, erwiderte Nell. »Ich werde mir ein richtiges Bett besorgen.«
Das Bettsofa ist ein richtiges Bett , dachte Suze. Aber sie sagte: »Wenn du möchtest, kannst du das Bett aus unserem zweiten Gästezimmer haben. Wir haben ohnehin nie zwei Besucher gleichzeitig.«
»Prima«, erwiderte Nell und informierte Jase, dass noch mehr Arbeit auf ihn wartete.
»Ich habe auch einiges von meiner Kleidung für dich mit in den Wagen gepackt«, sagte Suze, als sie wieder zurückkam. Aber Nell hörte sie nicht. Sie war auf dem Weg in die Küche, um die alten verglasten Schränke zu öffnen und sie zu berühren, als seien sie etwas ganz Wunderbares. Suze ging zum Wagen hinaus, um mit den letzten Kisten zu helfen. Sie stieg auf den Tritt auf der Rückseite und sah hinauf.
Im hinteren Teil des Lasters küsste Jase Lu. Seine Hände waren fest gegen ihren Po gepresst. Das waren keine kindlichen Küsse, und Suze stockte der Atem. Jase konnte unmöglich alt genug sein, um jemanden so zu küssen, aber er war es. Er war drei Jahre älter, als sie es bei ihrer eigenen Hochzeit gewesen war.
»Wo bleiben meine Kleiderkisten?«, rief Nell von der Veranda aus, und Suze rief laut zurück: »Ich hole sie gerade.« Dann klopfte sie an die Seite des Lasters und wandte den Blick ab, ehe sie hineinkletterte.
Jase reicht Lu einen Karton und sagte: »Tu was für deinen Lebensunterhalt.« Und sie erwiderte: »Als ob ich dich dazu bräuchte!« Sie grinste Suze an, als sie mit dem Karton aus dem Laster stieg, so selbstsicher und glücklich und jung, dass Suze neidisch wurde.
Während Jase und Lu mit dem leeren Laster wegfuhren, um Suzes Gästebett zu holen, ging Suze ins Haus und fand Margie und Nell damit beschäftigt, Nells Porzellan auszupacken. Nell reichte ihr ein in Luftpolsterfolie verpacktes Stück. Suze wickelte es vorsichtig aus und bemühte sich wegen Jase und Lu nicht deprimiert zu sein. Sie sollte glücklich für die beiden sein. Sie war ein schrecklicher Mensch.
Als sie die Verpackung komplett entfernt
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