Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
keinen Moment lang verlassen hat, der Wunsch, zu unserem Alltag zurückzukehren, in ihm Schutz zu suchen, wie ein Hund in einer regnerischen Nacht in seiner Hütte Schutz sucht, kommt mir auf einmal töricht vor, wer braucht denn das, was war?
Dann merke ich, daß der Platz neben mir leer ist, Noga ist nicht da, ich renne zu ihrem dunklen Zimmer, auch dort ist sie nicht, sie ist nirgendwo in der Wohnung, die von einem dämmrigen Licht erfüllt ist, und auf dem Küchentisch finde ich ein zerrissenes Stück Papier, ich bin bei Oma, steht da in ihrer plumpen Schrift, ich schlafe bei ihr, ich habe meinen Ranzen mitgenommen. Ich wundere mich, wieso ist sie freiwillig weggegangen, meine häusliche Tochter, die sich selten aus der Wohnung locken läßt, die ganze Zeit treibt sie sich im Haus herum wie ein Wachhund, vermutlich ist es kein Zufall, daß sie weggegangen ist, traurig und verwirrt denke ich an sie, ein kleines Mädchen mit einer großen Aufgabe, die ihr Leben ausfüllt, nämlich die Scherben zu kitten, schon seit acht Jahren ist sie damit beschäftigt, und je größer sie wird, desto größer wird auch ihre Aufgabe, besiegt ihre Kindheit und erfüllt ihr Leben.
Aus dem Schlafzimmer klingen schwere Schnarchtöne, aggressiv wie Beschimpfungen, und ich kehre gescholten zurück und strecke die Hand nach ihm aus, immer ist da zu Beginn einer Berührung ein Zurückweichen vor dem, was danach kommen wird, Lust oder Leidenschaft, fröhliche Zwillingsschwestern, die versuchen, das Zurückweichen durch energisches Reiben der Glieder zu besiegen, und manchmal wird es verjagt, verschwindet mit eingezogenem Schwanz, und die Lust feiert ihren Sieg, heiß und begeistert, und manchmal wird die Lust besiegt, sie scheint sich zu entzünden, doch nein, sie ist schon erloschen, wie schwer es ist, feuchtes Reisig zum Brennen zu bringen, zurück bleibt nur der dumpfe Geruch einer guten Absicht, die sich nicht erfüllt hat. So lagen wir dicht beieinander auf meinem schmalen Jugendbett, seine Knabenhände suchten Schätze an meinem Körper, und ich höre, wie mein Vater in seinen Gummihausschuhen hin und her geht, seine Einsamkeit hallt als Echo in den Weiten des Hauses, und eine Welle von Zurückweichen würgt mich fast bis zum Erbrechen. Ich setze mich auf, stoße seine Finger weg, wie ist es möglich, Udi, daß ich hier meinen Spaß habe, während es ihm schlecht geht, aber Udi gibt nicht auf, seine Glieder drängen sich an mich, sein Wille versucht, mein Zurückweichen zu überwinden, und einen Moment lang sieht es aus, als würde er es schaffen, doch es versteckt sich vor ihm tief in meiner Kehle, sogar seine lange Zunge wird es dort nicht finden, und ich ergebe mich, öffne ihm ein Tor nach dem anderen, süße Gefühle brechen unter seinen Händen auf, aber am Morgen erwache ich mit entzündetem Hals, kann nichts schlucken vor Schmerz, das Fieber steigt, mein Vater ruft meine Mutter an, sie ist schon wieder krank, wieder eine Halsentzündung, und dann bringen sie mich krank, im Pyjama und mit der Zudecke, von einem Haus zum anderen, damit der kleine Jotam sich nicht ansteckt, er ist sowieso nicht in Ordnung, und Udi kommt nach der Schule zu Besuch, drückt sich in das glühende Bett, und ich murmele, laß mich jetzt, ich bin krank, und er geht gekränkt weg, ohne Abschied, und ich höre das Schlurfen der Hausschuhe, und ich quäle mich, das ist es, was du dir wünschst, ein Leben in solcher Einsamkeit, das ist es, was dir passieren wird, wenn du ihn wegschickst.
Säuerlicher Geruch von Alkohol kommt aus seinem geöffneten Mund, ich schmiege mich unter der Decke an ihn, lege meine Hand um seine Schulter, die Illusion einer Umarmung, versuche, seinen Körper zu streicheln, seine Lust zu wecken. Wann wacht sie auf, woher wird sie kommen, manchmal schafft es ein einziges Wort, sie zum Leben zu erwecken, dann wieder ein aufstachelndes, herausforderndes Lächeln, aber so, wenn der Körper allein bleibt, ohne alle Ergänzungen, nur die schlafenden Glieder in ihrer geheimnisvollen Krankheit, woher soll sie da kommen?
Diesmal gebe ich nicht auf, ich muß versuchen, ihn auf die uralte Weise zu heilen, auch Lots Töchter begehrten nicht wirklich ihren alten, betrunkenen Vater, damals, in der Höhle des Berges über Zoar, nachdem das ganze Land vernichtet war, und trotzdem gaben sie ihm Wein zu trinken und legten sich zu ihm, um von ihm Nachkommenschaft zu bekommen, und er merkte nicht, wie sie sich niederlegten und ihn später wieder
Weitere Kostenlose Bücher