Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
unter Wasser und halte die Luft an, da streckt sich auch schon eine Hand nach mir aus, zieht mich hinauf, was ist mit dir, sagt er, ich rede schon die ganze Zeit mit dir, und du gibst keine Antwort, und ich betrachte ihn, einen Moment lang ist er ein Fremder, das Wasser hat seine Haare dunkler gemacht, seine Lippen sind vorgeschoben, ich lehne mich an den Beckenrand, schnappe nach Luft und entschuldige mich, ich habe dich nicht gehört, ich habe an etwas anderes gedacht.
Der Regen wird stärker, aber Udi zieht mich hinaus auf die Terrasse, zum Wasserbecken, wir springen hinein, das Wasser brennt auf der Haut, die Mischung von Hitze und Kälte weckt meine Lebensgeister, und mein Herz klopft stark und bewegt meinen Körper hin und her. Zwischen unseren Armen hängen violette Wolken, nehmen uns den Blick auf die Landschaft, da und dort glitzert ein bißchen Licht in der Ferne und gibt mir Zeichen, die ich nicht zu entschlüsseln vermag, und Udi zieht mich an den Haaren zu sich, küßt meinen Hals, meine Lippen, und ich murmele, hör auf, da kommt eine Frau, und er sagt, prima, soll sie sich uns anschließen, und sie streckt vorsichtig den Fuß aus und lächelt, sie hat lockige Haare und einen langen, braunen Körper, der sofort in dem dunklen Wasser verschwindet, mir ist ihre Anwesenheit unangenehm, komm, gehen wir ins Zimmer, flüstere ich ihm ins Ohr und lecke es, damit er versteht, daß ich es ernst meine, er schaut die Frau kurz an, folgt mir aber sofort, die Badehose zeigt sein erregtes Glied, wir laufen durch Flure, völlig naß unter den weißen Bademänteln, im Aufzug halten wir uns wie verliebte Kinder an den Händen, und ich denke, wie einfach ist es doch an diesem Ort, ganz anders als zu Hause, wo Noga schläft und all unsere offenen Rechnungen herumliegen.
Regnerisches Licht schimmert durch das Fenster, umhüllt seinen Körper mit einem dunklen Schimmer, als wäre ihm ein Fell gewachsen, so wie damals am Rand der Moschawa die Erde des Wäldchens nach dem ersten Regen wie mit Wolle überzogen aussah, ich lief immer sehr vorsichtig über das junge Gras, während ich die Straße beobachtete. Jede Stunde kam ein halbleerer Autobus an und fuhr auch halb leer wieder weg, oft hatte ich das Gefühl, die Leute, die ausstiegen, seien auch diejenigen, die wieder wegfuhren, sie weigerten sich, in der abgelegenen Moschawa zu bleiben, und manchmal stieg Udi aus, klein und mager, seine glatten Haare fielen ihm über die Augen wie die Mähne eines Pferdes, ich lehnte mich dann an einen Kiefernstamm und betrachtete ihn enttäuscht, fast beschämt, so sollte mein erster Liebhaber nicht aussehen, aber er ging mir mit sicheren Schritten entgegen, als wisse er, daß er einmal groß und hübsch werden würde, und ich sagte mir, im Rhythmus seiner Schritte, paß auf ihn auf, er ist alles, was du jetzt noch hast, denn das übrige um dich herum ist zerfallen. Meine Mutter hatte uns eine Wohnung in der nahen Stadt gemietet, gegenüber der Schule, aber ich zog es vor, in die alte Wohnung zurückzukehren, zu meinem Vater, der mich ansah, als wäre ich ein Geist, ich habe alles getan, was ich konnte, um sie zufriedenzustellen, sagte sein Gesicht, kein Sterblicher könnte mehr tun. Mittags öffnete ich den leeren Kühlschrank und schloß ihn enttäuscht, dann lief ich zu den Plantagen und pflückte mir im Winter Orangen und schälte sie weinend, im Herbst pflückte ich fleischige Guaven, rote und weiße, deren Geruch an meinen Fingern kleben blieb, im Sommer Pflaumen, und wenn Udi zum Wäldchen kam, mir begeistert zuwinkend, löste ich mich von der Kiefer, die einen harzigen Kuß auf meinem Hemd hinterlassen hatte, paßte meine Schritte den seinen an, bis wir in meinem Zimmer waren, dort stieß er mich auf das Bett und bestieg mich, als wäre ich ein Pflaumenbaum, und ich hörte meinen Vater, der durch das leere Haus lief und hustete, ganze Sätze hustete sein Mund aus, und mein Körper war gelähmt, wie konnte es mir gut gehen, wenn er so litt, und manchmal packte mich wütender Zorn, es sollte mir gutgehen, jetzt erst recht, weil es ihm schlecht ging, dann zog ich den überraschten Udi an mich, legte seine Hand auf meine Brust und seufzte laut, um das klagende Husten zu übertönen. Manchmal hörte ich ihn weinen, über Udis Keuchen hinweg, sein Weinen begleitete das verschwitzte Reiben unserer Glieder, das leise Weinen eines verlassenen Kindes, das weiß, daß niemand kommen wird, und auch jetzt, während ich mich auf dem Bett
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