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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn dein Herz kennt den Weg
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bewegte sich und schmiegte sich mit einem zufriedenen
kleinen Seufzer noch fester an ihn und legte den Kopf an seine Schulter.
    Sie hat
mich verraten, rief er sich ins Gedächtnis, genauso schamlos, wie Judas
Christus verraten hat. Wieso empfand er dann eine so unfaßbare Zärtlichkeit für
Melissande, eine so unstillbare Leidenschaft?
    Natürlich
stritt sie ab, seine Entführung angeordnet zu haben, und Christian schloß nicht
aus, daß sie die Wahrheit sprach. Obwohl Melissande alles andere als dumm
gewesen war, war sie nie sehr praktisch veranlagt gewesen, und daher war es
durchaus möglich, daß sie den Befehl unterzeichnet hatte, ohne zu wissen, was
sie da unterschrieb. In jenen Tagen hatten ihr Vater und Eleanora ihr
alle möglichen Dokumente vorgelegt, die ihre Unterschrift erforderten, und es
wäre bezeichnend gewesen für die unerfahrene, vertrauensselige Melissande jener
Tage, irgendein
offiziell aussehendes Schriftstück zu unterzeichnen, ohne sich vorher seinen
Inhalt anzusehen.
    Christian
sagte sich, daß er sich etwas vormachte. Sie hatte ihn damals loswerden wollen,
um james heiraten zu können und Gräfin von Wellingsley zu werden. Und jetzt, wo
er der rechtmäßige Erbe der Besitztümer und des Titels seines Bruders war,
hatte sie sich vorgenommen, ihn von neuem für sich zu gewinnen.
    Der Gedanke
erfüllte Christian mit Zorn, denn er hätte ihr so gern geglaubt. Aber natürlich
wagte er nicht, nachzugeben. Melissande zu vertrauen, sein Herz in ihre Hände
zu legen, hätte ihn nur wieder zu einem Gefangenen gemacht, so sicher, als
wenn er gefesselt und in Ketten auf die Eleanora zurückgebracht worden
wäre, um dort Ruderdienst zu leisten. Nein, er würde sich sein Vergnügen bei
ihr nehmen – das zumindest war Melissande ihm schuldig, nach allem, was sie ihm
angetan hatte –, aber nie wieder würde er sich gestatten, sie wirklich und
aufrichtig zu lieben.
    Genausogut
hätte er eine Viper an seiner Brust nähren können.
    Sie öffnete
ihre wundervollen Augen, blinzelte und gähnte. »Christian?«
    »Ich bin
hier«, sagte er, und die Zärtlichkeit in seiner Stimme war nicht nur
vorgetäuscht. Er würde an seinen Emotionen arbeiten, entschied er, würde sie
zügeln, um nicht ein zweites Mal in die Falle zu gehen und sich geschoren und
in Ketten wiederzufinden, wie Samson, während die Mauern und Säulen irgendeines
Tempels über seinem Kopf zusammenstürzten.
    Sie bewegte
sich an seiner Seite, und er dachte daran, wie sie in der Nacht zusammen geschlafen
hatten. Diese Erinnerung löste wieder eine starke körperliche Erregung in ihm
aus, aber er drehte Melissande nicht auf den Rücken, um in sie einzudringen,
wie er es mit einer Hure oder einer Mätresse vielleicht getan hätte. Sie war
nicht an den Liebesakt gewöhnt, und er wußte, daß er ihr ein, zwei Tage eine
Pause gönnen mußte.
    Das hätte
er sich eigentlich denken müssen, aber Eifersucht und Angst hatten seine
Gedanken bestimmt.
    Die
schlimmste Qual seiner fünfundzwanzig Monate währenden Gefangenschaft war für
ihn gewesen, an Melissande in James' Bett zu denken und sich vorzustellen, wie
sie sich willig dem Mann hingab, der sie zu einer Gräfin gemacht hatte. Er
hatte sich vorgestellt, wie sie gemeinsam lachten über die schlaue Art, wie sie
ihn beseitigt hatten, und war überzeugt gewesen, daß sie stolz auf ihren
Verrat waren.
    Aber jetzt
wußte er, daß James, genau wie Bradgate und dessen Frau Eleanora, schon seit
zwei Jahren tot war. Und überdies hatte Melissande die dazwischenliegende Zeit
im Kloster von St. Bede's verbracht und ihr Bestes getan, um Mutter Erylis zu
überreden, daß sie ihr erlaubte, ihr endgültiges Gelübde als Braut Christi
abzulegen.
    Was
bedeutete das alles? Hatte er sich in Melissande geirrt – in seinem Bruder und
in seinem zukünftigen Schwiegervater? Und wenn James tot war, wieso war Queech
dann gekommen, um ihn – Christian – umzubringen?
    In der
Dunkelheit schüttelte er den Kopf. Er hatte eine ganze Reihe von Dingen während
seiner Zeit im Bauch der Hölle gelernt, und die wichtigste Lektion war, daß man
niemandem vertrauen konnte. Brüder, zukünftige Ehefrauen, Freunde – sie alle
konnten dazu überredet werden, einen zu verraten, wenn der Preis nur hoch genug
war.
    Christian
zwang sich, nicht um den Verlust der Frau zu weinen, für die er Melissande
einmal gehalten hatte. Viel besser war, sich stets vor Augen zu halten – jeden
Augenblick, bei Tage und Nacht , daß sie trotz ihres

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