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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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an Darryls Fehlen liegen. Wir mochten Gesellschaftskunde beide gern, und wir hatten immer binnen Sekunden unsere SchulBooks draußen und eine Messaging-Session laufen, unseren Rückkanal, um über den Unterricht zu reden.
    Ich hatte in der Nacht zuvor zwanzig ParanoidXbox-Scheiben gebrannt und hatte sie alle in meiner Tasche. Die gabe ich Leuten, von denen ich wusste, dass sie harte Spieler waren. Sie hatten alle letztes Jahr eine Xbox Universal oder zwei bekommen, aber die meisten hatten irgendwann aufgehört, sie zu benutzen. Die Spiele waren ziemlich teuer und nicht sonderlich gut.
    Ich nahm sie zwischen zwei Unterrichtsblöcken, beim Mittagessen oder im Studienraum beiseite und schwärmte ihnen in höchsten Tönen von ParanoidXbox-Spielen vor. Gratis und gut - Gemeinschaftsspiele mit Suchtpotenzial, bei denen man mit lauter coolen Leuten rund um die Welt spielte.
    Etwas zu verschenken, um was anderes zu verkaufen, ist ein Rasierklingen-Geschäftsmodell - Firmen wie Gillette geben dir Rasierer gratis, um dir dann mit den teuren Klingen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Druckertinte ist da am schlimmsten - der teuerste Champagner der Welt ist billig im Vergleich zu Druckertinte, die zudem in der Herstellung lachhaft billig ist.
    "Rasierklingen"-Firmen leben davon, dass du die "Klingen" nirgendwo anders bekommst. Denn wenn Gillette neun Dollar an einer Zehn-Dollar-Ersatzklinge verdient, was liegt dann näher, als einen Wettbewerber zu gründen, der an einer identischen Klinge nur vier Dollar verdient? So eine 80-Prozent-Verdienstspanne ist etwas, das einen typischen Businesstypen ganz schon nervös macht.
    Deshalb geben sich Rasierklingen-Firmen wie Microsoft so viel Mühe, es schwierig und/oder illegal zu machen, ihnen mit ihren Klingen Konkurrenz zu machen. In Microsofts Fall hatte jede Xbox einige Abwehrmechanismen eingebaut, die dich davon abhalten sollten, Software von Leuten drauf laufen zu lassen, die noch kein Blutgeld an Microsoft gezahlt hatten für das Recht, Xbox-Programme zu verkaufen.
    Die Leute, die ich traf, dachten über so was nicht groß nach. Aber sie wurden hellhörig, als ich ihnen erzählte, dass die Spiele nicht kontrolliert wurden. Heutzutage ist jedes Online-Spiel voll mit allen möglichen unappetitlichen Typen. Zum einen gibt's die Perversen, die dich in irgendwelche abgelegenen Ecken zu locken versuchen, um dann bizarre Schweigen-der-Lämmer-Spielchen mit dir zu spielen. Dann sind da Bullen, die sich als naive Kiddies ausgeben, um die Perversen hochnehmen zu können.
    Aber am schlimmsten sind diese Kontrolleur-Typen, die nichts anderes zu tun haben, unsere Diskussionen auszuhorchen und uns zu verpetzen, weil wir ihre Geschäftsbedingungen verletzt haben, in denen Flirten, Fluchen und "Sprache, die offen oder verdeckt dazu geeignet ist, jedweden Aspekt von sexueller Orientierung oder Sexualität herabzuwürdigen" streng verboten sind.
    Ich bin nicht rund um die Uhr auf Sex fixiert, aber ich bin ein siebzehnjähriger Junge. Natürlich redet man dann und wann über Sex. Aber wehe, man redet im Chat während des Spielens drüber - dann ist sofort die Luft raus. Die ParanoidXbox-Spiele kontrollierte niemand, denn die wurden nicht von einer Firma betrieben; das waren bloß Spiele, die Hacker so zum Spaß geschrieben hatten.
    Deshalb fanden diese Hardcore-Spieler die Nummer klasse. Sie nahmen die Scheiben liebend gern und versprachen, Kopien für all ihre Freunde zu brennen - Spiele machen nun mal den meisten Spaß, wenn du sie mit deinen Kumpels spielst.
    Als ich heim kam, las ich, dass eine Gruppe von Eltern wegen der Überwachungskameras in den Klassenzimmern gegen die Schulbehörde klagte, aber dass sie mit ihrem Versuch, eine einstweilige Verfügung dagegen zu erwirken, bereits gescheitert waren.
    Ich weiß nicht mehr, wer sich den Namen Xnet ausdachte, aber er blieb hängen. Man konnte die Leute im Nahverkehr drüber reden hören. Van rief mich an, um zu fragen, ob ich schon davon gehört hatte, und ich verschluckte mich fast, als ich begriff, worüber sie redete: Die Scheiben, die ich letzte Woche zu verteilen begonnen hatte, waren so oft kopiert und weitergereicht worden, dass sies in der Zeit ganz bis Oakland geschafft hatten. Machte mich etwas nervös - als ob ich eine Regel gebrochen hatte, und jetzt würde das DHS kommen und mich für immer wegsperrren.
    Es waren harte Wochen. In der BART konnte man jetzt überhaupt nicht mehr bar bezahlen, sie hatten dafür "kontaktlose"

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