Little Brother
sagte sie dann in breitestem Südstaaten-Akzent. "Bin ich verhaftet?"
Die beiden Bullen tauschten Blicke.
Pickel ging in die Offensive. "Das scheint ein bisschen unglücklich gelaufen zu sein. Ihr Sohn ist uns aufgefallen als jemand mit einem ungewöhnlichen Bewegungsprofil in öffentlichen Verkehrsmitteln. Das ist Teil eines neuen proaktiven Strafverfolgungsprogramms. Wenn wir Leute finden, die ungewöhnliche Fahrtmuster zeigen oder die auf ein verdächtiges Profil passen, dann ermitteln wir weiter."
"Moment", sagte Mom. "Woher wissen Sie denn, wie mein Sohn die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt?"
"Durch den Fast Pass", sagte er. "Der zeichnet die Fahrten auf."
"Ach so", sagte Mom und verschränkte die Arme. Das war ein ganz schlechtes Zeichen. Schlimm genug, dass sie ihnen keine Tasse Tee angeboten hatte - in Mom-Land war das ungefähr dasselbe, als hätte sie sich mit ihnen durch den Briefkastenschlitz unterhalten -, aber sobald sie die Arme verschränkte, war klar, dass die beiden nicht ungeschoren hier rauskommen würden. In diesem Moment hätte ich losgehen mögen, um ihr einen riesigen Blumenstrauß zu kaufen.
"Marcus hier hat es abgelehnt, uns zu erklären, wie sein Fahrtenprofil zustande gekommen ist."
"Sie sagen also, sie halten meinen Sohn wegen seiner Art, Bus zu fahren, für einen Terroristen?"
"Terroristen sind nicht die einzigen Verbrecher, die wir auf diese Weise fangen", sagte Pickel. "Drogenhändler. Gang-Kids. Oder auch Ladendiebe, die clever genug sind, sich für jeden Beutezug ein anderes Revier zu suchen."
"Sie denken also, mein Sohn sei ein Drogenhändler?"
"Wir sagen nicht, dass -", fing Pickel an.
Mit einem Händeklatschen brachte Mom ihn zum Schweigen.
"Marcus, gib mir bitte mal deinen Rucksack."
Das tat ich.
Mom zippte ihn auf und schaute ihn durch, zunächst mit dem Rücken zu uns.
"Meine Herren, ich kann Ihnen nun versichern, dass sich in der Tasche meines Sohnes weder Drogen noch Sprengstoffe oder gestohlene Waren befinden. Ich denke, damit wäre das erledigt. Bevor Sie gehen, darf ich noch um Ihre Personalnummern bitten."
Popel lachte höhnisch. "Gute Frau, die ACLU hat gerade Klagen gegen dreihundert Polizisten der Stadt laufen; da werden Sie sich hinten anstellen müssen."
Mom machte mir einen Tee und schimpfte dann mit mir, weil ich schon gegessen hatte, obwohl ich wusste, dass sie Falafel gemacht hatte. Dad kam heim, während wir noch am Tisch saßen, und Mom und ich erzählten ihm abwechselnd die Geschichte. Er schüttelte den Kopf.
"Lillian, die haben doch nur ihren Job gemacht." Er trug immer noch den blauen Blazer und die Khakis, die er an den Tagen trug, an denen er als Berater im Silicon Valley war. "Die Welt ist nicht mehr dieselbe wie noch vor einer Woche."
"Mom setzte ihren Teebecher ab. "Drew, werd nicht albern. Dein Sohn ist kein Terrorist. Seine Fahrten im Nahverkehr können kein Grund für polizeiliche Ermittlungen sein."
Dad zog seinen Blazer aus. "In meinem Job machen wir das ständig. So kann man Computer dazu einsetzen, alle Arten von Fehlern und Unregelmäßigkeiten zu entdecken. Du sagst dem Computer, er soll ein Profil eines durchschnittlichen Datenbankeintrags erstellen und dann rausfinden, welche Einträge in der Datenbank am stärksten vom Durchschnitt abweichen. Das gehört zur Bayesschen Statistik, und das gibt's schon seit Jahrhunderten. Ohne so was hätten wir keine Spamfilter -"
"Soll das heißen, die Polizei sollte genauso schlecht arbeiten wie mein Spamfilter?", fragte ich.
Dad wurde nie wütend, wenn ich mit ihm diskutierte, aber ich konnte sehen, dass er heute sehr kurz davor war. Trotzdem konnte ichs mir nicht verkneifen. Mein Vater stellte sich auf die Seite der Polizei!
"Ich sage nur, es ist völlig vernünftig, dass die Polizei ihre Untersuchungen damit anfängt, Daten durchzugrasen, und erst dann mit der Lauferei anfängt, wenn sie Abnormalitäten haben, um herauszufinden, wo die herkommen. Ich denke nicht, dass ein Computer der Polizei vorgeben sollte, wen sie verhaften soll, aber er kann ihnen dabei helfen, den Heuhaufen nach der Nadel zu durchflöhen."
"Aber indem sie all diese Daten aus dem Verkehrssystem abgreifen, erzeugen sie doch überhaupt erst den Heuhaufen", sagte ich. "Das ist ein monströser Datenberg, und es ist aus Polizeisicht fast nichts drin, was eine Untersuchung lohnt. Das ist die totale Verschwendung."
"Ich versteh ja, dass du das System nicht magst, weil es dir Unbequemlichkeiten verursacht hat,
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