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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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passiert ist..."
    "Ich tu das doch für Darryl!" Ein paar Kunststudenten drehten sich nach uns um, und ich dämpfte die Stimme wieder. "Ich mach das, weil die Alternative wäre, sie mit all dem ungeschoren davonkommen zu lassen."
    "Und du glaubst, du kannst sie aufhalten? Du bist wirklich übergeschnappt. Die sind die Regierung."
    "Aber es ist immer noch unser Land", entgegnete ich. "Und wir haben immer noch das Recht, das zu tun."
    Van sah aus, als würde sie gleich losheulen. Sie atmete ein paar Mal tief durch und stand dann auf. "Ich kann das nicht, sorry. Ich kann dir nicht dabei zuschauen. Das ist ja wie ein Autounfall in Zeitlupe. Du bist auf dem besten Weg, dich zugrunde zu richten, und ich liebe dich viel zu sehr, als dass ich dir dabei zuschauen könnte."
    Sie neigte sich runter, umarmte mich heftig und gab mir einen harten Kuss auf die Wange, der noch meinen Mundwinkel erwischte. "Pass auf dich auf, Marcus", sagte sie. Mein Mund brannte dort, wo sie ihre Lippen draufgepresst hatte. Für Jolu hatte sie dieselbe Behandlung parat, allerdings glatt auf die Wange. Dann ging sie.
    Als sie weg war, starrten Jolu und ich einander an.
    Ich verbarg mein Gesicht in den Händen. "Verdammt", sagte ich schließlich.
    Jolu klopfte mir auf den Rücken und bestellte dann einen neuen Latte für mich. "Wird schon wieder", sagte er.
    "Ich hätte gedacht, dass Van es versteht; gerade sie." Die Hälfte von Vans Familie lebte in Nordkorea. Ihre Eltern hatten nie vergessen, dass all diese Verwandten unter der Herrschaft eines wahnsinnigen Diktators lebten und keine Chance hatten, nach Amerika zu entkommen, wie es ihnen selbst, Vans Eltern, gelungen war.
    Jolu zuckte die Achseln. "Vielleicht ist sie ja deshalb so ausgerastet. Weil sie genau weiß, wie gefährlich das werden kann."
    Ich wusste, was er meinte. Zwei von Vans Onkeln waren ins Gefängnis gebracht worden und nie wieder aufgetaucht.
    "Ja", sagte ich.
    "Und wieso warst du letzte Nacht nicht im Xnet?" Ich war dankbar für die Ablenkung. So erklärte ich ihm alles, das Bayes-Zeug und meine Angst, wir könnten das Xnet nicht mehr weiter nutzen wie bisher, ohne erwischt zu werden. Er hörte aufmerksam zu.
    "Ich versteh, was du meinst. Das Problem ist, dass jemand, der zu viel Krypto in seinen Internet-Verbindungen hat, als ungewöhnlich auffällt. Aber wenn du nicht verschlüsselst, dann machst dus den bösen Jungs leichter, dich abzuhören."
    "Genau", sagte ich. "Ich versuch schon den ganzen Tag, mir da was auszudenken. Vielleicht könnten wir die Verbindungen abbremsen, über mehr Benutzerkonten verteilen ..."
    "Klappt nicht", sagte er. "Um sie langsam genug zu machen, dass sie im Hintergrundrauschen verschwinden, müsstest du das Netzwerk de facto dicht machen, und das wollen wir ja nicht."
    "Du hast Recht", sagte ich. "Aber was können wir sonst machen?"
    "Wie wäre es, wenn wir die Definition von ,normal' ändern?"
    Und genau deshalb war Jolu schon mit zwölf bei Pigspleen angestellt worden. Gib ihm ein Problem mit zwei schlechten Lösungen, und er denkt sich eine komplett neue dritte Lösung aus, die damit anfängt, dass er alle Grundannahmen übern Haufen wirft.
    Ich nickte begeistert. "Na los, sag schon."
    "Wenn jetzt der durchschnittliche Internetnutzer in San Francisco an einem durchschnittlichen Tag im Internet eine Menge mehr Krypto anhäuft? Wenn wir die Verteilung so hinbiegen können, dass Klartext und Chiffretext bei etwa fifty-fifty liegen, dann sehen die Leute, die das Xnet versorgen, plötzlich wieder normal aus."
    "Aber wie kriegen wir das hin? Den Leuten ist ihre Privatsphäre doch viel zu egal, als dass sie plötzlich mit verschlüsselten Links surfen. Die begreifen doch nicht, warum es nicht egal ist, wenn jemand mitlesen kann, was sie so alles googeln."
    "Schon, aber Webseiten sind nur kleine Datenpakete. Wenn wir die Leute jetzt dazu bringen, jeden Tag routinemäßig ein paar riesige verschlüsselte Files runterzuladen, dann würde das genauso viel Chiffretext erzeugen wie Tausende von Webseiten."
    "Du redest übers indienet", sagte ich.
    "Volltreffer", sagte er.
    Das indienet - komplett kleingeschrieben - war es, was Pigspleen Net zu einem der erfolgreichsten unabhängigen Provider der Welt gemacht hatte. Damals, als die großen Label angefangen hatten, ihre Fans fürs Herunterladen ihrer Musik zu verklagen, waren etliche der unabhängigen Label und ihre Künstler entgeistert. Wie kann man denn bitte Geld verdienen, indem man seine Kunden

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