Little Brother
behaupteten, FasTrak sei billiger, nicht etwa anonyme Barzahlung teurer). Und was dann noch an Barzahlern übrig blieb, verschwand, als sie die Barzahler-Spuren auf eine pro Brückenkopf eindampften, wodurch die Warteschlangen noch länger wurden.
Egal also, ob du hier wohnst oder bloß einen Mietwagen einer örtlichen Agentur fährst - du hast immer einen FasTrak. Aber wie sich rausstellte, sind Mauthäuschen nicht der einzige Ort, an dem dein FasTrak gelesen wird. Das DHS hatte FasTrak-Leser in der ganzen Stadt installiert - wenn du dran vorbeifuhrst, zeichneten sie die Zeit und deine ID-Nummer auf und trugen so ein immer perfekteres Bild dessen zusammen, wer wann wohin fuhr, das in einer Datenbank landete, die zusätzlich von Ampelblitzern und Tempoüberwachungsanlagen gespeist wurde und von all den anderen Nummernschild-Erkennungskameras, die hier wie Pilze aus dem Boden schossen.
Bisher hatte niemand groß darüber nachgedacht. Aber jetzt, da die Leute anfingen, darauf zu achten, bemerkten wir alle irgendwelche Kleinigkeiten, wie etwa den Umstand, dass der FasTrak keinen Ausschalter hat.
Wenn du also Auto fuhrst, konntest du jederzeit von einer SFPD-Kutsche rausgewunken werden, und die fragten dich dann, warum du in letzter Zeit so häufig bei Home Depot warst oder wozu dieser mitternächtliche Trip nach Sonoma letzte Woche gut war.
Die kleinen Wochenend-Demonstrationen überall in der Stadt wurden größer. Nach einer Woche dieser Überwachungsmaßnahmen marschierten fünfzigtausend Menschen über Market Street. Mir wars egal: Den Leuten, die meine Stadt eingenommen hatten, wars ja auch egal, was die Bürger wollten. Sie waren eine Besatzerarmee. Und sie wussten, wie wir darüber dachten.
Eines Morgens kam ich grade rechtzeitig zum Frühstück runter, um zu hören, wie Dad Mom erzählte, dass die zwei größten Taxiunternehmen eine "Ermäßigung" für Leute einführten, die spezielle Karten zum Bezahlen der Fahrt verwendeten, angeblich im Sicherheitsinteresse der Fahrer, die dann nicht mehr so viel Bargeld bei sich hatten. Ich fragte mich, was wohl mit den Informationen passierte, wer mit welchem Taxi wohin fuhr.
Ich merkte, wie knapp es geworden war. Der neue indienet-Client war als automatisches Update verteilt worden, als die ganze Sache grade anfing, richtig übel zu werden, und Jolu erzählte, dass jetzt 80 Prozent des Datenverkehrs bei Pigspleen verschlüsselt war. Das Xnet dürfte im letzten Moment gerettet worden sein.
Aber Dad machte mich langsam wahnsinnig.
"Du bist ja paranoid, Marcus", sagte er einmal beim Frühstück, als ich ihm davon erzählte, wie ich am Tag zuvor gesehen hatte, wie Polizisten ein paar Leute aus der BART pflückten.
"Dad, das ist doch lächerlich. Die fangen überhaupt keine Terroristen, oder etwa doch? Das alles jagt den Leuten bloß Angst ein."
"Vielleicht haben sie noch keine Terroristen geschnappt, aber sie kriegen auf jeden Fall eine Menge Gesindel von den Straßen. Denk mal an die Drogenhändler - angeblich haben sie Dutzende eingesperrt, seit das alles angefangen hat. Weißt du noch, wie diese Junkies dich ausgeraubt haben? Wenn wir ihre Dealer nicht schnappen, wird das immer noch schlimmer."
Im Jahr zuvor war ich beraubt worden, allerdings noch ziemlich zivilisiert. Ein hagerer Typ mit strengem Geruch sagte mir, er habe eine Knarre, der andere verlangte meine Brieftasche. Sie ließen mir sogar meinen Ausweis, behielten allerdings meine Kreditkarte und den Fast Pass. Ich hatte trotzdem fürchterlich Angst gehabt und noch wochenlang paranoid über meine Schulter geguckt.
"Aber die meisten Leute, die sie festhalten, haben doch überhaupt nichts Falsches gemacht, Dad", sagte ich. Das ging mir an die Nieren. Mein eigener Vater! "Das ist doch verrückt. Auf jede schuldige Person, die sie schnappen, müssen sie Tausende Unschuldige bestrafen. Das ist einfach nicht in Ordnung."
"Unschuldig? Typen, die ihre Frau betrügen? Drogendealer? Die verteidigst du, aber was ist mit all den Leuten, die gestorben sind? Wenn du nichts zu verbergen hast..."
"Also dich würde es nicht stören, wenn sie dich anhalten?" Die Histogramme meines Vaters waren bislang deprimierend normal.
"Ich würde es als meine Pflicht betrachten", sagte er. "Ich wäre stolz. Und ich würde mich sicherer fühlen." Der hatte gut reden.
[x]
Vanessa mochte es nicht, wenn ich über diese Sachen sprach, aber sie war zu klug diesbezüglich, als dass ich das Thema lange vermeiden konnte. Wir trafen uns
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