Loch

auseinandergenommen.«
    Norman blinzelte zu ihr auf, während sie sich über ihn beugte. Er konnte nicht viel mehr als ihre schweinsähnliche Silhouette erkennen. Die Sonne brannte hinter ihrem Kopf.
    »Wo ist Duke?«
    Norman gingen plötzlich unerfreuliche Gedanken durch den Kopf.
    Schaufelt Duke gerade ein flaches Grab?
    Boots zuckte die Achseln und sagte dann auf ihre unbestimmte (und ziemlich dumme) Art: »Ach. In der Nähe.«
    »Der Angler. Wir müssen von dem See verschwinden.«
    »Wir sind nicht mehr am See.«
    »Hä?«
    »Komm hoch, Normy, sieh dich um.«
    Sich aufzurichten tat weh. Unglaublich weh.
    »Wenn du irgendwo einen See siehst, schlage ich nackt Purzelbäume für dich.«
    Norman stellte fest, dass er auf der Ladefläche eines Pick-ups auf einer Matratze aus Zeitungsstapeln lag. Eine Plane war zur Seite gezogen worden.
    Sieht so aus, als wäre ich eingewickelt wie ein Baby transportiert worden.
    Vielleicht will Duke mich doch nicht umbringen? Oder lässt er mich am Leben, um mich später nur aus Spaß zu quälen?
    Duke ist einer dieser Typen, die wissen, wie man echte Schmerzen verursacht.
    Boots kniete neben ihm auf den Zeitungen. Als sie sich vorbeugte, sah er, wie ihre Brüste in dem Top hin und her schwangen.
    Sie bemerkte seinen Blick.
    »So wie du meine Titten anstarrst, hat Duke deine Augäpfel wohl nicht kaputt gemacht.«
    »Tut mir leid.«
    »Mir müsste es leidtun, wenn Männer nicht mehr meine Qualitäten bewundern würden. Also?«
    »Also, was?«
    »Willst du dich hinsetzen oder einfach daliegen?«
    »Ich versuch’s ja. Aber es tut höllisch weh.«
    Mit einem Seufzer, als bereitete er ihr große Unannehmlichkeiten, half sie ihm auf.
    »Ah, mein verdammter Rücken!«
    »Sticht es?«
    Norman grunzte. »Nein, ich schreie nur so aus Spaß die Bezeichnungen der Körperteile heraus.«
    »Da ist aber einer mit mieser Laune aufgewacht.«
    »Ich bin ein winziges bisschen verletzt, verstehst du?«
    Boots fuhr sich durch ihr stacheliges gebleichtes Haar. »Keine bleibenden Schäden. Und bevor du fragst, ich hab deinen Willi und seine beiden Söhne schon überprüft. Es geht ihnen gut.«
    »Danke.« Er verzog das Gesicht.
    Die Vorstellung, dass Boots an seinen Genitalien herumgefummelt hatte, während er bewusstlos war …
    Großer Gott.
    Schließlich gelang es Norman, aufrecht auf der Ladefläche des Pick-ups zu sitzen.
    »Was ist mit dem SUV passiert?«
    »Wir haben seitdem ein paarmal die Autos getauscht. Die Polizei fahndet mit Hochdruck nach uns. Das haben wir im Radio gehört.«
    »O Gott.«
    »Duke hat sie angerufen, um ihnen zu sagen, dass sie ihre Zeit verschwenden. Er meint, die Bulle kriegen ihn erst in die Finger, wenn er seinen letzen Atemzug getan hat.«
    »Großer Gott.« Norman schaffte es, seinen Blick auf die Umgebung zu fokussieren. »Ach du Scheiße.«
    »Ja.« Boots sah sich um. »Sieht irgendwie seltsam aus, oder?«
    »Wo zum Teufel sind wir?«
    Zum ersten Mal seit er aufgewacht war, vergaß er das Orchester, das auf seinem ganzen Körper die »Symphonie des Schmerzes« spielte.
    »Das ist Wüste … beschissene Wüste.«
    Er blinzelte. Sanddünen im sengenden Sonnenlicht. Eine gerade Wüstenstraße.
    Kein Verkehr.
    Die Josuabäume hatten sich in der Hitze verbogen, sodass sie aussahen wie betrunkene Tänzer. Hinter dem Sand, dem Wüstengestrüpp und den Mesquite-Sträuchern lag ein merkwürdig roter Gebirgszug.
    Und die Hitze, die beschissene Hitze …
    »Dieses Arschloch hat uns ins Death Valley gebracht.«
    »Spinn nicht rum, Normy. Das ist nicht das Death Valley.«
    »Es sieht aber verdammt so aus.«
    »Wir sind durch das Death Valley durchgefahren. Das hier ist Furnace Creek.«
    »Wir sind in Kalifornien?«
    Boots nickte lächelnd. »Nach deiner Meinungsverschiedenheit mit Duke hast du die ganze Fahrt geschlafen.«
    »Geschlafen? Er hat mich bewusstlos geschlagen. Halb tot, verdammt noch mal.«
    »Norman, das ist jetzt alles Vergangenheit. Außerdem war Duke total mitgenommen wegen dem, was passiert ist.«
    »Ich kann auch nicht darüber lachen.«
    »Duke ist, du weißt schon … sensibel.«
    »Er verbirgt es nur gut, was?«
    Norman stand auf. Die Zeitungsstapel verrutschten unter seinen Füßen. Eine plötzliche Welle von Übelkeit überkam ihn.
    Dann wurde ihm schwindelig.
    Er musste tagelang geschlafen haben, während Duke mit ihnen durch Oregon, Nordkalifornien, dann wahrscheinlich durch die Wildnis der High Sierras, wo es nicht besonders viel Polizei gab, und über den