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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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eine Meldung darüber herausgeben.
     Keine dumme Idee.« Wieder griff er zum Telefon. »Es wird eine Weile dauern, aber der Ansatz gefällt mir.«
    Ich streckte mich, versuchte meine Muskeln zu lockern. »Ich muss mal eine Weile an die Luft.« Charlie sah mich erwartungsvoll
     an, als ich aufstand. Ich nickte ihm zu, sofort sprang er auf, wedelte freudig mit der Rute.
    Die Dämmerung brach herein, bald würde es dunkel sein. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass die Sonne jeden Tag ein paar
     Minuten später unterging und die warmen Sommermonate |118| vor uns lagen. Mit dem Hund zusammen ging ich die Straßen entlang, einmal ums Karree. Anschließend fütterte ich den Hund.
     Anstandslos legte er sich wieder mir zu Füßen, als ich mich an den Tisch setzte.
    »Es gibt noch nicht viel Neues aus Aremberg, aber eins ist sicher, die Tat hat nicht in Mueskens Haus stattgefunden. Er ist
     dort eventuell überwältigt worden, es gibt Anzeichen eines Kampfes und auch geringe Blutspuren. Ob sie vom Opfer stammen,
     wird noch überprüft«, informierte mich Robert.
    Im Nebenraum ging es hektisch zu, ständig klingelte ein Telefon, Stimmen sprachen durcheinander. Jeder kleinste Hinweis konnte
     zum Täter führen.
    Nun würde das Umfeld des Opfers untersucht werden, seine sozialen Kontakte, die Routinehandlungen, seine Gewohnheiten. Das
     Haus, jeder Schrank und jede Schublade würden untersucht werden. Die Nachbarn und Angehörigen würden befragt werden. Das nahm
     viel Zeit in Anspruch, und es war nicht sicher, ob es irgendeinen Hinweis auf den Täter geben würde.
    Ich erhoffte mir Informationen über den Mann, damit ich mir ein Bild von ihm machen konnte. Irgendwo gab es einen Berührungspunkt
     zwischen ihm und dem Täter.
    »Martin, vielleicht können wir noch einmal die Verletzungen durchgehen«, bat ich mit leiser Stimme.
    »Wieso?« Er wirkte verärgert. Aber möglicherweise bildete ich mir das nur ein. Ich hatte mir überlegt, ihn während der OFA
     ganz normal zu behandeln, so als wäre nichts passiert. Aber vielleicht war ihm das nicht möglich.
    »Man könnte versuchen, die Verletzungen zu interpretieren, um so herauszufinden, wie die Tatvorstellung des Täters ist. Ich
     habe mich bisher nicht intensiv mit den Verletzungen auseinandergesetzt, muss ich zugeben. Aber vielleicht ist es wichtig.«
    »Das Gewaltpotenzial des Täters ist enorm.« Martin nahm die Akte und kam zu mir. Als er sich neben mich setzte, berührte er
     mich flüchtig und unbewusst. Fast wäre ich zurückgeschreckt. |119| Für einen Moment hielt er den Aktendeckel mit den Fotos in der Hand, schien zu überlegen, dann sah er mich an.
    »Es sind grausame Verletzungen. Bist du dir sicher, dass du dir das ansehen willst?«
    Ich schluckte, nickte zögernd.
    »Nun gut.« Er öffnete die Akte. »Heinrich Mueskens wurde auf einem Rastplatz gefunden. So einem kleinen Rastplatz ohne Tankstelle.
     Er wurde auf einer Bank positioniert, der Oberkörper lag über der Rückenlehne. Hier.« Er reichte mir ein Foto.
    »O Gott!« Ich starrte das Bild an. Der Mann war in eine kniende Position gebracht worden, die Arme und der Kopf hingen nach
     hinten über die Lehne, seine Beine waren gespreizt. Das Gesäß war deutlich im Mittelpunkt dieser Positionierung.
    »Er wurde mit Klebeband fixiert. Der Täter wollte, dass man ihn so und nicht anders findet.« Martin sah mich an, reichte mir
     ein Glas Wasser. »Das ist erst der Anfang, Conny.«
    »Ich weiß. Weiter.«
    »Die Leichenstarre war schon wieder aus dem Körper gewichen. Ich gehe davon aus, dass der Mann schon mindestens zwei Tage
     tot war, bevor er auf den Parkplatz gebracht wurde. Leichenflecken gibt es kaum, auch nur wenige Blutspuren. Er ist ausgeblutet
     worden, und das langsam. Hier.« Er gab mir ein weiteres Foto. »Siehst du die Schnitte?«
    Mueskens lag bei diesem Bild auf dem Edelstahltisch der Pathologie. In der Leiste und unter den Rippen konnte ich ganz feine
     Striche erkennen. Die Wundränder klafften nicht auseinander.
    »Es sieht aus, als hätte er ein Skalpell oder eine sehr scharfe Klinge benutzt. Du siehst es nicht auf den Bildern, aber die
     Schnitte wurden mehrmals hintereinander an den gleichen Stellen durchgeführt, wahrscheinlich immer dann, wenn die Gerinnung
     einsetzte und die Wunde sich zu schließen drohte.«
    Ich verzog das Gesicht. »Ist er daran gestorben?«
    |120| »Nein, aber vermutlich hätte es nicht mehr lange gedauert. Es ist zu Organversagen gekommen. Gestorben ist

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