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Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Titel: Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Hilfe auszukommen, und irgendwann war ihr das Alleinsein zur zweiten Natur geworden. Sie fürchtete sich vor Nähe, wie sich andere Menschen vor der Einsamkeit fürchten. Ihr ganzes Leben lang hatte sie die anderen vor den Kopf gestoßen. Sie hatte keine Freunde, und das Verhältnis zu ihren Großeltern, die nach Marions Tod von Brooklyn nach Sleepy Hollow gezogen waren, war liebevoll, aber distanziert. Der einzige wichtige Mensch in ihrem Leben war Jeffrey, und auch den hielt sie immer eine Armeslänge auf Abstand.
    Aber Lydia wusste, dass ihr Wunsch, allein zu sein, ein zweites, viel stärkeres Bedürfnis überdeckte. Auch sie wollte wahr- und angenommen werden, jedoch vermochte sie nicht, dieser Sehnsucht Ausdruck zu verleihen, denn warum sollte sie sich erfüllen?
    Genau das war es, was sie in Shawnas Augen las. Mit diesem Bild vor Augen fuhr sie über die gewundene Landstraße bis zu der Autowerkstatt, in der Greg Matthews arbeitete. Langsam fuhr sie auf den Hof, während Kies und Sand unter den Reifen knirschten. Die Werkstatt neben der Tankstelle sah wie ein heruntergekommener Schuppen aus, und nur das große Schild auf dem Dach verriet ihr, dass sie die richtige Adresse gefunden hatte: Joes und Gregs Autoreparatur . Als sie aus dem Wagen stieg, tauchte ein junger Mann hinter einem roten Pick-up auf. Seine wilden Locken wurden von einer roten Baseballkappe gebändigt, deren Mannschaftslogo schon vor langer Zeit abgefallen war. Er richtete sich auf, wischte sich die Hände am Overall sauber und schirmte seine Augen blinzelnd mit der Hand ab.
    »Sind Sie Greg?«, rief Lydia und ging auf ihn zu.
    »Ja«, sagte er in freundlichem Tonfall, »was kann ich für Sie tun?«
    »Ich möchte mit Ihnen über Shawna sprechen.«
    Das Lächeln verschwand, und auf einmal wirkte er um Jahre gealtert. Seine großen Augen über den sommersprossigen Wangen leuchteten hellblau. Seine Hände waren kräftig, unter den Fingernägeln klebte Öl. Er roch nach Benzin und Seife. Unter dem Overall vermutete Lydia den Körper eines Bodybuilders.
    »Ich habe der Polizei schon alles gesagt, aber die haben mir überhaupt nicht zugehört«, sagte er leise. »Hätte nur noch gefehlt, dass sie behaupten, ich hätte ihr was angetan. Sie haben nichts unternommen, um sie zu finden. Ich sag Ihnen was, meine Freundin ist nie und nimmer abgehauen. Falls Sie mir nichts Neues zu berichten haben und nicht rausfinden wollen, was mit ihr passiert ist, habe ich Ihnen nichts zu sagen, Madam.«
    Er wollte sich umdrehen, aber Lydia ergriff sanft seinen Arm.
    »Greg, warten Sie. Ich glaube auch nicht, dass Shawna ausgerissen ist. Ich bin Privatdetektivin. Mein Name ist Lydia Strong, und ich will sehr wohl herausfinden, was Shawna zugestoßen ist.«
    Er beäugte sie misstrauisch. Lydia wusste, dass sie mit den verwaschenen Jeans, den Lederstiefeln aus Eidechsenleder und der cremeweißen Wildlederjacke nicht wie eine Autoritätsperson aussah. Sie wollte eben ihren Ausweis zücken, als er sagte:
    »Okay, kommen Sie rein.«
    Sie folgte ihm durch die Werkstatt und ein kleines Büro in eine Wohnung. Sie war klein und altmodisch eingerichtet, aber sauber und ordentlich. Es roch nach Zigaretten und angebranntem Kaffee. Lydia nahm auf einem klapprigen Stuhl mit grünem Kunstlederbezug Platz und stützte die Ellenbogen auf den Resopaltisch. Greg setzte Kaffee auf.
    Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen und registrierte jedes noch so kleine Detail. Die Geräte – ein olivgrüner Herd und ein passender Kühlschrank – wirkten uralt, schienen aber noch zu funktionieren. Die Arbeitsplatte aus massivem Holz war sauber, jedoch übersät mit Kratzern und Brandflecken. Der Linoleumboden mit dem gold-braunen Blumenmuster wellte sich an einigen Stellen. Durch das ungeputzte Fenster über der Spüle fiel Sonnenlicht ein, und der Staub tanzte durch die Luft wie Schneeflocken. Im Zimmer war es drückend heiß. Greg schaltete die Klimaanlage über der Tür ein, die ächzend und stöhnend ansprang.
    Von ihrem Platz aus konnte Lydia zwei Schlafzimmer mit gemachten Betten erkennen. Die Wände des einen, vermutlich Gregs, waren mit Motorradpostern bedeckt, und in einem Regal standen Bücher über frisierte Motoren, Reparaturbücher und Automagazine. Auf dem Nachttisch erkannte Lydia das Foto von Shawna.
    In dieser Wohnung lebten arme, ehrliche, fleißige Menschen. Vermutlich war Gregs Vater Joe früher bei der Army gewesen und führte seine Werkstatt und seinen Haushalt mit

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