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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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unheimlich, und sie wäre auch mit nicht mehr denn einem höflichen Gruß rasch weitergegangen, hätte nicht der Mann seinen langen Arm gehoben und ihr so bedeutet, stehenzubleiben.
    »Sagt an, meine Lieben, was gibt es Neues aus Wookin zu berichten? Meine Wache währt nun schon drei Tage, und diese Herren hier starben mit ungewöhnlich steifen Hälsen.«
    »Wir hörten keine Neuigkeiten, Herr, außer jener, welche den Tod von sechs Räubern betrifft, und selbige ist Euch ja schon bekannt.«
    »Warum harrt ihr hier?« fragte Dhrun mit entwaffnender Einfalt.
    »Ha-hih!« Der dünne Mann brachte ein dünnes, fistelndes Kichern zustande. »Eine von weisen Männern vertretene Theorie besagt, daß jede Nische im gesellschaftlichen Gefüge, und sei sie noch so eng und klein, jemanden findet, der sie ausfüllt. Ich betreibe ein sehr spezialisiertes Gewerbe, welches es bisher nicht einmal zu einem Namen gebracht hat. Nun, ich will kein Blatt vor den Mund nehmen. Rundheraus gesagt, ich warte unter Galgen, bis die Leiche herunterfällt, worauf ich ihre Kleider und Wertsachen an mich nehme. Ich habe kaum Konkurrenz in diesem Metier; die Arbeit ist stumpfsinnig, und ich werde es nie zu Wohlstand damit bringen. Aber wenigstens ist sie ehrlich, und ich habe immer Zeit zum Tagträumen.«
    »Interessant«, sagte Glyneth. »Guten Tag, Herr.«
    »Einen Augenblick.« Er taxierte die stumm baumelnden Gestalten über ihm. »Ich dachte, Nummer zwei wäre mir für heute sicher.« Er nahm einen langen Stab mit einem gegabelten Ende, der gegen den Galgen lehnte. Mit der Gabel drückte er unmittelbar über dem Knoten gegen das Seil und rüttelte heftig daran. Der Kadaver machte keine Anstalten herunterzufallen. »Mein Name, solltet ihr ihn wissen wollen, ist Nahabod. Mancherorts bin ich auch als Nab, der Schmale, bekannt.«
    »Vielen Dank, Herr. Wenn Ihr nichts dagegen habt, ziehen wir jetzt weiter.«
    »Wartet! Ich will euch noch eine Beobachtung mitteilen, die ihr vielleicht interessant findet. Dort, als zweiter in der Reihe, hängt Tonker, der alte Zimmermann, der zwei Nägel in seiner Mutter Kopf schlug: starrhalsig bis zum Schluß. Beachtet« – er deutete mit seiner Stange, und seine Stimme nahm einen belehrenden Ton an – »den purpurfarbenen Fleck. Das ist eine ganz normale Erscheinung nach den ersten vier Tagen. Danach tritt eine karmesinrote Verfärbung ein und zum Schluß diese kalkige Blässe, ein Hinweis darauf, daß die Leiche kurz vor dem Herunterfallen steht. Nach diesen Anzeichen hielt ich Tonker für reif zum Herunterfallen. Nun, genug für heute. Tonker wird morgen herunterkommen, und nach ihm fällt Pilbane, der Tänzer, der dreizehn Jahre lang als Räuber sein Unwesen entlang der großen Straße getrieben hat und auch heute noch rauben würde, hätte nicht Numinante, der Diebfänger, ihn im Schlaf überrascht, worauf es mit seinen Tänzchen ein für allemal vorbei war. Der nächste ist Kam, der Bauer. Ein Aussätziger lief, just an diesem Kreuzweg, an seinen sechs feinen Milchkühen vorbei, und alle sechs wurden trocken. Da es gegen das Gesetz verstößt, das Blut eines Aussätzigen zu vergießen, übergoß Kam ihn mit Öl und zündete ihn an. Es heißt, der Aussätzige sei mit nur vierzehn Sätzen von hier bis nach Lumarth gehüpft. Numinante legte das Gesetz überstreng aus, und nun baumelt Kam in der Luft. Nummer sechs, der letzte in der Reihe, ist Bosco, ein Küchenmeister von gutem Rufe. Viele Jahre lang mußte er die Launen des alten Lord Tremoy ertragen. Eines Tages pinkelte er in einer Aufwallung von Gehässigkeit in die Suppe seiner Lordschaft. Doch ach! Die Tat wurde von drei Küchenjungen und dem Feinbäcker beobachtet. Und weh! Da hängt er nun!«
    Glyneth, gegen ihren Willen interessiert, fragte: »Und der nächste?«
    Nab, der Schmale, klopfte mit seiner Stange gegen ein Paar baumelnder Füße. »Das hier ist Pirriclaw, ein Räuber von außergewöhnlicher Wahrnehmungsfähigkeit. Er konnte ein voraussichtliches Opfer anstarren – so« – Nab schob seinen Kopf vor und fixierte Dhrun mit seinem Blick – »und so!« Er richtete denselben durchbohrenden Blick auf Glyneth. »Im selben Moment war er in der Lage, zu erraten, wo sein Opfer seine Wertsachen trug. Fürwahr, eine nützliche Kunst!« Nab schüttelte den Kopf voller Wehmut über das Dahinscheiden eines solch wunderbaren Talents.
    Dhrun ließ seine Hand an den Hals gleiten, um nachzuprüfen, ob sein Amulett noch da war. Fast unwillkürlich fühlte

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