Maedchengrab
Rebus.
»Vielleicht den Gang runter …«
Rebus folgte ihm zum Büro der Inneren. Fox gab den Türcode ein, schirmte die Zahlenkombination mit der Hand vor den Blicken seines Besuchers ab. Der Raum war ungefähr so groß wie das Büro der SCRU und fast identisch geschnitten: Schreibtische und Laptops, dazu ein Fenster mit Blick auf die Fettes Avenue. Ein Mann im Anzug wartete dort auf sie. Er war in Fox’ Alter, aber drahtiger, mit uralten Aknenarben auf einer Wange. Rebus hatte das Gefühl, dieser Mann würde bereitwillig den bad cop spielen, damit Fox die Rolle des Guten übernehmen konnte – oder umgekehrt. Fox stellte ihn als Tony Kaye vor, dann bat er Rebus, sich zu setzen.
»Ich stehe gerne.«
Fox zuckte mit den Schultern, dann schob er seinen Hintern auf eine Ecke von Tony Kayes Schreibtisch.
»Ich dachte, Sie wären vielleicht noch oben im Norden«, sagte Fox. »Deshalb habe ich zunächst in Inverness angerufen, bekam dort aber mitgeteilt, man habe Sie nach Hause geschickt.« Sein Blick durchbohrte Rebus. » Wären Sie so freundlich, mir zu erzählen, warum?«
»Ich habe die da oben wie Amateure aussehen lassen. Sie wissen ja, wie empfindlich die Kollegen bei so was reagieren.«
»Dann hatte Ihre vorzeitige Rückkehr nichts mit Frank Hammell zu tun?«
» Warum sollte sie?«
» Wegen des Fotos von Ihnen beiden bei einem Glas in aller Freundschaft«, brachte Tony Kaye ins Spiel.
»Reiner Zufall.«
»Verkaufen Sie uns nicht für blöd.«
Rebus wandte sich an Fox, wartete aber, bis dieser weitersprach.
»Morris Gerald Cafferty«, fuhr Fox fort, »und jetzt Francis Hammell. Sie suchen sich schöne Freunde aus, Rebus.«
»Das sind genauso wenig meine Freunde wie Sie.«
»Komisch«, sagte Kaye, »dass Sie dann mit uns noch nie einen trinken waren.«
Rebus hielt den Blick auf Fox gerichtet. » Wir verschwenden hier gegenseitig unsere Zeit.«
»Die SCRU wird aufgelöst, habe ich gehört. Damit scheiden Sie erneut aus dem Dienst aus.« Fox hielt inne. »Es sei denn, Sie wollen sich ernsthaft noch mal bewerben.«
»Das Leben als Zivilist scheint mir plötzlich auch Vorzüge zu besitzen«, erwiderte Rebus, drehte sich um und ging zur Tür. »Dann muss ich mir keinen Mist mehr von Ihnen anhören.«
»Ein schönes Leben noch, Rebus«, rief ihm Kaye hinterher. »Auch wenn nicht mehr viel davon übrig ist …«
Als er am Abend nach Hause kam, lag ein Zettel hinter der Tür. Er faltete ihn auseinander. Er stammte von MGC – Morris Gerald Cafferty –, der ihm auf diesem Weg mitteilte, wie enttäuscht er von ihm sei, weil »er sich mit Abschaum wie Frank Hammell« abgebe, das Wort »Abschaum« war dreimal unterstrichen. Rebus hob die restliche Post auf und ging damit ins Wohnzimmer. Es war stickig, weshalb er ein Fenster aufmachte und zum Ausgleich die Heizung hochdrehte. Der Plattenspieler war immer noch an, drehte sich träge. Rebus legte ein Album von Bert Jansch auf und senkte den Arm auf das Vinyl. Dann lud er sein Handy auf, bevor er ins Schlafzimmer ging, seine Reisetasche auspackte und zwei Plastik tüten mit Wäsche vollstopfte. Noch eine Stunde, bis der nächste Waschsalon zumachte, also beschloss er, das Zeug noch schnell abzugeben – und sich auf dem Rückweg etwas zu essen zu holen. Er ließ sein Handy liegen und nahm den Tonarm von der Platte, schloss die Wohnungstür ab und stieg die Treppe nach unten.
»Ja, ich weiß.« Schon als er sich ihm näherte, entschuldigte er sich bei seinem Saab. Er hatte gerade die Schmutzwäsche auf den Rücksitz geworfen, als sein Name gerufen wurde. Plötzlich hellwach drehte er sich um und sah Darryl Christie aus einem schwarzen Mercedes M-Klasse steigen. Der Fahrer blieb hinter dem Lenkrad sitzen, ließ aber die Scheibe herunter, um das Geschehen besser im Blick zu behalten. Rebus erkannte den vorlauten Türsteher aus dem Jo-Jo Binkie’s – Marcus oder so ähnlich.
»Hallo, Darryl«, sagte Rebus und lehnte sich an den Saab. »Lohnt es sich zu fragen, woher Sie wissen, wo ich wohne?«
» Wir leben im Informationszeitalter, falls Sie’s noch nicht gemerkt haben.«
» Wie geht’s Ihrer Mutter? Und dem Rest der Familie?«
» Wir müssen eine Beerdigung organisieren.«
»Und den Freund Ihrer Mutter zur Besinnung bringen.«
»Glauben Sie wirklich, um den mache ich mir irgendwelche Gedanken?«
»Ich glaube, dass Sie was in der Birne haben. In vielerlei Hinsicht sind Sie schlauer als Frank Hammell. Jemand muss ihn aus Inverness
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