Maedchenjagd
Haufen Kleider gekauft, Shana. Kannst du die nicht zu der Veranstaltung tragen?«
»
MOM
… Die habe ich schon in der Schule angehabt. Ich will sie nicht zur Disco anziehen.«
»Mal sehen«, sagte Lily beschwichtigend.
Shana starrte aus dem Fenster.
»Und, was ist sonst los? Gibt’s was Neues?«
»Ich habe heute meine Tage gekriegt.«
Das war aufregend, und Lily konnte ihre Gefühle nicht verhehlen. Shana verdrehte die Augen. Das hier war etwas zwischen Frauen, etwas, das sie beide teilen konnten. Sie konnten sich zu Hause im Schlafzimmer einschließen und miteinander reden, konnten die Bindung zwischen ihnen wiederbeleben, die John zerstört hatte. »Ich wusste doch, dass es nicht mehr lange dauern würde. Habe ich dir erzählt, dass auch ich in deinem Alter so weit war? Das ist der Grund, warum du so schnippisch und aufgewühlt warst. Das ging mir genauso. Es ist völlig normal. Hast du Bauchkrämpfe? Wie geht es dir? Wir können bei der Drogerie haltmachen. Was trägst du jetzt?«
»Dad hat mir schon Binden besorgt.«
Lilys Knöchel am Lenkrad wurden weiß. Sie nahm den Fuß vom Gaspedal, und unvermittelt blieb der Wagen mitten im Vorstadtverkehr stehen. Hinter ihr hupten die Autos und überholten sie dann. Sie wandte sich ihrer Tochter zu. »Du hättest mich bei der Arbeit anrufen und es mir erzählen können. Warum hast du das nicht gemacht? Warum schließt du mich aus deinem Leben aus?« Sie musste die Worte laut aussprechen, wie eine Masochistin den Schmerz fühlen.
»Dad hat gesagt, dass du zu viel zu tun hast und sauer wärst, wenn ich dich störe.«
In Lilys Ohren klingelten die Worte: »Dad hat mir schon Binden besorgt.« Nun kam der Satz »Dad hat gesagt, dass du zu viel zu tun hast« hinzu. Dass sie diesen einzigartigen weiblichen Augenblick, diesen Schritt ins Erwachsenenleben, nicht mit ihrer Mutter hatte teilen wollen, sondern sich ohne Scham an ihren Vater gewandt hatte – damit hatte Shana Lily vernichtet. Schweigend fuhren sie nach Hause.
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5
Donnerstag, 14 . Januar
Ventura, Kalifornien
L ily und Christopher Rendell saßen auf dem Balkon ihres neuen Zuhauses und tranken eine Flasche Merlot. Die salzige Seeluft ließ es kühler wirken, als es tatsächlich war, und sie hatten sich beide in ihre Frotteebademäntel gewickelt.
Das Haus hatte zwei Schlafzimmer und war nicht besonders groß, doch es waren nur wenige Schritte zum Strand, und Lily liebte es. Der Balkon lag ein paar Meter über dem Boden, um das Haus vor der Brandung zu schützen, andernfalls hätten sie einfach aus der Terrassentür direkt ans Meer laufen können. Das Gebäude war zwanzig Jahre alt, mit einer großzügigen Küche, zwei holzbefeuerten Kaminen und einem gemütlichen Raum mit hoher Decke, der als Wohnzimmer diente. Es gab kein Esszimmer, doch entlang der Küchenwand verlief eine marmorne Theke, und außerdem hatte Lily einen Tisch hineingequetscht, an dem vier Personen sitzen konnten.
Der Makler hatte Lily erzählt, dass der ehemalige Besitzer in Beverly Hills lebte und das Haus nur ein- oder zweimal im Monat bewohnt hatte. Die Wirtschaftsflaute hatte die Reichen offenbar mehr getroffen als den Durchschnitt, und Lily befreite sie nur zu gern von der Last ihres Strandhauses.
Lily hatte gerade geduscht, und das rote Haar lag ihr in feuchten Kringeln auf der Schulter. Vor der Rezession hätte sie sich niemals ein Haus am Wasser leisten können, auch wenn die Immobilienpreise in Ventura nur einen Bruchteil von jenen in anderen Badeorten ausmachten.
Die Stadt war rund um die alte Mission San Buenaventura entstanden, die 1782 gegründet worden war. Auf der einen Seite erstreckten sich kilometerlange Sandstrände, an denen die Villen der Millionäre mit eigenen Bootsanlegestellen standen. Der Rest der Stadt hatte sich in die Gebirgsausläufer ausgebreitet, wo es wunderbare Ausblicke auf den Pazifik gab. Anders als Santa Barbara, das nur zwanzig Meilen weiter nördlich lag, hatte sich Ventura nicht zu einem Spielplatz der Reichen und Berühmten entwickelt. Ein paar neue Geschäfte und Restaurants hatten im Laufe der Jahre eröffnet, aber im Großen und Ganzen war alles gleich geblieben. Lily fand Ventura ein wenig lahm, so, als stecke die Stadt unter einer angestaubten Blase, die sie dort verharren ließ, wo sie vor zwanzig Jahren stehengeblieben war. Dazu trugen auch die Farmergemeinden in der Umgebung bei, die hauptsächlich Avocadofelder bewirtschafteten. Der spanische Einfluss war noch immer spürbar,
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