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Maedchenjagd

Maedchenjagd

Titel: Maedchenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Taylor Rosenberg
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wobei er nicht so kultiviert worden war wie in Santa Barbara, wo wunderschöne Häuser im Missionsstil entstanden waren und die neuen Bauten der bestehenden und sorgfältig renovierten Architektur angepasst worden waren.
    Chris beugte sich vor. »Warum darf ich nicht mit hinauffliegen?«
    »Ich denke einfach, dass es keine gute Idee wäre«, antwortete Lily und kaute an einem spitzen Nagel. Chris war die Erfüllung ihrer Träume, er war intelligent, einfühlsam und romantisch. Anders als bei Bryce war sie sich bei ihm sicher, dass er ihr treu bleiben und ein wunderbarer Stiefvater für Shana sein würde. Vor drei Monaten hatte er Lily gebeten, ihn zu heiraten, und sie war überglücklich gewesen, hatte aber dennoch gezögert. Sie hatten beschlossen, erst einmal zusammenzuleben, bevor sie sich endgültig entschieden, also war Chris in Lilys neues Haus am Strand gezogen und hatte sein eigenes Haus für sechs Monate vermietet.
    Chris war Richter am Municipal Court. Nur schwere Gewaltverbrechen kamen bis vor das Superior Court. Alles andere wurde im Amtsgericht abgehandelt, das intern »der Zoo« genannt wurde, weil immer ein großes Chaos herrschte. Chris legte womöglich zwanzig Fälle an einem Tag bei, wohingegen die Verbrechen, die Lily verhandelte, Monate in Anspruch nehmen konnten. Die einzige Rettung für die Richter am Superior Court waren die Vergleiche, die die Parteien miteinander aushandelten. Ohne sie wäre Lily mit ihren Terminen hoffnungslos im Rückstand gewesen.
    Lily konnte an nichts anderes denken als an Shana. Sie hatte für den morgigen Abend einen Flug nach San Francisco gebucht. Um rechtzeitig am Flughafen von L.A. zu sein, müsste sie die Verhandlung frühzeitig schließen. An Freitagabenden war der Verkehr auf dem Freeway 405 ein Alptraum und völlig unberechenbar. Egal, wie viel Zeit man einplante, es konnte immer noch passieren, dass man den Flug verpasste.
    Es war ein Risiko, mitten in einem Gerichtsprozess dieser Größenordnung zu verreisen. Wenn sie aus irgendeinem Grund nicht pünktlich wiederkäme, konnte Richter Hennessey ihr eine offizielle Rüge erteilen. Ein Richter, der bei einem Mordprozess nicht erschien, noch dazu einem, in dem es um die Todesstrafe ging, beging beruflichen Selbstmord. Den Vorgaben der Justizverwaltung zufolge waren nicht die Anwälte oder Kläger, sondern allein der Richter dafür verantwortlich, die Prozessdauer zu überwachen. Um Verzögerungen zu vermeiden und den Zeitplan im Prozess einzuhalten, bedurfte es eines großen richterlichen Engagements.
    Die Arbeit, die einem Gerichtsverfahren vorausging, war oftmals noch zeitaufwendiger als der eigentliche Prozess. Sollte sich herausstellen, dass Shanas Probleme ernster waren, als Lily ahnte, müsste sich ein neuer Richter von Anfang an in den Fall einarbeiten. Wenn sich alles zu sehr verzögerte, konnte die Verteidigung gegen einen Verfahrensverstoß klagen, mit dem Argument, dass dem Klienten eine zeitlich angemessene Bearbeitung verwehrt worden war.
    Dazu kam, dass Lily, sobald sie einen Fall zugeordnet bekam, alles Mögliche versuchen musste, die beiden Parteien zu einem Vergleich oder einer Beilegung des Falls zu bewegen. Silversteins Entschlossenheit, Noelle Reynolds zum Tode zu verurteilen, hatte dies jedoch unmöglich gemacht. Letztendlich war nicht das Recht ausschlaggebend. Es ging nur um Zeit und Termine.
    »Hast du mir zugehört, Lily?«, fragte Chris. »Ich habe mir meine Prozessliste angeschaut. Bis zum frühen Nachmittag bin ich mit allem durch. Dann kann ich mitkommen.«
    »Ich möchte, dass du und Shana euch versteht«, sagte Lily. »Sie ist völlig durch den Wind im Augenblick.« Sie nahm ihr Telefon vom Tisch und drückte auf Wahlwiederholung. Als sie Shanas Voicemail erreichte, unterbrach sie die Verbindung. »Ich wünschte, ich müsste nicht bis morgen Abend warten. Es macht mich wahnsinnig, dass ich sie nicht erreichen kann. Sollte ich die Polizei anrufen, damit sie einen Beamten hinschicken, der schaut, ob alles in Ordnung ist?«
    »Du hast doch gestern mit ihr telefoniert«, argumentierte er. »Bestimmt geht es ihr gut. Sie wird womöglich wütend, wenn die Polizei vor ihrer Haustür steht. Hast du Sorge, dass sie sich etwas antut?«
    Lily atmete tief durch. »Möglich.«
    »Für mich klang es so, als müsste sie einfach ein bisschen Luft ablassen. Du hast sie wahrscheinlich zu einem blöden Zeitpunkt erwischt. Ihr Freund hat sie wegen einer anderen verlassen. Sie ist in dem Alter, in dem

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