Maedchenjagd
war, hätte sie einen Psychologen in Palo Alto aufgetan. Vom Geld abgesehen, hatte nichts darauf hingedeutet, dass Shana Probleme hatte.
Sie begann in den Badezimmerschränken zu wühlen, bremste sich dann jedoch. Egal, was los war, sie würde nicht in die Privatsphäre ihrer Tochter eindringen.
Als sie zurück ins Wohnzimmer kam, ging sie geradewegs auf den Fernseher zu und riss den Stecker aus der Steckdose. »Das Erste, was wir morgen früh tun, ist, uns hinsetzen und überlegen, wie wir deine Situation angehen.« Sie machte eine Pause und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Chris hat mich gebeten, ihn zu heiraten. Ich möchte, dass du ihn kennenlernst. Ich weiß, dass du ihn mögen wirst. Er ist ein wunderbarer Mann, Shana.«
»Nun, Mom, das kommt mir irgendwie bekannt vor. War Bryce nicht auch ein wunderbarer Mann?«
»Jeder macht mal Fehler. Es tut mir leid um dich und Brett. Du wirst einen anderen finden. Wart nur ein wenig ab.«
Shana starrte sie mit einem verbitterten Gesichtsausdruck an. »Warum sind die Männer so hinter dir her? Du bist auch nicht mehr die Jüngste, und du ziehst dich scheiße an. Dad hat dich selbst nach der Scheidung noch geliebt, als du ihn betrogen hattest. Was Bryce angeht, weiß ich es nicht, aber immerhin hat er dich geheiratet. Jetzt ist da schon wieder ein Kerl, der in dich verliebt ist. Jeder Typ, mit dem ich je zusammen war, hat mich sitzenlassen. Meine Mutter hat ein besseres Liebesleben als ich. Kannst du dir vorstellen, wie das für mich ist?«
Shana hatte dunkle Augenringe, und ihr Gesicht war hager und bleich. Von ein paar Stippvisiten im Fastfood-Restaurant abgesehen, hatte sie vermutlich die Wohnung in den drei Wochen seit der Trennung von Brett nicht mehr verlassen. Während Lily aufräumte, sah sie in ein paar Fastfood-Tüten hinein und bemerkte, dass nur wenige Bissen gegessen worden waren. Aber da war noch etwas, das Lily wahrnahm: Angst. Sie klopfte auf das Sofa. »Gib mir einfach ein Kissen, ich schlaf heute Nacht hier.«
»Du kannst in Julies Zimmer schlafen. Ich hab zwar das Laken nicht gewechselt, aber ich denk nicht, dass du dir was einfängst. Im Vergleich zu mir ist es bei ihr picobello.«
»Auf dem Sofa ist es schon in Ordnung. Ich möchte, dass wir morgen früh das erste Flugzeug nehmen.«
Shana warf ihr einen eiskalten Blick zu. »Ich geh nicht nach Ventura.«
»Ich bestehe darauf«, antwortete Lily energischer. »Ich will, dass du zu Dr. Randolph gehst. Du kannst zu Hause den Stoff nachholen, und dann gehst du nach deiner Rückkehr wieder in die Vorlesungen. Wir reden von ein paar Tagen, Shana. Manchmal braucht es gar nicht mehr, um die Dinge wieder nüchterner zu betrachten. Du hast gesagt, dass du Angst hast, weil …«
»Wie oft muss ich dir das noch sagen? Ich geh nicht nach Ventura, verdammt.« Shana schrie, dann stand sie auf und rannte in dem kleinen Zimmer hin und her, mit einem Gesichtsausdruck, der Lily an einen Panther im Zoo erinnerte. Doch plötzlich, von einem Augenblick zum anderen, fand ein Stimmungswechsel statt. Die Anspannung in ihrem Gesicht ließ nach, sie sah Lily an und lächelte, als hätte sie eben eine geheime Botschaft erhalten. »Brett wird zu mir zurückkehren. Sobald er erkennt, wie doof das Mädchen ist, wird er mich anflehen, dass ich ihn zurücknehme. Ist doch egal, ob er mit einer anderen rumgemacht hat. Es ist keine Liebe oder so. Sie ist nur ein Fick. Ich werde ihm verzeihen. Ich habe keine Wahl. Wir werden heiraten, sobald er das Examen bestanden hat. Wir wissen sogar schon, wo wir heiraten wollen. Eine wunderschöne katholische Kirche in San Francisco. Brett will für mich sogar konvertieren, er gehört der Episkopalkirche an, aber die unterscheidet sich gar nicht so vom Katholizismus.«
Während Shana auf und ab lief, bildeten sich Schweißperlen auf Lilys Stirn und Oberlippe. Zuerst hasste Shana alles und jeden, und im nächsten Augenblick plante sie die Hochzeit mit einem Mann, der sie nicht länger wollte. Auch sonst war Shana verändert. Sie hatte sich nie obszön ausgedrückt, und sie war immer auf dem Boden der Tatsachen geblieben. Es war ihre Psyche, die sich verändert hatte. Ihre Persönlichkeit wirkte wie gespalten. Ein Psychiater würde es wahrscheinlich als Psychose bezeichnen, und Lily wusste, dass so etwas ernst zu nehmen war. Manche Menschen erholten sich nie mehr. Sie durfte das nicht riskieren. »Wann hast du das letzte Mal mit Brett geredet?«
»Weiß nicht. Vor zwei, drei
Weitere Kostenlose Bücher