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Maedchenjagd

Maedchenjagd

Titel: Maedchenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Taylor Rosenberg
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herausgeredet. Er wusste, dass sie Valium nahm, um durch den Tag zu kommen, also war sie sicher gewesen, dass er ihr glauben würde.
    »Was willst du von mir?«, fragte Lily geradeheraus.
    »Du bist Anwältin«, erwiderte er. »Ich werde jemanden brauchen, der mich vertritt. Willst du, dass Shana erfährt, dass ihr Vater im Gefängnis sitzt? Sie ist eh schon am Boden zerstört, weil Curazon wieder frei ist. Dieser miese Bastard. Er hat mein kleines Mädchen vergewaltigt. Sie war doch noch so jung.«
    »Beruhige dich«, sagte Lily, als sie ihn wimmern hörte. »Wurde eine Kaution ausgesetzt?«
    »Ja«, antwortete er. »Hunderttausend.«
    »Hunderttausend?« Lily hatte mit weniger gerechnet, doch fahrlässige Tötung im Straßenverkehr galt beinahe so schwer wie Totschlag mit bedingtem Vorsatz. Unter bestimmten Umständen war eine Kaution in dieser Höhe gerechtfertigt. Sie hatte angenommen, dass der Bezirksstaatsanwalt in Los Angeles John wegen verschiedener Straftaten unter Anklage gestellt hatte. Die meisten Beschuldigten waren zu verängstigt, um viel von dem mitzubekommen, was ihnen vorgeworfen wurde, oder sie verstanden den Juristenjargon nicht. Um John wegen fahrlässiger Tötung anzuklagen, musste es schon eine schwerere Gewalttat gewesen sein als unabsichtliches Überfahren. »Was genau hast du getan?«
    »Du meinst, was wirft man mir vor?«
    Jetzt also wollte er dieses Spielchen spielen. Es waren die typischen Ausweichmanöver, die Lily von unzähligen Kriminellen gehört hatte. Sie war versucht, ihm mit der Kaution aus der Patsche zu helfen, nur um ihn in eine dunkle Gasse zu fahren und ihm mit einem Baseballschläger beide Kniescheiben zu zertrümmern. Er hatte kein Problem damit, ihr an einem Gefängnistelefon einen Mord vorzuwerfen, würde gleichzeitig aber niemals seine eigene Schuld eingestehen. »Sag mir einfach, was die Polizei gegen dich vorgebracht hat.«
    »Die Bullen werfen mir vor, mich vom Tatort entfernt zu haben. Du weißt schon, Fahrerflucht. Als sie mich verhaftet haben, saß ich gerade auf der Terrasse und hab mir einen kleinen Whisky genehmigt.«
    »Du bist auf Bewährung, John«, sagte Lily. »Du hast versprochen, nicht mehr zu trinken.«
    »Ich weiß, aber es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, was für eine Angst Shana hat. Sie ist sich ganz sicher, dass sie Curazon gestern Abend gesehen hat, die Arme.«
    »Ich habe die Polizei gerufen, oder? Du warst nicht einmal zu Hause. Wenn du nicht willst, dass Shana Angst hat, warum hast du sie dann allein gelassen und bist was trinken gegangen?«
    »Ich war gar nicht am Steuer, als sie mich festgenommen haben. Es ist doch kein Verbrechen, was zu trinken.«
    Lieber Gott, steh mir bei, dachte Lily. Ihre Gedanken überschlugen sich. Gleich nach dem Gespräch müsste sie beim zuständigen Gericht anrufen und darum bitten, dass man ihn mit einer Anzahlung von zehn Prozent der Kaution freiließe. Wenn der Richter nicht explizit die Zahlung des gesamten Betrags verfügt hatte, genügten üblicherweise diese zehn Prozent. Doch selbst in diesem Fall besaß sie keine zehntausend Dollar. Sie müsste sich um einen Bankkredit bemühen. So ein Darlehen brauchte seine Zeit, aber sie hatte keine andere Wahl, als Johns Forderungen nachzugeben, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Gab es irgendwelche Zeugen dieser mutmaßlichen Fahrerflucht?«
    »Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte er. »Du weißt doch, die Bullen erzählen dir diese Dinge nicht. Sie setzen dich in ein Verhörzimmer und bearbeiten dich so lange, bis du alles gestehst.«
    Etwas war faul. Natürlich wusste sie, dass John log, aber da war noch etwas anderes, das sie nicht benennen konnte. Sie massierte sich die Stirn und versuchte, die Situation mit klarem Kopf zu betrachten. Wenn die Beweislage schlecht war, dann nahm die Staatsanwaltschaft den Verdächtigen gewöhnlich nicht in Haft, bis sie einen hieb- und stichfesten Sachverhalt konstruiert hatte. Sobald sie ihn nämlich inhaftiert hatte, begann die Uhr zu ticken, und wenn der Verdächtige dann freigesprochen wurde, kam das Gesetz gegen Doppelbestrafung ins Spiel, und er konnte niemals mehr für dieses Vergehen verurteilt werden. »Wieso haben sie dich festgenommen, wenn es keinen Zeugen oder konkreten Beweis gibt? Wie konnten sie dich überhaupt identifizieren, wenn es doch Fahrerflucht war? Ist dein Auto irgendwie beschädigt?«
    »Man hat meinen Geldbeutel am Unfallort gefunden«, sagte er und klang nicht mehr ganz so selbstsicher wie zuvor.

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