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Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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ist.

Montag, 20. Juni, 08.19 Uhr,
Zwischen den Hedigen,
Alt Westerland
    Sven Winterberg flucht leise, als er den Stau am Ende der Zufahrtsstraße zum Westerländer Zentrum sieht. Ein Lastwagen steht quer, und Blaulicht ist auch schon genügend vorhanden. Schnell biegt Sven nach links in eine der kleinen Anwohnerstraßen ab. Er ist ohnehin schon spät dran und will jetzt nicht noch mehr Zeit verlieren. Und eigentlich ist es auch ganz schön, durch die frühmorgendlich ruhige Straße zu fahren. Mütter bringen ihre Lütten in den Kindergarten oder machen mit Buggy und Hund die erste Runde. Ein paar Jogger kreuzen Svens Weg, und sogar zwei trödelnde Schuljungen begegnen ihm, obwohl die erste Stunde längst begonnen hat.
    Sven mag den alten Teil der sonst so umtriebigen Inselmetropole gern. Einige seiner Schulfreunde wohnen immer noch hier in den Häusern ihrer Eltern, die Sven von manchen Wochenendpartys ihrer Pubertätszeit kennt. Viele andere Häuser allerdings sind verkauft worden und nun in den Händen von findigen Immobilienhaien. Auch Touristen schätzen die Vorzüge einer zentralen Lage verbunden mit einem – noch – intakten sozialen Umfeld.
    Als Sven an dem Backsteinhaus Hubert Mönchingers vorbeifährt, wirft er einen neugierigen Blick zum Eingang. Ob die reiselustige Ehefrau wohl wieder aufgetaucht ist? Sven erwägt kurz, anzuhalten und sich zu erkundigen, aber dann geschieht etwas Merkwürdiges.
    Die Vordertür wird aufgerissen, und ein ziemlich wütend aussehender Hausherr stürmt durch den Vorgarten zur Garage, neben der zwei Mülltonnen stehen. Unter seinem Arm klemmt ein grauer Aktenordner, den er jetzt im Müll versenkt. Danach fährt sich Hubert Mönchinger mit beiden Händen übers Gesicht, als wolle er sich von irgendetwas reinwaschen und geht deutlich langsamer zurück zum Haus.
    Vorsichtig rollt Sven an den Straßenrand und stellt seinen Motor aus. Er kann die Vorgänge auf dem Mönchinger-Grundstück jetzt bequem im Rückspiegel verfolgen, ohne selbst allzu viel Aufmerksamkeit zu erregen.
    Und tatsächlich gibt es noch mehr zu beobachten. Denn kaum hat sich die Tür hinter dem Besitzer des Hauses geschlossen, wird sie wieder aufgestoßen und furiengleich jagt Hubert Mönchingers Schwester zu den Mülltonnen. Sie lüftet den Deckel der Altpapiertonne und beugt sich weit hinein. Sekunden später hat Christa Mönchinger den Leitzordner wieder aus dem Papiermüll gefischt. Kurz darauf ist der Bruder schon wieder an ihrer Seite und entreißt ihr den Ordner. Es sieht aus, als wolle er ihn zurück in die Tonne werfen, aber seine Schwester redet gestenreich und energisch auf ihn ein. Mönchinger nickt schließlich, lässt den Mülldeckel knallend zufallen und klemmt sich die Kladde unter den Arm. Sven erwartet, dass nun beide ins Haus zurückkehren werden, aber so ist es nicht.
    Während Christa Mönchinger tatsächlich wieder hineingeht, schließt ihr Bruder die Garage auf und steigt in sein Auto, einen silbergrauen BMW kleinerer Bauart. Als Hubert Mönchinger seinen Wagen rückwärts aus seiner Garage chauffiert und auf der Straße direkt an Sven vorbeifährt, kann der Kommissar sehen, dass der Ordner auf dem Beifahrersitz liegt. Die Schwester ist zwar längst wieder im Haus verschwunden, allerdings scheint es Sven so, als bewege sich eine Silhouette hinter dem Küchenfenster, das zur Straße herausgeht.
    Was beobachtet Christa Mönchinger? Ist es ihr recht, dass der Bruder mit dem Ordner davonfährt? Oder hätte sie die Akten lieber an sich genommen, und er hat es im letzten Moment vereitelt? Und hat der Inhalt dieses Ordners überhaupt etwas mit der verschwundenen Ehefrau zu tun? Oder geht es um etwas ganz anderes, vielleicht Geschäftliches?
    Sven muss sich in Sekundenbruchteilen entscheiden, welche Spur er jetzt verfolgen soll. Er könnte den Geschäftsmann mit dem Wagen observieren und vielleicht herausfinden, wohin er den Ordner bringt. Sven könnte ihn aber auch davonfahren lassen und unter einem Vorwand ein Gespräch mit dessen Schwester führen. So aufgeregt, wie sie wirkt, sind ihr vielleicht doch noch Einzelheiten über die Nacht, in der ihre Schwägerin verschwunden ist, zu entlocken. Nur, was soll das nutzen? Die Kriminalpolizei ermittelt in einem Mordfall und sucht nicht nach einer entlaufenen Ehefrau. Oder hängen beide Vorkommnisse doch zusammen? Schließlich ist Christa Mönchinger bisher die einzige Zeugin, die behauptet, Marga Mönchinger habe das Haus freiwillig

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