Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi
zur Verbesserung des Familienklimas beitragen. Meine Frau hat eine Schulfreundin mit deren Mann eingeladen. Das war schon längst mal fällig.«
»Na dann, ab an die Futtertröge und danach in die Kiste, mein Freund«, ruft Bastian noch über die Schulter, während er mit Leo Blum das Büro verlässt.
Sven Winterberg lacht leise. Erst als sich die Tür hinter den beiden Männern geschlossen hat, sagt er zu Silja: »Der hat heute aber prächtige Laune. Du scheinst ihn gut behandelt zu haben. Macht sich doch gleich beim Betriebsklima bemerkbar.«
»Freut mich, dass ich auch etwas zu den Ermittlungen beitragen kann.«
»Jetzt sei nicht eingeschnappt, Silja. Es war ziemlich großzügig von Bastian, dass er dich am Wochenende in Ruhe gelassen hat.«
Silja nickt. Und dann lächelt sie geheimnisvoll. Sven zieht fragend die Augenbrauen in die Höhe, aber Silja wehrt seine Neugier mit einer energischen Geste ab.
Sven stöhnt leise auf. »Ach du Scheiße, du hast dich verliebt. Ich seh’s dir an. Die Kommilitonin aus Hamburg war in Wirklichkeit ein Typ und jetzt bist du …«
»Halt die Klappe«, unterbricht ihn Silja lachend. »Du bist so was von auf dem Holzweg, dass es für einen Ermittler schon echt peinlich ist. Dafür sollte man dir glatt das Gehalt kürzen.«
»Lass das nicht Anja hören«, antwortet Sven und wendet sich ab, damit Silja auf keinen Fall seinen erleichterten Gesichtsausdruck sehen kann. Denn dass sie verliebt guckt, lässt er sich nicht ausreden. Und wenn es dabei nicht um irgendeinen Hamburger Schnösel geht, hat Bastian immer noch Chancen auf ein Revival. Und das würde er dem Kollegen von ganzem Herzen gönnen.
Montag, 20. Juni, 20.34 Uhr,
Haus am Dorfteich,
Wenningstedt
Fred Hübner sitzt mit gebeugtem Rücken auf einem der geflochtenen Freischwinger, die seinen Esstisch umstehen, und hackt auf sein MacBook ein. Auf dem Tisch stehen zwei geleerte Espressotassen, daneben liegt ein angebissenes Sandwich. Im Unterschied zu dem angebissenen Apfel auf dem MacBook-Deckel ist das Sandwich echt und riecht ziemlich penetrant nach Zwiebeln. Nicht nur darum ist Freds Stirn gerunzelt, ein diffuser Ärger anderer Art beschleunigt sein Schreibtempo zusätzlich. Ein Saubermann im Sozialstaat steht über dem Artikel, an dem er gerade arbeitet.
Jens-Uwe Behrmann, der aufstrebende Umweltpolitiker, hat sich immer noch nicht bei Fred zurückgemeldet, so dass der Journalist sich langsam von seinem Projekt verabschiedet. Aus der reißerischen Jubel-Monographie wird wohl nichts werden. Ein junger Held, gutaussehend, mit intakter Familie und ökologisch brauchbaren Ideen, das ist es doch genau, was dieses Land braucht. Mit diesem Satz konnte Fred Hübner den zuständigen Verlagslektor ziemlich schnell überzeugen. Aber jetzt müsste er langsam weitere Ideen liefern. Und das ginge nur, wenn dieser Behrmann sich prinzipiell einverstanden erklärte. Aber der Typ schweigt sich aus.
Und weil Fred mittlerweile ziemlich sauer über das Desinteresse des Politikers ist, wird der Artikel für den Spiegel , der eigentlich eine Vorbereitung der Öffentlichkeit auf das Thema hätte sein sollen, wohl auch erheblich kritischer ausfallen, als eigentlich geplant. Gerade formuliert Fred ein paar boshafte Bemerkungen über die heile Familie Jens-Uwe Behrmanns, die schön abseits des Großstadtrummels in einem behaglichen Landhaus lebt, da klingelt sein Telefon.
Fred stutzt und sieht auf die Uhr. Die Hamburger Redaktion wird das jetzt nicht mehr sein. Als Fred den Hörer in die Hand nimmt und seinen Namen nennt, klingt seine Stimme fragend.
Die Antwort erstaunt ihn nicht wenig.
»Entschuldigen Sie die späte Störung. Manfred Pabst am Apparat. Ihr Analytiker.«
»Herr Pabst, das nenne ich eine Überraschung. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich muss leider Ihren nächsten Termin verschieben. Normalerweise wäre der am kommenden Freitag um 14 Uhr.«
»Wie jede Woche, genau.«
»Ich nehme an, Ihnen geht es so weit ganz gut?«
Der Stimme des Analytikers ist anzuhören, dass die Erkundung von Freds Gemütszustand nicht der eigentliche Anlass der Frage ist. Fred denkt, wenn dieser blöde Politbonze ein bisschen kooperativer wäre, würde es mir noch besser gehen, aber das behält er für sich. Auch dass er schon länger keine größeren depressiven Schübe mehr hatte, erwähnt er nicht. Denn irgendetwas in Pabsts Tonfall hat seinen Spürsinn geweckt. Was ist mit dem sonst so ruhigen und gefassten Analytiker bloß los? Schon
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